Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Skerlić, Jovan

Skerlić, Jovan, serbischer Litararhistoriker und Kritiker, * Belgrad 08.08.1877, † ebd. 15.05.1914; sein Vater Miloš S. stammte aus der Šumadija, er war Handwerker und Kaufmann; seine Mutter kam aus der Wojwodina.

Leben

 Von seiner Mutter- sie war gebildet und las auch deutsche Romane - erbte S. die Liebe zu Büchern und das literarische Talent. Er begann früh zu schreiben, war bereits während seiner Gymnasialzeit (1887-1895) Mitarbeiter mehrerer Zeitungen und Zeitschriften, so daß er sich schon als Abiturient einen Namen als Kritiker gemacht hatte. Er studierte von  1895 bis 1899 an der Belgrader Universität („Visoka škola“) slawische und französische Philologie und Literaturwissenschaft bei Bogdan Popović. Seine Frühreife zeigte sich auch bei seiner politischen Tätigkeit. S. interessierte sich sehr jung für die Politik, schloß sich der sozialistischen Bewegung an und wurde aktives Mitglied der Sozialdemokratischen Partei. Sein Wirken beschränkte sich am Anfang auf journalistische Tätigkeit: er redigierte als Student das Feuilleton mehrerer sozialistischer Blätter. S. schloß sein Studium mit dem Staatsexamen ab und wurde Lehrer am Gymnasium in Belgrad. Schon während seiner Studienzeit stand er in Briefwechsel mit Sozialisten im Ausland, darunter auch mit dem französischen Literaturprofessor Georges Renard. Damals lehrte Renard gerade an der Universität Lausanne, und so kam S. im Sommer 1900 nach Lausanne. Im Winter desselben Jahres hielt er sich einige Zeit in Paris auf und sammelte Material für seine Arbeit, die er im Sommersemester 1901 an der Universität Lausanne ablieferte. Er promovierte mit einem Thema über die französische Romantik (L’opinion publique en France d’après la poésie politique et sociale de 1830 à 1848). Nach seiner Rückkehr in die Heimat lehrte er zunächst am Gymnasium Französisch, wurde aber bald zum Dozenten für Französisch und Literaturwissenschaft an der Belgrader Universität berufen. Aufgrund der politischen Verhältnisse verlor er seiner Überzeugung wegen für kurze Zeit seine Stelle. 1902 heiratete er die Schweizerin Klara Schmiedlin, eine Kommilitonin aus Lausanne. Seine Frau hatte großen Einfluß auf ihn, in erster Linie in politischer Hinsicht. S., der seit seiner Gymnasialzeit aktives Mitglied der Sozialdemokratischen Partei gewesen war und sich für die Ideen Svetozar Markovićs begeistert hatte, wandte sich nach seiner Heirat bald von den Ideen des Sozialismus ab und wurde 1904 aus der Partei ausgeschlossen. Er schloß sich dann der Radikalen Partei an. 1906 wurde S. Professor für serbische Literatur an der Belgrader Universität, und von da an konnte er sein ganzes Schaffen jenem Fach widmen, dem sein Lebenswerk galt: der serbischen Literatur. Er war Gründer und erster Sekretär der Schriftstellervereinigung (Udruženje književnika), Mitglied des Redaktionskomitees der Serbischen literarischen Gesellschaft (Srpska književna zadruga) und Chefredakteur des „Srpski književni glasnik“ (Serbischer Literaturbote). Von 1901 bis zu seinem Tode besprach er laufend die Neuerscheinungen im „Srpski književni glasnik“ und behandelte in zahlreichen Kurzbiographien, die in den neun Bänden der „Pisci i knjige“ (Schriftsteller und Bücher) 1907/26 gesammelt erschienen, alle bedeutenden serbischen Schriftsteller. Die Synthese seiner Arbeit ist eine serbische Literaturgeschichte (Istorija nove srpske književnosti, Belgrad 1914), die er zwei Monate vor seinem frühen Tod abschloß. Als Lehrer machte S. eine ganze Generation mit der serbischen Literatur vertraut. Mit seinem vielbeachteten Vortrag „Istočno ili južno narečje“ (östlicher oder südlicher Dialekt, 1913) gab er den Anstoß zur Zusammenarbeit zwischen serbischen und kroatischen Schriftstellern und damit zur Schaffung einer literarischen Einheitssprache. S. entfaltete eine große Aktivität als Slawist und als Vorkämpfer des Jugoslawentums, insbesondere im Bereich der südslawischen Literaturen. Seine größten Verdienste liegen zweifellos auf dem Gebiet der literarischen Kritik, da er versuchte, die serbische Literatur aus den gesellschaftlichen und politischen Gegebenheiten heraus zu deuten (Milieutheorie). Mit 37 Jahren starb S. auf dem Höhepunkt seines literarischen Schaffens. Seine gesammelten Werke (Sabrana dela) erschienen in 14 Bänden 1964/67 in Belgrad.

Literatur

Milojević, Vukosava: Jovan Skerlić. Beograd 1937.
Mladenović, Živomir: Mladost Jovana Skerlića. Beograd 1940.
Begić, Midhat: Jovan Skerlić et la critique littéraire en Serbie. Paris 1963.
Jovanu Skerliću u spomen. Povodom pedesetogodišnjice njegove smrti. Hrsg. Velibor Gligorić [u. a.] Beograd 1964 (mit Bibliographie).
Begić, Midhat: Jovan Skerlić. Čovek i delo. Beograd 1966.

Verfasser

Béla Grolshammer (GND: 107765659)

GND: 119363887

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd119363887.html


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Empfohlene Zitierweise: Béla Grolshammer, Skerlić, Jovan, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. Hgg. Mathias Bernath / Karl Nehring. München 1981, S. 137-139 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1660, abgerufen am: (Abrufdatum)

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