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Landler, Jenő, ungarischer Politiker und Jurist, * Gelse (Komitat Zala) 23.11.1875, † Cannes (Frankreich) 25.02.1928, Sohn eines Landpächters.
Leben
Als junger Budapester Advokat trat L. der oppositionellen Unabhängigkeitspartei bei. 1904 war er Verteidiger der wegen des Generalstreiks vom 19. bis 25. April an- geklagten Eisenbahner, dann juristischer Berater des seiner Partei nahestehenden Eisenbahnerverbandes. Nach dem Wahlsieg der Opposition (April 1906) entzweite sich L. mit der neuen Regierungspartei, trat 1908 der Sozialdemokratischen Partei Ungarns bei und übernahm die Redaktion des Fachblattes des Eisenbahnerverbandes „Magyar Vasutas“ (Ungarischer Eisenbahner), das nach dem Verbot der Eisenbahnergewerkschaft das Zentrum der halblegalen sozialistischen Eisenbahnerorganisationen wurde. Oft kritisierte L. die Leitung der Sozialdemokratischen Partei, aber nicht vom Gesichtspunkt einer theoretischen Opposition her, sondern wegen seiner temperamentvollen, kämpferischen Natur; er war ein unnachgiebiger Gegner jedweder Zusammenarbeit mit den bürgerlichen Parteien. Im Juni 1918 wurde L. wegen der Leitung eines Generalstreiks verhaftet, Ende September aber bereits wieder freigelassen. Im Oktober 1918 wurde er Sekretär des Ungarischen Nationalrates und spielte eine wichtige Rolle bei der Organisierung der Oktoberrevolution in Ungarn (von Lajos Hatvány als „ein Gassenludendorff“ bezeichnet). Nach dem Sieg der Revolution wurde L. in die Leitung der Sozialdemokratischen Partei kooptiert, er lehnte aber alle Regierungsposten ab. Ab März 1919 näherte sich L. den Kommunisten an und wurde zur Hauptfigur der Vereinigung von Kommunisten und Sozialdemokraten in der „Ungarländischen Sozialistischen Partei“ (Magyarországi Szocialista Párt). In der am 21. März 1919 proklamierten Räterepublik war er Volkskommissar für Inneres und Verkehr, von Mai bis Juni 1919 kommandierte er das 3. Armeekorps und eroberte Miskolc und Kaschau von den Tschechoslowaken zurück. Im Juli 1919 übernahm er - als Nachfolger von Vilmos Böhm - das Oberkommando der ungarischen Roten Armee, konnte aber die aussichtslose Situation nicht beherrschen. Nach dem Sturz der Räterepublik (1.08.1919) emigrierte L. am 2. August nach Österreich, war einige Monate auf Burg Karlstein (Niederösterreich) interniert und lebte dann in Wien. Hier trat er der illegalen „Ungarländischen Kommunistischen Partei“ bei und war von November 1919 an Mitglied des ZK der KP. In der Folgezeit hielt er sich hauptsächlich in Wien auf. Als „zweiter Mann“ nach Béla Kun leitete L. die praktische Tätigkeit der Partei. Auseinandersetzungen mit Kun führten zur Formierung der sog. Kun- und Landler-Fraktionen, die besonders 1921/22 aktiv waren; L. und seine Anhänger (u. a. György Lukács und József Révai) vertraten eine mehr realistische Taktik der revolutionären Organisation. Später jedoch, nach mehrmaliger Kritik durch die Komintern, kam es auf dem 1. Parteitag der ungarischen Kommunistischen Partei (18.-21.08.1925 in Wien) zu einem Kompromiß mit Kun. L. starb in Cannes; seine Asche wurde in der Kremlmauer beigesetzt.
Literatur
Gadanecz, Béla: A forradalom vezérkarában. Landler Jenő életéről. Budapest 1959.
Landler, Jenő: Válogatott beszédek és írások. Budapest 1960.
Tőkés, Rudolf L.: Béla Kun and the Hungárián Soviet Republic. New York, Washington 1967.
Földes, Péter: Az utca hadvezére. Dr. Landler Jenő élete. Budapest 1970.
Szabó, Ágnes: Landler Jenő. Budapest 1974.
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