Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Šulek, Bogoslav
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Šulek, Bogoslav

Šulek, Bogoslav, kroatischer Journalist und Polyhistor, * Sobotište (Szobotist, Komitat Neutra) 20.04.1816, † Zagreb 30.11.1895.

Leben

Einer slowakischen Pastorenfamilie entstammend, absolvierte S. 1837 die evangelische Akademie in Preßburg (Bratislava) und nahm das Studium an der Universität Jena auf. Aus finanziellen Gründen konnte er jedoch sein Studium nicht fortsetzen und versah 1837/ 38 Pastoraldienst in seinem Heimatort. Š. war vom 14. Lebensjahr an schwerhörig und konnte deshalb nicht Pastor werden. 1838 übersiedelte er, in der Hoffnung geheilt zu werden, nach Slawonisch Brod (Slavonski Brod), wo sein Bruder Militärarzt war, und nahm 1839 in Zagreb eine Stelle als Buchdrucker an. Als er sich 1841 der illyrischen Bewegung anschloß, wechselte er 1842 in die Druckerei Ljudevit Gajs über, wo er von 1843 bis 1846 die „Danica“ (Morgenstern) und von 1846 bis 1849 die „Narodne novine“ (Nationalzeitung), beides Zeitungen der illyrischen Bewegung, vorerst unter dem Namen Gajs und ab 1848 unter eigenem Namen, redigierte. In dieser Zeit wurde Š. einer der bedeutendsten kroatischen politischen Journalisten. Er redigierte auch das illegale Organ der Nationalpartei „Branislav“, das, um die strenge Zensur in Zagreb zu umgehen, in den Wintermonaten 1844/45 in Belgrad herausgegeben wurde. Darin und in seiner ebenfalls in Belgrad anonym erschienenen Broschüre ,,Šta nameravaju Iliri?“ (Was wollen die Illyrier?) forderte Š. am klarsten die sprachlich-kulturelle und politische Einheit und Unabhängigkeit der Südslawen. Nach der Revolution von 1848 verfocht er konsequent den Austroslawismus und bekämpfte die zentralistischen Tendenzen des Wiener Hofes, die in der okroyierten Verfassung von 1849 zum Ausdruck kamen. Als sich Ljudevit Gaj zunehmend der Regierungspolitik näherte und seine „Narodne novine“ im Begriffe war, offizielle Regierungszeitung zu werden, trennte sich Š. von ihm und übernahm die Redaktion der oppositionellen Zeitung „Slavenski jug“ (Slawischer Süden). Die Leitartikel, die er hier schrieb und in denen er entschieden die föderalistische Neuordnung der Habsburgermonarchie forderte, zählen zu seinen besten journalistischen Leistungen. Am 12. Februar 1850 wurde der „Slavenski jug“ verboten. Š. gründete daraufhin mit anderen Oppositionellen im April 1850 die Zeitung „Jugoslavenske novine“ (Südslawische Zeitung), deren Chefredakteur er war, die aber im Dezember 1850 ebenfalls verboten wurde.
Als 1851 die Ära des Bachschen Absolutismus begann, wandte sich Š. ganz der wissenschaftlich-kulturellen Arbeit zu. Er übersetzte und schrieb selbst Lehrbücher, studierte gründlich die kroatische Sprache und begann seine bedeutende lexikographische Tätigkeit. In der Kulturzeitschrift „Neven“ veröffentlichte er neben zahlreichen naturwissenschaftlichen - speziell botanischen -, philologischen u.a. Beiträgen auch den Aufsatz „Srbi i Hrvati“ (Serben und Kroaten, 1856), eine der besten Arbeiten zu diesem Thema. Von 1858 bis 1865 redigierte er die Zeitschrift der Kroatischen Landwirtschaftsgesellschaft, den „Gospodarski list“ (Wirtschaftsblatt), und war 1860 einer der Mitbegründer der Zeitung der Nationalpartei, „Pozor“ (Achtung), die er auch 1865/66 redigierte und deren wichtigster Mitarbeiter er neben Franjo Rački war.
Bedeutend war Š.s Tätigkeit auf lexikographischem Gebiet. Er trug wesentlich zur Vervollständigung der kroatischen wissenschaftlichen Terminologie bei, indem er die im Kroatischen fehlenden Begriffe vor allem aus anderen slawischen Sprachen - speziell aus dem Tschechischen - einführte. Sein Hang zum Purismus und zu Neologismen war allerdings übertrieben. 1860 erschien sein deutsch-kroatisches Wörterbuch (Njemačko-hrvatski rječnik), 1875 das von ihm redigierte und entscheidend mitgestaltete „Kroatisch-deutschitalienische Wörterbuch der wissenschaftlichen Terminologie“ (Hrvatsko-njemačko-talijanski rječnik znanstvenoga nazivlja) und 1879 sein „Südslawisches Pflanzenwörterbuch“ (Jugoslavenski imenik bilja).
Im Jahre 1867 promovierte Š. in Rostock mit einem Thema über den Wissenschaftler, Dichter und Philosophen Rudjer Bošković. Bereits im Jahr zuvor war er als einer der ersten 14 Mitglieder in die Südslawische Akademie der Wissenschaften und Künste gewählt worden, deren erster Sekretär er dann von 1874 bis zu seinem Tode war. In dieser Zeit veröffentlichte er in den Akademiezeitschriften zahlreiche Beiträge, die sich meist über mehrere Fachgebiete erstreckten, und mehrere populärwissenschaftliche Bücher zu naturwissenschaftlichen sowie rechts- und verfassungsgeschichtlichen Themen. Zu letzteren gehören die bedeutenderen Arbeiten „Hrvatsko-ugarski ustav ili konstitucija“ (Die kroatisch-ungarische Verfassung oder Konstitution; 1861), „Naše pravice. Izbor zakonah, poveljah i spisah, znamenitih za državno pravo kraljevstva dalmatinsko-hrvatsko-slavonskoga od g. 1108-1868“ (Unsere Rechte. Eine Auswahl von Gesetzen, Urkunden und Akten, die für das Staatsrecht des dalmatinisch-kroatisch-slawonischen Königreiches von 1108 bis 1868 von Bedeutung waren; 1868) und „Hrvatski ustav ili konstitucija godine 1882“ (Die kroatische Verfassung oder Konstitution von 1882; 1883).
Der überaus schaffensfreudige, nationalpolitisch engagierte Polyhistor Š. hat durch seine beachtenswerte Tätigkeit auf verschiedenen Gebieten einen wesentlichen Beitrag zum kroatischen nationalen und kulturellen Erwachen geleistet. 1952 erschien in Zagreb eine Auswahl seiner Schriften (Izabrani članci).

Literatur

Torbar, Josip: Dr. Bogoslav Šulek. In: Vienac 17 (1884) 268-271; 18 (1884) 286-288.
Ders.: Bogoslav Šulek. In: Ljetop. JAZU 11 (1896) 80-84.
Žujović, Jovan M.: Bogoslav Šulek. In: God. SKA 9 (1895) 363-370.
Maixner, Rudolf: Bogoslav Šulek. In: Šulek, Bogoslav: Izabrani članci. Zagreb 1952, 7-33.
Bibliografija radova dra. Bogoslava Šuleka. In: ebd. 34-43.
Durković-Jakšić, Ljubomir: „Branislav“. Prvi jugoslovenski ilegalni list 1844-1845. Beograd 1968.

Verfasser

Andreas Moritsch (GND: 123957184)


GND: 119450291

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Empfohlene Zitierweise: Andreas Moritsch, Šulek, Bogoslav, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. Hgg. Mathias Bernath / Karl Nehring. München 1981, S. 226-228 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1717, abgerufen am: (Abrufdatum)

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