Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Lapčević, Dragiša

Lapčević, Dragiša, serbischer sozialdemokratischer Politiker und Publizist, * Užice (heute Titovo Užice) 13.10.1864, † Belgrad 14.08.1939.

Leben

 L. besuchte drei Klassen der Volksschule und erlernte den Beruf eines Buchhändlers. Seine politischen Ansichten entstanden unter dem Einfluß der russischen Narodniki und Svetozar Marković’. Sehr früh schloß er sich aktiv der Gewerkschaftsbewegung an und war 1892 Sekretär der Gründungsversammlung der Serbischen Handwerker- und Arbeitervereinigung, in der er bis 1899 führend tätig war. Während der Verfolgungen nach dem Attentat auf den abgedankten König Milan Obrenović am 24. Juni 1899 wurde L. inhaftiert und zu 20 Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach der baldigen Amnestierung schloß er sieh 1900 den gemäßigten sozialdemokratischen Gruppen um Jovan Skerlić und Milorad Popović an und war nach seiner Übersiedlung nach Belgrad Ende 1902 in dem von den verschiedenen Arbeitervereinen zum Zwecke der einheitlichen Führung im Mai 1902 gegründeten geheimen Zentralausschuß tätig. Als am 23. Juli 1903 die Serbische sozialdemokratische Partei (SSDP) gegründet wurde, war L. einer der Mitbegründer und wurde neben Radovan Dragović zum zweiten Vorsitzenden der Partei gewählt. In den folgenden innerparteilichen Auseinandersetzungen zwischen den „revolutionären Marxisten“ unter der Führung von Dimitrije Tucović, und den gemäßigten „Reformisten“ und „Syndikalisten“ nahm L. eine schwankende Haltung ein und trug so zu den häufigen Parteikrisen bei. Obwohl sich die revolutionäre Richtung auf dem 3. Parteikongreß 1905, besonders aber nach der schweren Parteikrise 1908 und auf dem außerordentlichen Parteitag 1912 mit dem Beschluß zur Ausdehnung der Parteiaktivität von den Städten auf das Land gegen L. durchsetzte, blieb er mit kurzen Unterbrechungen bis zum Ersten Weltkrieg an der Spitze der zahlenmäßig unbedeutenden Partei. Seine starke Position verdankte er der großen Popularität unter den Arbeitern, die er sich als hervorragender Agitator erworben hatte. Neben seinen zahlreichen Funktionen in den Gewerkschaftsorganisationen war er 1905-1908 und 1912-1919 einziger oder einer der beiden Abgeordneten der SSDP im Parlament und 1906-1920 Führer der Sozialdemokraten im Belgrader Gemeinderat. L. war Mitbegründer, Redakteur und vor allem einer der produktivsten Mitarbeiter mehrerer sozialdemokratischer Zeitungen. Nach der Gründung des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen (Kraljevina SHS) am 1. Dezember 1918 schloß sich L. vorerst der kommunistischen Gruppe an, von der er sich jedoch im Februar 1919 trennte, um jenen Kompromiß herbeizuführen, der die Vereinigung fast aller sozialdemokratischen Parteien des neuen Staates im April 1919 in der Sozialistischen Arbeiterpartei Jugoslawiens (Kommunisten) - SRPJ(k) - ermöglichte. Als sich auf dem 2. Parteikongreß vom 20. bis 24. Juni 1920 in Vukovar die Kommunisten mit ihrem Programm durchsetzten und die Umbenennung der SRPJ(k) in Kommunistische Partei Jugoslawiens (KPJ) erfolgte, wurde L. mit Živko Topalović zum Führer der innerparteilichen Opposition und trat schließlich im November 1920 aus der KPJ aus, um im Dezember 1920 mit seinen Anhängern in Serbien die Sozialistische Arbeiterpartei Jugoslawiens (SRPJ, formales Gründungsdatum 27.03.1921) zu gründen. Am 18. Dezember 1921 schlossen sich die SRPJ, die Südslawische sozialdemokratische Partei Sloweniens und die Sozialdemokratische Partei Jugoslawiens zur politisch unbedeutenden Sozialistischen Partei Jugoslawiens (SPJ) unter dem Vorsitz L.s zusammen. Im September 1922 trat L. jedoch aus der Partei aus und befürwortete in der Folge Wahlbündnisse mit der seit dem 29. Dezember 1920 verbotenen KPJ sowie einen Zusammenschluß der Gewerkschaften auf unpolitischer Ebene. In seinen letzten Lebensjahren zog er sich aus der Politik zurück und befaßte sich mit wirtschaftlichen und ethnographischen Studien. L. verfaßte über 80 Bücher und Broschüren. Die wichtigsten sind: „Istorija socijalizma u Srbiji“ (Geschichte des Sozialismus in Serbien, Belgrad 1922) und „Položaj radničke klase i sindikalni pokret u Srbiji“ (Die Lage der Arbeiterklasse und die Gewerkschaftsbewegung in Serbien, Belgrad 1928).

Literatur

Sindikalni pokret u Srbiji (1903-1919). Beograd 1958.  

Verfasser

Andreas Moritsch (GND: 123957184)


GND: 1085177734

Weiterführende Informationen: https://prometheus.lmu.de/gnd/1085177734

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Empfohlene Zitierweise: Andreas Moritsch, Lapčević, Dragiša, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 3. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1979, S. 8-9 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1232, abgerufen am: (Abrufdatum)

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