Kunturiotis, griechische Reederfamilie auf Hydra, die von albanischen Einwanderern griechisch-orthodoxer Religionszugehörigkeit abstammt. Ihre zum Schutz gegen nordafrikanische Seeräuber mit Kanonen bewaffneten Schiffe bedienten nicht nur alle Häfen der zum Osmanenreich gehörenden Levanteküste, sondern spielten auch eine große Rolle auf dem Westmittelmeer und in der Adria, wo ihnen der Niedergang der venezianischen Konkurrenz und der Aufstieg von Triest seit seiner 1719 erfolgten Erklärung zum Freihafen zugute kam. Außerdem wurde vom Ende des 18. Jh.s an der über das neugegründete Odessa gehende Export ukrainischen Getreides weitgehend durch griechische Schiffe getätigt, die überdies ab 1783 das Recht hatten, mit einem Schutzbrief des Zarenreiches unter russischer Flagge zu segeln. Unter diesen Umständen kam die führende hydriotische Reederfamilie K. zu großem Reichtum; das Familienvermögen wurde in der Zeit vor Ausbruch des griechischen Unabhängigkeitskrieges auf 14 Mill. Taler geschätzt.
Leben
Lazaros K., Reeder und Freiheitskämpfer, * Hydra um 1768, † ebd. 17.06.1852. Gleich zu Beginn des griechischen Aufstandes gegen die Osmanenherrschaft schlossen sich die Bewohner von Spetse, kurz darauf auch die von Psara und schließlich die von Hydra demselben an. Die Zahl der von den Hydrioten zum Kampf gerüsteten Schiffe wird auf etwa 100 mit 2000 Kanonen beziffert, wobei vor allem die Brüder Lazaros und Georgios K. nicht nur ihre sämtlichen Schiffe, sondern auch ihr ganzes sonstiges Vermögen der Sache des Aufstandes zur Verfügung stellten. Da die Schiffe der K. das größte Kontingent in der neuen griechischen Flotte ausmachten, wurde Lazaros K. zum Admiral bestellt. Doch setzte er es durch, daß der erfahrene Seemann Andreas Miaulis das Kommando erhielt. Politisch wirkte Lazaros K. als Präsident des Senats von Flydra für die griechische Sache. Bei den 1823 ausgebrochenen Zwistigkeiten zwischen den Aufständischen gehörte er wie Alexandros Mavrokordatos, Dimitrios Ipsilantis und Ioannis Kolettis zur Partei der „Politiker“, die den Ansprüchen der militärischen Führer (Kapitani) wie Theodoros Kolokotronis, Petros Mavromichalis und Odysseus entgegentraten. Zu dem im April 1827 zum Regenten ernannten Ioannis Kapodistrias standen die Brüder Lazaros und Georgios K. wegen dessen autokratischer Regierungs weise und Rußlandfreundlichkeit in scharfem Gegensatz; neben der süd- peloponnesischen Landschaft Mani war die Insel Hydra ein Hauptzentrum des Widerstandes gegen die Regierung Kapodistrias. So wurde ein großer Teil der bei Kriegsende vorhandenen Flotte am 13. August 1831 im Hafen von Poros durch Admiral Miaulis verbrannt, um sie nicht in die Hände des russischen Admirals Petr Ivanovič Ricord fallen zu lassen. Auch nach der Ermordung Kapodistrias’ am 9. Oktober 1831 wurden die Verdienste des Lazaros K. wenig gewürdigt und erst nach seinem Tode öffentlich anerkannt. Obwohl anders als Psara, dessen Bevölkerung 1824 einer türkischen Strafexpedition weitgehend zum Opfer fiel, Hydra und Spetse niemals von den Türken besetzt wurden, war doch nach dem griechischen Unabhängigkeitskrieg die maritime Bedeutung und der Reichtum ihrer Bewohner dahin. Hydras vor dem Unabhängigkeitskrieg auf 40 000 bezifferte Einwohnerschaft sank durch Auswanderung auf das Festland rasch auf einen Bruchteil dieser Zahl. Dieser Entwicklung entsprach auch die Verarmung der Familie K. Lazaros K. ist in einem Kloster seiner Heimatstadt beigesetzt, wo später ihm und auch Admiral Miaulis Standbilder errichtet wurden. Georgios K., Reeder und Freiheitskämpfer, * Hydra um 1782, † 1858. Der Lebensweg des Georgios K. ist aufs engste mit dem seines älteren Bruders Lazaros verbunden. Die im April 1823 zu Kranidion zusammengetretene Versammlung der im Gegensatz zu den militärischen Führern stehenden „Politiker“ stellte ihn an die Spitze der griechischen Regierung. In dieser Position wurde er bei einer neuen Zusammenkunft im Oktober des gleichen Jahres bestätigt und stand auch in den beiden folgenden Jahren an der Spitze des griechischen Vollziehungsrates, trat dann 1826 zurück und wurde durch Andreas Zaimis ersetzt. Georgios K. stand im Gegensatz zur englandfreundlichen Partei, und dann, wie auch sein Bruder Lazaros, in Opposition zum im April 1827 zum Regenten Griechenlands ernannten Ioannis Kapodistrias. 1842 bekleidete er, wie zwei Jahrzehnte zuvor sein Bruder, das Amt des Präsidenten des Senats von Hydra, 1843 war er Präsident des Staatsrats.
Literatur
Trikupis, Spiridon: Istoria tis Ellinikis epanastaseos. 4 Bde. London 1862(2).
Woodhouse, Christopher M.: The Greek war of independence. London 1952.
Kokkinos: passim.
Archia Lazaros ke Georgios Kunturiotis. Bd 1-5. Hrsg. Antonios Lignos. Piräus 1920-1927. Bd 6-10. Hrsg. Emmanuil Protopsaltis und Vasilios Diamantis. Athen 1966-1969.
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