Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Mustafa, Düzme

Mustafa, Düzme (der falsche oder Pseudo-Mustafa), osmanischer Thronanwärter, * 1380 (?), † (ermordet) Edirne 1422, vorgeblicher Sohn Bayezids I.

Leben

An der Schlacht von Ankara (1402), die mit einer totalen Niederlage der Osmanen endete und Kleinasien in den Machtbereich des Siegers Timur Lenk brachte, nahmen neben Sultan Bayezid I. auch dessen Söhne teil. Einer von diesen war M., der die Truppen von Teke und Hamidili kommandierte. Uber das Schicksal M.s nach der Schlacht gibt es verschiedene einander widersprechende Berichte. Dem einen zufolge war er nach dem Kampfe verschollen und nicht mehr auffindbar, andere hingegen vermerkten, daß er mit seinem Vater zusammen in die Hände Timurs gefallen war und in Samarkand als Geisel festgehalten wurde, und daß er nach dem Tode Timurs (1405) Samarkand wieder frei verlassen durfte. In Kleinasien soll er sich zuerst in Niğde, im Lande Karaman, aufgehalten haben, um dann vom Hofe des Isfendiyaroğlu mit dem Fürsten der Walachei Mircea dem Alten Verbindungen aufzunehmen. Mit Hilfe des Fürsten Mircea und des Bey von Niğbolu (Nikopolis) Cüneyd Bey Izmiroğlu versuchte M. seine Thronansprüche gegen Mehmed I. durchzusetzen. Nach anfänglichen Erfolgen M.s in Thessalien kam es 1419 zum Treffen der beiden Rivalen vor Saloniki, aus dem Mehmed I. siegreich hervorging. M. und seinem Kampfgenossen Cüneyd Bey verblieb nur noch die Flucht. In den Mauern von Saloniki, das damals wieder byzantinisch war, gewährte den beiden der byzantinische Stadtkommandant Demetrios Laskaris Leontarios Schutz und Asyl und verweigerte deren Auslieferung an den Sultan. Der byzantinische Kaiser Manuel II. erklärte sich Mehmed I. gegenüber bereit, M. und Cüneyd Bey auf Lebenszeit gegen eine jährliche „Unterhaltszahlung“ von 300.000 Aqče in Gewahrsam zu halten. Der Vertrag wurde geschlossen und M. wurde auf der Insel Lemnos und Cüneyd Bey in Konstantinopel interniert. Manuel II. hielt diesen Vertrag bis zum Tode Mehmeds I. ein. Nach dem Tode Mehmeds I. (1421) gab Kaiser Manuel den Internierten die Freiheit und begann die Thronansprüche M.s gegen Murad II. zu unterstützen. M. verpflichtete sich als Gegenleistung für die Hilfe Manuels, diesem das Gebiet an der Schwarzmeerküste bis zur Walachei und ganz Thessalien abzutreten und seinen Sohn als Geisel und Bürgen der Vereinbarung dem Kaiser zu überlassen. Binnen kurzer Zeit gelang es M., die europäischen Gebiete des Osmanischen Reiches in seine Hand zu bringen, wobei ihm die Tatsache, daß ihn die Vertreter berühmter Familien, wie die Evrenoz u. a., als legitimen Herrscher anerkannt hatten, sicherlich von größter Hilfe war (hier und in der Folge berichten die verschiedenen Chronisten im wesentlichen übereinstimmend). Das Heer, das Murad II. unter dem Oberbefehl von Bayezid Pascha gegen M. geschickt hatte, war bei Sazlıdere (zwischen Edirne und Seres) zu M. übergelaufen, und Bayezid Pascha wurde gefangengenommen und getötet. M. fühlte sich nun auch stark genug, sein Bündnis mit Kaiser Manuel aufzukündigen, so daß auch das von den Byzantinern besetzte Gallipoli an ihn bzw. seine Truppen übergeben werden mußte. M. mußte nun die Entscheidung zwischen ihm und Murad II. suchen: sein Zug gegen das Heer Murads II. nach Kleinasien stand aber unter keinem guten Stern, und als die beiden Heere an der Brücke von Ulubad aufeinandergetroffen waren, liefen große Teile der Truppen M.s zu Murad II. über. Auf diese Weise geschwächt, mußte sich M. zur Flucht wenden. Murad II., der sich mit den Genuesen verbündet hatte, bediente sich der genuesischen Schiffe über die Dardanellen, verfolgte M. nach Thrazien und eroberte bald darauf Edirne. M. wurde auf der Flucht in die Walachei, in Kızılağaç-Yenicesi (heute Elchovo in Bulgarien) von den Truppen gefangengenommen, nach Edirne vor Murad II. gebracht und auf einem Turm der Burg gehenkt (1422). Wenn man die angeführten Einzelheiten um die Person M.s als gesichert betrachten dürfte, gäbe es keinen Zweifel darüber, daß M. der in der Schlacht bei Ankara verschollene Sohn Bayezids I. war. Daß einem solchen Auffassungsversuch die meisten osmanischen Chronisten widersprechen (Aşıkpaşazade, Anonyme Chroniken, Oruç) darf weiters nicht verwundern, denn diese schrieben bereits in der legitimistischen Tradition der Dynastie Osman. Die Tatsachen der Unterhaltszahlungen Mehmeds I. und daß sich M. sehr bedeutende Männer des Staates angeschlossen haben, müssen als gewichtige Argumente für die Angaben M.s gewertet werden. Unbeantwortet wird aber wohl die gegen M. sprechende Frage bleiben, was er in den 13 Jahren nach seiner Freilassung aus Samarkand bis zu seinem ersten Auftreten in Anatolien unternommen bzw. wo er sich aufgehalten hat.

Literatur

Hammer: Bd 1.
Giese, Friedrich (Hrsg.): Die altosmanischen anonymen Chroniken. T. 2: Übersetzung. Leipzig 1925.
Kreutel, Richard F.: Vom Hirtenzelt zur Hohen Pforte. Graz, Wien, Köln 1959. = Osmanische Geschichtsschreiber. 3.
Ders.: Leben und Taten der türkischen Kaiser. Wien, Graz, Köln 1971. = Osmanische Geschichtsschreiber. 6.

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Empfohlene Zitierweise: Anton Cornelius Schaendlinger, Mustafa, Düzme, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 3. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1979, S. 271-273 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1420, abgerufen am: (Abrufdatum)

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