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Murko, Matija (Mathias), slowenischer Slawist, Literarhistoriker und Ethnograph, * Tristeldorf bei Pettau (Drstela bei Ptuj) 10.02.1861, † Prag 11.02.1952, aus einer Weinbauernfamilie stammend.
Leben
M. besuchte in Pettau und Marburg a. d. Drau das Gymnasium (1872-1880); schon in der Schulzeit zeigten sich seine vielfältigen philologischen und ethnographischen Interessen und Begabungen. Im Wintersemester 1880/81 inskribierte sich M. an der Wiener Universität und studierte dort, neben klassischer Philologie und Philosophie, vor allem Germanistik bei Richard Heinzel und Erich Schmidt und slawische Philologie bei Miklosich; er promovierte 1886 mit einer germanistischen Arbeit über das Adam-Glossar. Zur Vertiefung seiner slawistischen Studien verbrachte M. die Jahre 1887/88 in St. Petersburg bei dem bedeutenden Literarhistoriker Aleksej Nikolaevič Veselovskij, der ihn zu einer komparativistischen Studie über die altrussischen Handschriften der „Historia septem sapientium“ (publiziert u. a. in den Sitzungsberichten der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Bd 122, Wien 1890, 1 -138) anregte, und in Moskau, wo er die Slawisten Aleksej Aleksandrovič Šachmatov, Roman Fëdorovič Brandt, Fëdor Evgen’evič Korš und Vjačeslav Nikolaevič Ščepkin kennenlernte. Seine auf ausgedehnten Reisen im zaristischen Rußland gewonnenen Eindrücke schrieb er in mehreren Artikeln nieder. Nach Wien zurückgekehrt, unterrichtete er am Institut für orientalische Sprachen Russisch (1891-1899) und verfaßte auf Wunsch von Jagić eine Habilitationsschrift über „Deutsche Einflüsse auf die Anfänge der slavischen Romantik. I. Die böhmische Romantik“ (Graz 1897), die von tschechischen Gelehrten wie Tomáš Masaryk, Jaroslav Vlček und Jan Jakubec trotz gewisser Einwände gegen die Vernachlässigung der eigenständigen tschechischen Entwicklungen positiv aufgenommen wurde. Mit diesem Werk verhalf M. der komparativistischen Methode in der slawischen Literaturwissenschaft zum Durchbruch. Nach der Habilitation lehrte M. als Dozent an der Universität Wien, bis er 1902 auf den Lehrstuhl für slawische Philologie der Universität Graz berufen wurde. Das Hauptwerk seiner Grazer Zeit ist die noch heute wertvolle „Geschichte der älteren südslawischen Literaturen“ (Leipzig 1908, Nachdruck München 1971), die ,eine von kleinlichen Rücksichten freie und das Wesen der Literatur ins Auge fassende Betrachtung und Darstellung' (S. IV) der gesamten südslawischen Literaturentwicklung von den Anfängen durch die Slawenlehrer bis zum Untergang südslawischer Eigenstaatlichkeiten durch die Türkeneroberung bietet. 1917 wurde M. als Nachfolger von August Leskien nach Leipzig berufen, 1920-1931 hatte er in Prag den neugeschaffenen Lehrstuhl für südslawische Sprachen und Literaturen inne; während seiner Prager Zeit war er Mitglied des Slovanský Ústav, 1932-1941 dessen Präsident. Zusammen mit Oldřich Hujer begründete er 1921 die slawistische Lachzeitschrift „Slavia“. Im Zentrum dieser Jahre stehen neben seinen Studien zur Reformation und Gegenreformation bei den Südslawen, publiziert in Slavia 4 (1925/26) und 5 (1926/27), vor allem ausgedehnte Forschungen und Feldarbeiten zur Gesamtproblematik der südslawischen Volksepik, ihrer Entstehung, Entwicklung und Verbreitung. 1951 erschien in Zagreb als Zusammenfassung dieser langjährigen Forschungsarbeit das zweibändige Werk „Tragom srpsko-hrvatske narodne epike“, das ihn als Volksliedforscher in eine Reihe mit Vuk St. Karadžić, Tomislav Maretić, Alois Schmaus und Albert B. Lord stellt. M.s Autobiographie erschien in tschechischer Sprache unter dem Titel „Paměti“ (Prag 1949) und in slowenischer Übersetzung als „Spomini“ (Ljubljana 1951, mit einer Bibliographie der Werke M.s).
Literatur
Glonar, Joža: Murko. In: Slovenski biografski leksikon. Bd 2. Ljubljana 1933/52, 169-175.
Slodnjak, Anton: Murko: In Slavistična revija 5/7 (1954) 41-75.
Matl, Josef: Zum 100. Geburtstag Matthias Murkos. Matthias Murkos Leistung und Bedeutung für die Südostforschung. In: Südost-Forsch. 20 (1961) 225-244.
Ders.: Mathias Murko. In: Ders. Südslawische Studien. München 1965, 300-305, 565 (mit Bibliographie).
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