Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Rauscher, Joseph Othmar von
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Rauscher, Joseph Othmar von

 Rauscher, Joseph Othmar von, Fürsterzbischof von Wien, Kardinal, * Wien 06.10. 1797, † ebd. 24.11.1875, Sohn des k.k. Beamten Franz Seraph von R. und der Anna Maria von R.

Leben

 R.s bischöflicher Wahlspruch „Gott, Kaiser und Reich“ faßt die Wertordnung seines Weltbildes prägnant zusammen. Nachdem er gegenüber seiner josephinischen Familie nur mühsam das Theologiestudium - nach einem 1820 erfolgreich abgeschlossenen Jurastudium - durchsetzen konnte (Einfluß von Klemens Maria Hofbauer), wurde R. am 21. August 1823 zum Priester geweiht. Er trat am 10. Oktober 1823 einen Kaplansposten in Hütteldorf an und wurde zwei Jahre später, am 15. Dezember 1825, Professor für Kirchengeschichte und Kirchenrecht am Lyzeum in Salzburg. Unter seinen Studenten war der spätere Kardinal Friedrich Schwarzenberg. Bereits 1829 erschienen in Sulzbach zwei Bände seiner „Geschichte der christlichen Kirche“, von deren Fortsetzung er aber immer wieder abgehalten wurde. Am 15. September 1832 berief ihn Kaiser Franz I. als Direktor der orientalischen Akademie nach Wien, obwohl R. keine orientalischen Sprachen konnte. Auf diesem Posten entwarf R. eine neue Studienordnung und betreute die Lehrkanzel für orientalische Geschichte. Daneben zog ihn Metternich als Gutachter für allgemeine Kirchenfragen heran. Am 29. Oktober 1835 wurde R. zum Titularabt von Komorn ernannt. Ab 1844 erteilte er dem späteren Kaiser Franz Joseph I. und seinen Brüdern Philosophieunterricht. Im Oktober 1848 verfaßte er die kaiserliche Erklärung, die vor der Flucht des Hofes nach Olmütz dem österreichischen Reichstag zur Vorlesung übersandt wurde. Kurze Zeit darauf, am 29. Januar 1849, erhielt R. seine Ernennung als Fürstbischof von Seckau. Die Bewegung, in die die Kirchenfrage in Österreich geraten war, verhinderte, daß sich R. intensiver seiner Diözese widmen konnte. In zwei Denkschriften (27.01.1850, 05.02.1850) beschäftigte er sich mit den Kirchenverhältnissen in Ungarn. Er plädierte für die Angleichung der rechtlichen Stellung der Kirche in beiden Reichshälften. Den entschieden zentralistischen Standpunkt, den R. immer vertrat, versuchte er auch als Erzbischof von Wien (von Kaiser Franz Joseph am 26.03.1853 ernannt) und beim Konkordat von 1855 durchzusetzen, dessen „Schöpfer“ R. war. Als kaiserlicher Bevollmächtigter hatte er die entscheidenden Verhandlungen mit dem päpstlichen Nuntius Michele Viale Prelà zu führen. Vor allem der Widerstand der ungarischen Bischöfe, die das Konkordat auf die nichtungarischen Länder einschränken wollten, machte ihm zu schaffen. Nach einem sieben Monate langen Aufenthalt in Rom gelang am 18. August 1855 der Abschluß des Konkordates, das der katholischen Kirche eine herausragende privilegierte Stellung sicherte gemäß R.s Grundsatz: Österreich ist ein katholischer Staat! Der Inhalt und die absolutistische Vorgangsweise des Abschlusses des Konkordates stießen in der öffentlichen Meinung auf einen breiten Widerstand. R., dem am 17. Dezember 1855 im geheimen Konsistorium die Kardinals würde zuerkannt worden war (Übernahme der Kardinalsinsignien in Wien und Rom im Januar 1856), mußte als Erzbischof von Wien und als Herrenhausmitglied sein Werk immer wieder verteidigen. Trotz aller heftigen Attacken gegen den Liberalismus konnte er die schließliche Auflösung des Konkordates nicht verhindern. In Ungarn war es bereits 1861 außer Kraft gesetzt worden, und das Vatikanische Konzil von 1870 bot dann dem Protestanten Beust den Vorwand, das Konkordat durch einseitige Kündigung endgültig zu liquidieren. Die doktrinäre Blindheit gegenüber der „modernen Welt“ hatte R. und die Kirche in eine ausweglose Position gedrängt.

Literatur

Wolfsgruber, Cölestin: Joseph Othmar Cardinal Rauscher, Fürsterzbischof von Wien. Sein Leben und Wirken. Freiburg 1888.
Weinzierl-Fischer, Erika: Joseph Othmar von Rauscher. In: Große Österreicher. Neue österreichische Biographie ab 1815. Bd 11. Wien 1957, 97-107.
Diess.: Die österreichischen Konkordate von 1855 bis 1933. Wien 1960.
Till, Rudolf: Kardinal Joseph Othmar Rauscher. In: Gestalter der Geschichte Österreichs. Hrsg. Hugo Hantsch. Innsbruck 1962, 397-406.

Verfasser

Ernst Hanisch (GND: 118080822)


GND: 118787977

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Empfohlene Zitierweise: Ernst Hanisch, Rauscher, Joseph Othmar von, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. Hgg. Mathias Bernath / Karl Nehring. München 1981, S. 39-40 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1594, abgerufen am: (Abrufdatum)

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