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Štefánik, Milan Rastislav, slowakischer Staatsmann und Astronom, * Košariská (Komitat Neutra) 21.07.1880, † (ermordet?) Vajnory (bei Preßburg) 04.05.1919.
Leben
Als sechstes der zwölf Kinder eines evangelischen Dorfpastors geboren, besuchte Št. die Volksschule in Košariská. Im Alter von neun Jahren ging er nach Somorja (Šamorín), um Ungarisch zu lernen. Das Gymnasium besuchte er in Preßburg (1890-1893), Ödenburg (1893-1894) und Szarvas (1894-1898). Anschließend studierte er an der Technischen Hochschule und an der Philosophischen Fakultät der Universität Prag. Physisch seit der Kindheit etwas beeinträchtigt und anfällig, träumte Št. „berühmt zu werden“, um seinem slowakischen Volk in seinem kläglichen sozialen und politischen Zustand zu helfen. Im Sommersemester 1902 studierte er in Zürich und besuchte Italien. 1904 promovierte er in Prag zum Dr. phil. Mittellos begab er sich nach Paris und durfte ab 1905 bei Jules Janssen in Meudon arbeiten. Astronomische Studien und Beobachtungen machte er auf dem Montblanc, in Spanien, England, der Schweiz, Rußland, Turkestan, Bayern, Algerien, Tunesien, auf Malta, in Australien, in Ecuador, auf Tahiti und Fiji, in den Vereinigten Staaten von Amerika und in Marokko. Ab 1912, nachdem er die französische Staatsbürgerschaft angenommen hatte, erfüllte Št. auf seinen Studienreisen auch Geheimaufträge der französischen Regierung. Wissenschaftlich anerkannt und gesellschaftlich gewandt, fand er Zugang zu den höchsten Kreisen der Pariser Gesellschaft.
Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges meldete sich Št. freiwillig zum Militär. Ab 26. Januar 1915 einfacher Soldat, begann er eine einmalige Laufbahn bei der französischen Luftwaffe: 1915 wurde er zum Leutnant, 1916 zum Hauptmann, 1917 zum Major und Oberstleutnant, 1918 zum Oberst und Brigadegeneral befördert. Št. kämpfte an der französischen, serbischen und italienischen Front, er war aber vor allem auch politisch und diplomatisch tätig. Als Vorstandsmitglied des „Nationalrates Böhmischer und Slowakischer Länder“ in Paris hatte er neben Tomáš Garrigue Masaryk und Edvard Beneš den entscheidenden Anteil an der Aktion für die Errichtung eines selbständigen tschechischslowakischen Staates. Die Schaffung der „Legionen“ in Italien, Frankreich, Rußland und den Vereinigten Staaten von Amerika ist überwiegend sein Werk gewesen. Nach der Anerkennung der Tschecho-Slowakei seitens der Entente wurde Št. zum Kriegsminister der provisorischen Regierung ernannt. Während des Umsturzes in Prag (28.10.1918) und in der Slowakei (30.10.1918) weilte Št. in einer Mission in Sibirien. Nach Paris zurückgekehrt, merkte er enttäuscht, daß er für seine tschechischen Mitarbeiter unbequem geworden war: in Prag hatte man während seiner Abwesenheit Václav Jaroslav Klofáč zum Landesverteidigungsminister ernannt. Bei seiner Rückkehr in die Heimat am 4. Mai 1919 stürzte sein Flugzeug kurz vor der Landung ab, wobei Št. und die gesamte italienische Besatzung ums Leben kamen. Von Anfang an liefen Gerüchte, durch historische Forschung eher begründet als dementiert, daß es sich um ein als Unglück getarntes Attentat handelte, um Št. als berufenen und selbstbewußten Vertreter der slowakischen Interessen in Prag loszuwerden.
Literatur
Levée, Madeleine: Les précurseurs de l’indépendence tchèque et slovaque à Paris. Paris 1936.
Osuský, Štefan u. Bohdan Pavlů (Hrsg.): Štefánik. Bd 1: Spomienky a postrehy. Praha, Bratislava 1938.
Bartůšek, Josef (Hrsg.): Štefánik. Bd 2: Vzpomínky, dokumenty a jiné příspěvky. Praha, Bratislava 1938.
Čulen, Konštantín: Zločin vo fundamente. Svedectvo o Štefánikovej smrti. Winnipeg/Man. 1955.
Holotík, Ludovít: Štefánikovská legenda a vznik ČSR. Bratislava 1960.
Pajdušáková, Ludmila: M. R. Štefánik astronóm. Bratislava 1970.
Ďurica, Milan S[tanislav]: Milan R. Štefánik and his tragic death in the light of Italian Military Documents. In: Slovak Studies 10 (1970) 147-184 (italienische Ausgabe: La morte di Milan Rastislav Štefánik alla luce dei documenti militari italiani inediti. In: Il mondo slavo 3 (1971) 59-93.
Parolin, Giuseppe: L’attivitià politica, militare e diplomatica di Milan Rastislav Štefánik in Italia. In: Il mondo slavo 6 (1976) 85-127.
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