Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Abdülaziz
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Wikidata: Q151500

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Abdülaziz

Abdülaziz, osmanischer Sultan 1861-1876, * Istanbul 9.02.1830, † (Selbstmord) ebd. 4.06.1876, Sohn Sultan Mahmuds II.

Leben

A. folgte seinem älteren Bruder Abdülmecid I. am 20. Juni 1861 auf den Thron und übernahm die traurige Erbschaft einer Finanzkrise und von Krieg und Aufständen in Montenegro, der Herzegowina und auf Kreta. Der Erfolg über Montenegro war nur von kurzer Dauer, die planlose Beschießung von Belgrad am 18. Juni 1862 von der noch in türkischer Hand befindlichen Festung aus führte 1867 zur völligen Räumung Serbiens durch die Türken. Ein Anschluß von Kreta an Griechenland konnte 1868/69 noch einmal verhindert werden.
Der Besuch des Sultans in Ägypten 1863 im Zusammenhang mit dem Bau des Suezkanals sowie großzügige ägyptische Geschenke und Zusicherungen hatten 1866 die offizielle osmanische Genehmigung zur Erblichkeit der Gouverneurswürde im Hause Mehmed Ali und die Verleihung des Khediven-Titels (hidiv = Fürst, gew. mit „Vizekönig“ übersetzt) zur Folge. Der Eröffnung des Suezkanals am 17. November 1869 blieb A. unnötigerweise fern, wie auch seine Europareise 1867 keine nachhaltigen Einflüsse zeitigte. Die 1839 bzw. 1856 eingeleiteten Reformen wurden schleppend weitergeführt. Mit dem Wilajetsgesetz von 1864 wurde eine Neuordnung der Verwaltung nach französischem Muster begonnen und 1867 der Erwerb von Grundbesitz durch Ausländer gestattet. Von 1864 bis 1872 wirkte Midhat Pascha im Donau-Wilajet und in Bagdad, wo entsprechend der neuen Verwaltungsordnung Musterprovinzen geschaffen wurden. Jahrelange Bemühungen der Bulgaren um eine stärkere Berücksichtigung in der Hierarchie und Verwaltung der griechisch-orthodoxen Kirche führten am 28. Februar 1870 zum Erlaß eines Fermans über die Schaffung eines bulgarischen Exarchats unter Einbeziehung von Niš und der Möglichkeit von Erweiterungen vor allem in Mazedonien.
In den siebziger Jahren des 19. Jh.s näherte sich die Türkei immer rascher einem wirtschaftlichen Zusammenbruch, während der Sultan die bei der Thronbesteigung in ihn gesetzten Hoffnungen auf eine sparsame und moderne Haushaltsführung bald zunichtegemacht hatte; am 6. Oktober 1875 wurde offiziell der Staatsbankrott erklärt. Im Juli des gleichen Jahres brach der Aufstand in der Herzegowina aus, im Mai 1876 auch in Bulgarien. Montenegro unterstützte die Aufständischen in der Herzegowina, Serbien bereitete sich auf den Kriegseintritt vor. Am 6. Mai 1876 wurden im Verlauf von Unruhen in Saloniki der deutsche und der französische Konsul ermordet. Eine neue osmanische Regierung unter dem Einfluß von Midhat Pascha beschloß die Absetzung von A., die am 29. Mai 1876 zugunsten seines Vetters Murad V. erzwungen wurde.

Literatur

Millingen (Osman Seify Bey): La Turquie sous le règne d'Abd-ul-Aziz. Paris 1868.
Davison, Roderic H.: Reform in the Ottoman Empire 1856-1876. Princeton 1963 (mit Bibliographie).

GND: 12481400X

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd12481400X.html


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Empfohlene Zitierweise: Hans-Jürgen Kornrumpf, Abdülaziz, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1974, S. 2-3 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=387, abgerufen am: (Abrufdatum)

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