Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Sadeddin Hoca

Sadeddin Hoca (Sadeddin b. Hasan Can b. Hafiz Muhammed Isfahani; nach Babinger: b. Hafiz Cemaluddin), osmanischer Geschichtsschreiber und Schejch ül-Islam, * Istanbul 1536/37, † ebd. 02.10.1599.

Leben

 S. entstammte einer persischen Gelehrtenfamilie, die ursprünglich in Isfahan ansässig gewesen sein soll. Sein Großvater war einer der persischen Gelehrten, die Selim I. nach seinem Sieg über Schah Ismail an seine Residenz nach Istanbul umgesiedelt hat. In Istanbul gelang es dem Großvater S.s, die Aufmerksamkeit Selims I. zu erregen und dessen Gunst zu erlangen, was nicht nur seiner beruflichen Laufbahn, sondern der ganzen Familie bis hinein ins 17. Jh. zugute kam. S., der die Richterlaufbahn erwählt hatte, studierte in Istanbul bei den berühmtesten Rechtsgelehrten seiner Zeit wie Karamani Mehmed Efendi und dem berühmten Schejch ül-Islam Ebusuud, dessen Gehilfe (Mülazim) er 1555 wurde. Zur selben Zeit nahm S. auch seine Lehrtätigkeit an der Medrese des Murad Pascha in Istanbul auf. Von 1564 bis 1573 war er in Bursa als Lehrer tätig und von dort wurde er 1573, als der Lehrer des Prinzen Murad gestorben war, zu dessen Nachfolger ernannt und nach Manisa, an den Statthaltersitz Murads, geschickt. Als Prinz Murad 1574 als Murad III. den Thron bestieg, kam auch S. wieder nach Istanbul und gehörte zu den engsten Vertrauten des Herrschers. In dieser bevorzugten Position entfaltete S. auch politische Aktivitäten, in denen er sich besonders für die Interessen Englands und Frankreichs eingesetzt haben soll. Die Stellung und der Einfluß S.s bei Hofe wurden durch den Tod Murads III. nicht gemindert. Auch auf Mehmed III. war sein Einfluß so nachhaltig, daß die persönliche Teilnahme Mehmeds III. am Erlauer Feldzug (1596) auf S. zurückgeführt wird. Erst seine Parteinahme für Ciğalazade Sinan Pascha gegen Ibrahim Pascha bei der Besetzung des Großwesirats ließ seinen Glücksstern sinken, denn als Ibrahim Pascha neuerlich Großwesir geworden war, entkam S. nur knapp der Verbannung nach Mekka. Nach der Amtsenthebung Ibrahim Paschas erlangte S. wieder seinen Einfluß bei Hof und als Zeichen dessen wurde ihm die höchste richterliche Würde des Reiches, das Amt des Schejch ül-Islam, am 1. April 1598 übertragen. Knapp eineinhalb Jahre nach dieser Ernennung ist S. in der Aya Sofya, wo er zum Seelenheil Murads III. ein öffentliches Gebet (Mewlid) leiten wollte, am 2. Oktober 1599 gestorben. S. ist der Verfasser der über lange Zeit bekanntesten und berühmten Reichsgeschichte der Osmanen, „Tāğ ut-tewārīḫ“ (Krone der Geschichten) genannt, in der er die Geschichte von der Reichsgründung bis zum Tode Selims I. behandelt hat. Dieses Geschichtswerk, in dem S. die alten, meist anonymen Chroniken kompilierte, zählt heute noch zu den wichtigsten Quellen für die osmanische Frühgeschichte. Einen Nachtrag zur „Krone der Geschichten“ wurde im Auftrag Ahmeds I. von Mustafa Safi verfaßt. Dieser Nachtrag umfaßt die Zeit bis 1615.
S. hat weiters auch ein „Selimname“ geschrieben, in dem er das Leben Selims I. nach den Erzählungen seines Großvaters Hasan Can darstellt. Dieses Werk ist aber mehr als eine Erzählung von Anekdoten denn als Geschichtswerk zu verstehen. S. hatte fünf Söhne, von denen vier die höchsten richterlichen Ämter des Osmanischen Reiches innehatten (Mehmed - Schejch ül-Islam; Mehmed Es‘ad - Schejch ül-Islam;  ‘Abdülaziz - Heeresrichter; Salih - Heeresrichter).

Literatur

Gibb, E. J. W.: A History of Ottoman Poetry. Bd 1. London 1900, 164, 205-208.
Bahinger, Franz: Die Geschichtsschreiber der Osmanen und ihre Werke. Leipzig 1927, 123-126.
Ders.: Khodja Efendi. In: Enzyklopaedie des Islam. Bd 2. Leiden, Leipzig 1927, 1034-1035.
Turan, Şerâfeddin: Sa’d-ed-Dīn. In: Islam Ansiklopedisi. Bd 10. Istanbul 1971, 27-32.  

GND: 118842307

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd118842307.html


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Empfohlene Zitierweise: Anton Cornelius Schaendlinger, Sadeddin Hoca, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. Hgg. Mathias Bernath / Karl Nehring. München 1981, S. 70-71 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1616, abgerufen am: (Abrufdatum)

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