Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Potočnjak, Franko

Potočnjak, Franko, kroatischer Politiker und Publizist, * Novi (Vinodol) 02.08.1862, † Zagreb 18.01.1932.

Leben

P. studierte Jura in Zagreb und trat dann in den Gerichtsdienst ein, aus dem er aber bald wegen seiner oppositionellen Tätigkeit gegen das Regime des Banus Károly Khuen-Héderváry entlassen wurde. Von 1887 bis 1896 führte er eine Anwaltskanzlei in Sv. Ivan Zelina.
Dann übersiedelte er nach Zagreb, wo er bis 1897 die Zeitung „Hrvatska domovina“ (Kroatisches Vaterland), das Organ der nach ihr benannten „Domovinaši“, der Stammpartei der kroatischen Staatsrechtsbewegung (Matica Stranke prava), redigierte. P. trug wesentlich dazu bei, daß die „Domovinaši“, mit den „Obzoraši“, der ebenfalls nach ihrer Zeitung „Obzor“ (Der Horizont) benannten Unabhängigen Nationalpartei (Neodvisna narodna stranka), 1897 eine Wahlkoalition bildeten und so die bisher zersplitterte Opposition ihren Anteil im Landtag von 1/10 auf 1/3 der Mandate heben konnte.
Er selbst wurde zum Abgeordneten gewählt, jedoch bald von der Regierungsmehrheit wegen seiner scharfen Kritik am Regime von den Sitzungen ausgeschlossen. Mit der unter dem Einfluß Tomáš Garrigue Masaryks stehenden „Fortschrittlichen Jugend“ (Napredna omladina) vertrat P. die Meinung, daß die kroatische Opposition nicht mehr wie bisher ausschließlich das kroatische Staatsrecht zur Basis ihrer Politik machen dürfe. Sie müsse vielmehr die sozialen Probleme mit einbeziehen und, den demokratischen Gehalt der nationalen Frage erkennend, den Streit mit den Serben beilegen und mit ihnen gemeinsam Vorgehen. Die Ideen P.s blieben jedoch vorerst unbeachtet. Er wandte sich 1897 von den „Domovinaši“ ab und näherte sich den Sozialdemokraten, um sich 1905 der aus der Vereinigung der „Domovinaši“ mit den „Obzoraši“ und der „Fortschrittlichen Jugend“ entstandenen Kroatischen Rechtspartei (Hrvatska stranka prava) anzuschließen und im selben Jahr an der Schaffung der „Kroatisch-serbischen Koalition“ (Hrvatsko-srpska koalicija) mitzuarbeiten.
Die Koalition, die fast alle kroatischen oppositionellen Kräfte vereinigte und im „Neuen Kurs“ die Zusammenarbeit mit den Serben und der magyarischen Opposition suchte, distanzierte sich 1908 von ihm, weil er ihr eine zu laue und opportunistische Haltung vorwarf.
Bis zum Ersten Weltkrieg zog sich P. aus der Politik zurück und lebte als Anwalt in Crikvenica. Zu Beginn des Krieges emigrierte er nach Rom und war sehr aktiv im „Jugoslawischen Komitee“ (Jugoslavenski odbor) tätig. Im März 1915 organisierte er im Auftrag des Jugoslavenski odbor in Chicago einen Kongreß der jugoslawischen Auswanderervereine, der in einer Resolution die Vereinigung der südslawischen Gebiete Österreich-Ungarns mit Serbien forderte. 1916 reiste er nach Odessa, wo er bei der Organisation der südslawischen Freiwilligenverbände mitwirkte. Bei der Konferenz auf Korfu, die der Vereinigungsdeklaration vom 20. Juli 1917 vorausging, sprach sich P. gegen Ante Trumbić für ein zentralistisches und unitaristisches Königreich der Südslawen aus. Nach der Schaffung des neuen Staates (01.12.1918) wurde er Vizebanus von Kroatien und spielte in der Politik keine wichtige Rolle mehr. Seine zahlreichen politischen Schriften, besonders das vierbändige Werk „Iz emigracije“ (Aus der Emigration, Zagreb 1919/26), sind wertvolle historische Quellen.

Verfasser

Andreas Moritsch (GND: 123957184)


GND: 1026635055

Weiterführende Informationen: https://prometheus.lmu.de/gnd/1026635055

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Empfohlene Zitierweise: Andreas Moritsch, Potočnjak, Franko, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 3. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1979, S. 473-474 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1549, abgerufen am: (Abrufdatum)

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