Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Thopia, Karl
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Thopia, Karl

Thopia, Karl, „Princeps Albaniae“ 1358-1388, † Januar 1388.

Leben

Das Geschlecht der Thopia wird 1274 zum ersten Mal erwähnt (Sevastos Th.), einer späteren Familientradition nach stammt es von Karl dem Großen ab, wie überhaupt die meisten albanischen Adelsgeschlechter versuchten, eine westeuropäische Herkunft zu konstruieren, möglicherweise als Folge der anjouvinischen Herrschaft. 1328-1338 beherrschte Tanush (Tanussio) Th., von König Robert von Neapel bestätigt, das Gebiet von Mati. Th.s Vater Andrea heiratete eine illegitime Tochter König Roberts, die eigentlich für den Bailo von Morea bestimmt und nach Durazzo entsandt worden war, wo sie Th. kennenlernte. Beide wurden angeblich unter dem Vorwand einer geplanten Versöhnung nach Neapel geladen und dort hingerichtet. Die ganze Geschichte mutet stark nach einem literarischen Topos an, wozu es in der Geschichte der fränkischen Dynastien in Epirus und Griechenland diverse Parallelen gibt. Ihre beiden Söhne Karl und Georg wurden gerettet und wuchsen in der Burg Kruja auf.
Th. trat erstmals 1358 durch den spektakulären Sieg hervor, den er mit seinen Albanern in der Schlacht von Acheloos gegen den Despoten von Epirus Nikephoros II. Orsini errang, der beabsichtigt hatte, die Albaner aus seinem Herrschaftsgebiet zu vertreiben und dabei selbst in der Schlacht umkam. Fortan nannte er sich „Princeps Albániáé“ und rühmte sich, so in einer Inschrift im Kloster des Hl. Johannes Vladimir in Elbasan, anspielend auf seine anjouvinische Mutter, „primus de domo Francié“ zu sein. Er trachtete danach, seinen Herrschaftsbereich, der zunächst wohl nur das Gebiet um Kruja umfaßt hatte, auszuweiten und sich vor allem Durazzos zu bemächtigen, das sich damals noch in den Händen der Anjou befand. 1362 versuchte er die Stadt zu belagern, konnte sie aber, da sie von See aus versorgt wurde, nicht erobern. Erst 1368 gelang ihm dies, nachdem er sich eine eigene Flotte zugelegt hatte. Die Eroberung von Durazzo brachte ihn aber in Gegensatz zu den Venezianern, die ihn bisher unterstützt und ihm als „dominus Albanie in partibus versus maritimam de Durachio“ erst 1366 das venezianische Bürgerrecht verliehen hatten. Das Verhältnis zu Venedig und auch zu Ragusa blieb auch in der Folgezeit gespannt, hauptsächlich wegen der Piraterie von Bürgern von Durazzo und wegen Übergriffen von Th.s Leuten gegenüber venezianischen und ragusanischen Kaufleuten. Th. versuchte, die Beziehungen zu beiden Seestädten wieder zu normalisieren, indem er den Schaden ersetzte bzw. beschlagnahmte Güter zurückgab. 1380 ließ er das durch ein Erdbeben zerstörte Kloster des Hl. Johannes Vladimir in Elbasan wiedererrichten, wovon die schon zitierte Inschrift berichtet. Außenpolitisch suchte er sich durch ein Bündnis mit König Ludwig I. von Ungarn abzusichern, der ihn im Besitz von Durazzo bestätigte. Dieses Bündnis fand die Gegnerschaft nicht nur Venedigs, das gerade erst durch den Frieden von Turin (1381) gedemütigt worden war, sondern auch der römischen Kurie, da der Ungarnkönig den Gegenpapst in Avignon unterstützte und Th. ihm darin nachfolgte. Bonifaz IX. sprach Th. daraufhin die Rechtmäßigkeit des Besitzes von Durazzo ab und ermutigte Th.s Schwager Balsa II. (Th. war mit Vojsava, der Tochter Balsas I. verheiratet), gegen ihn vorzugehen. Es gelang Balsa II. 1385, Durazzo zu besetzen. Der aus seinem Besitz vertriebene Th. rief im Verein mit einigen anderen kleineren Adligen, die sich durch die Expansion der Balsa bedroht fühlten, die Türken zu Hilfe. Türkische Truppen schlugen am 18. September 1385 an der Vojusa Balsa II., der in der Schlacht den Tod fand. Th. konnte zwar wieder in Durazzo einziehen, für Südalbanien begann aber kurz darauf die Türkenzeit. Th. suchte jetzt durch einen engen Anschluß an Venedig, seine Herrschaft zu festigen. Am 18. August 1386 schloß er einen Vertrag mit der Markus-Republik, in dem er sich verpflichtete, Venedig bei jedem Krieg mit 600 Dukaten jährlich zu unterstützen, den Venezianern Getreide zu liefern und venezianischen Kaufleuten Handelsprivilegien zu gewähren. Als Gegenleistung erhielt er eine venezianische Kriegsgaleere samt Mannschaft und das Recht, auf venezianischem Territorium Söldner anzuwerben.
Th.s Sohn Georg, der ihm nach seinem Tode in der Herrschaft nachfolgte, trat am 18. August 1392 das von den Türken bedrohte Durazzo an Venedig ab.

Literatur

Hopf, Karl: Geschichte Griechenlands vom Beginn des Mittelalters bis auf unsere Zeit. Leipzig 1867/68. = Ersch-Gruber Encyclopedie. 85.86. (Separater Nachdruck Burt Franklin, New York o. J.).
Ippen, Theodor: Der Grabstein des Fürsten Karl Thopia. In: Ders.: Denkmäler verschiedener Altersstufen in Albanien. In: Wiss. Mitt. Bosnien u. Hercegovina 10 (1907) 67-70.
Jireček, Konstantin: Die Lage und Vergangenheit der Stadt Durazzo in Albanien. In: Illyrisch-albanische Forschungen. Bd 1. Hrsg. Ludwig von Thallóczy. München, Leipzig 1916, 152-167.
Valentini, Giuseppe (Hrsg.): Acta Albaniae Veneta. Bd 1-3. Palermo, München 1967-1968.

Verfasser

Peter Bartl (GND: 133417492)


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Empfohlene Zitierweise: Peter Bartl, Thopia, Karl, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. Hgg. Mathias Bernath / Karl Nehring. München 1981, S. 311-312 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1777, abgerufen am: (Abrufdatum)

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