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Popovici, Aurel Constantin, rumänischer Publizist, * Lugoj (Banat) 16.10.1863, † Genf 09.02.1917.
Leben
P. besuchte das Lyzeum in Kronstadt und Beiuş und studierte Medizin und politische Wissenschaften in Wien und Graz. Er war Mitglied des Nationalkomitees von Siebenbürgen (Comitetul Naţional din Transilvania), zeitweilig auch Mitglied des zentralen Vollzugsausschusses der rumänischen Nationalpartei in Ungarn und Siebenbürgen. Bekannt wurde er vor allem durch seine als opinion documentée deklarierte Schrift „Die Vereinigten Staaten von Groß-Österreich. Politische Studien zur Lösung der nationalen Fragen und staatsrechtlichen Krisen in Österreich-Ungarn“ (Leipzig 1906), in der er, teils auf polemische Weise, eine großösterreichisch-föderalistische und monarchische Auffassung vertritt. Ausgehend von einer wesentlich antimagyarischen Kritik an der Reichsstruktur nach 1867, schlägt P. die Bildung von 15 neuen Ländern vor, die laut P. fast völlig einsprachig gewesen wären und eine „nationale Individualität“ aufgewiesen hätten: 1. Deutsch-Österreich (inklusive des heutigen Burgenlandes sowie Südwestböhmens und Südmährens), 2. Deutsch-Böhmen, 3. Deutsch-Mähren, 4. Böhmen (alle tschechischen Gebiete Böhmens, Mährens und Schlesiens), 5. West-Galizien, 6. Ost-Galizien, 7. Siebenbürgen (mit allen von Rumänen bewohnten Gebieten Ungarns und der Bukowina), 8. Kroatien (inklusive Dalmatien, dem kroatischen Istrien und der Murinsel), 9. Krain, 10. Slowakenland, 11. Woiwodina (serbische Gebiete Süd-Ungarns), 12. Ungarn (und zwar nur das rein magyarische Gebiet), 13. Szeklerland (die magyarischen Teile folgender drei Komitate Siebenbürgens: Háromszék, Csík, Udvarhely samt den angrenzenden magyarischen Teilen von Maros-Torda und Groß- und Klein-Kokel), 14. Trento, 15. Triest (inklusive Italienisch-Görz und Italienisch-Istrien), wobei Bosnien und die Herzegowina bis auf weiteres ihre alte Stellung behalten sollten. Als generelle Vermittlungssprache sollte das Deutsche (als älteste Kultursprache) dienen; sämtliche zentralen Einrichtungen sollten in Wien konzentriert werden. In den „Grundsätzen einer föderativen Reichsverfassung“ nennt P. die Kompetenzen des Reichs, die u. a. das Außen- und Kriegsressort, den Zoll, die gesamte bürgerliche Gesetzgebung und das Strafrecht, die Verwaltung der Hauptlinien der großen Eisenbahnen, die bundesstaatlichen Finanzen usf. umfassen sollten. Die Regierungen der Nationalstaaten sollten nach folgendem Stimmenverhältnis Vertreter in die Reichsregierung entsenden: Deutsch-Österreich 7, Ungarn 7, Böhmen 5, Siebenbürgen 4, Kroatien 3, West-Galizien 3, Ost-Galizien 3, Deutsch-Böhmen 2, Slowakenland 2, sowie Deutsch-Mähren, Krain, Woiwodina, Trento, Triest und das Szeklerland je eine Stimme (zusammen 42). In den folgenden fünf Ausschüssen der Regierung: Inneres, Auswärtiges, Armee und Marine, Finanzen und Verwaltung des Okkupationsgebietes sollten mindestens drei Nationalstaaten vertreten sein. Den Regierungen der Nationalstaaten sollten vom Kaiser ernannte Statthalter (die Bürger des jeweiligen Nationalstaates hätten sein müssen) vorstehen. P.s Vorschläge, die sich ausschließlich am nationalen Problem orientierten und ökonomische wie soziale Fragen völlig außer Acht ließen, waren - trotz ihres politischen Konservatismus - insofern utopisch, als sie die nationalen Ressentiments erheblich unterschätzten und die konkreten politischen Machtverhältnisse auf weite Strecken außer Acht ließen.
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