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Vitezović Ritter, Pavao, kroatischer Politiker, Polyhistor, Kupferstecher, Philologe und Dichter, * Senj (Zengg) 7.01.1652, † Wien 20.01.1713.
Leben
V., dessen Vorfahren väterlicherseits elsässischer Abstammung waren (Mutter Dorothea Luckinic aus Senj), erhielt den ersten Schulunterricht in seiner Heimatstadt und kam dann an das Jesuitengymnasium in Zagreb. 1674 begab er sich nach Rom und lernte dort Ivan Lucius (Lučíc) kennen; mehr beeinflußt hat ihn jedoch der Polyhistor Johann Weikhard Valvasor, bei dem er sich 1676-1677 aufhielt und dessen große Bibliothek ihm in Wagensberg (Bogenšperk) zur Verfügung stand. V. widmete sich dort zuerst eingehend dem Studium der Geschichte sowie anschließend dem Kupferstich. Für die „Topographia“ von Valvasor hat er 54 Kupferstiche hergestellt, weitere finden sich in seiner 1701 in Wien veröffentlichten „Stemmatographia“. 1678/79 kehrte V. in seine Geburtsstadt zurück und wurde dann als Vertreter der Stadt auf den am 28. April einberufenen Reichstag nach Ödenburg (Sopron) entsandt. Er sollte dort laut den ihm erteilten Instruktionen auf die Einhaltung der Senj von den ungarischen Königen verliehenen Privilegien dringen, die in letzter Zeit von den Grenzbefehlshabern, insbesondere dem Grafen Johann Herberstein, mißachtet worden waren. Nach erfolgreicher Beendigung seiner Mission kehrte er nach einem Aufenthalt in Wien bei Ausbruch des Türkenkrieges nach Kroatien zurück und kämpfte in der Truppe des Banus Miklós Erdödy. 1684 ging V. als Gesandter des Banus zu Kaiser Leopold I. nach Linz und benützte die Gelegenheit zur Veröffentlichung eines seiner Hauptwerke, „Odiljenje sigetsko“ (Die Belagerung Szigeths), in welchem er, so wie in den späteren Arbeiten seinen deutschen Namen in Vitezovic übertrug. In Linz wurde er zum Hauptmann im kroatischen Regiment des Grafen Peter Ricciardi ernannt, trat diesen Posten aber niemals an, sondern fungierte zwischen 1684 und 1687 als agens aulicus und nahm in dieser Funktion beim Kaiser und auf den ungarisch-kroatischen Reichstagen die kroatischen Interessen wahr. Ab 1690 hielt sich V. wieder in Zagreb auf. Obwohl er zahlreiche Titel verliehen bekam (u. a. Hofrat und Baron), blieben ihm geregelte Einkünfte versagt. Als Hofhistoriker akzeptiert, erhielt er trotz zahlreicher Petitionen keine fixe Anstellung bei der ungarischen Kammer. Einige Zeit war er auf Grund der Vermittlung eines Schulgefährten, des Bischof Aleksandar Ignacije Mikulic, in der Metropolitanbibliothek tätig, dann Leiter der Landesdruckerei, aber auch dies waren keine Dauerstellungen. 1699 arbeitete er in jener Kommission, die die Grenzen gegenüber der Türkei und Venedig festlegte. 1708 erhielt V. als Vormund des letzten Grafen Ivan Jonata Ivanovic das Gut Scitarjevo, geriet aber dadurch mit entfernten Verwandten dieses Geschlechtes und dem Zagreber Domkapitel in Konflikt, wobei er schließlich vom Besitz vertrieben wurde. Die letzten Lebensjahre verbrachte er dann in Wien.
V. hinterließ eine große Anzahl meist lateinisch geschriebener Werke. Davon sind zu nennen die 1700 veröffentlichte Schrift „Croatia rediviva“ - es ist dies das erste kroatische historische Werk, das der aktuellen Politik entsprang. Es war als Protest gegen den Frieden von Karlowitz (1699) gedacht, und V. postulierte darin, daß alle Südslawen eigentlich Kroaten wären. Die gesamte Geschichte und das geistige Leben der Südslawen von den Anfängen bis in seine Zeit sollten in dem Werke ,,De aris et focis Illyriorum“ behandelt werden, doch erschien davon nur der erste Teil, die „Stemmatographia sive armorum Illyricorum delineatio, descriptio et restitutio“ (Wien 1701). Auf der gleichen Linie wie „Croatia rediviva“ liegt das 1712 veröffentlichte ,,Bosna captiva“. V. war darüber verbittert, daß Bosnien, das Herz Illyriens, weiterhin unter türkischer Herrschaft verblieben war. Ebenfalls historischen Charakter hat die Dichtung „Plorantis Croatiae saecula duo“ (1703), in der er die Ereignisse des 16. und 17. Jh.s beschreibt. In einer in der Volkssprache abgefaßten weiteren Dichtung „Odiljenje sigetsko“ verherrlicht V. die Märtyrer von Szigeth (1684). Von den sieben geplanten Büchern hat er aber nur vier vollenden können. 1696 erschien in Zagreb V.s „Kronika“ (ebenfalls in der Volkssprache), die zum Großteil eine Kompilation der Chronik von Vramec darstellt und nur für die Ereignisse in den Jahren 1578- 1690 Quellenwert besitzt. Zu erwähnen sind noch die Erbauungswerke „Priricnik“ (Handbuch, 1703) und „Sibila“ (1706) sowie die Kalender, die ab 1692 V.s Sprache und Orthographie aufweisen. Vom „Lexikon latino-illyricum“, das 23 000 Worte aus den drei serbokroatischen Dialektgruppen enthalten hat, sind zwei Teile verlorengegangen. V. hat sich auch intensiv mit linguistischen Fragen beschäftigt und eine Konzeption ausgearbeitet, wonach die drei Dialekte (Kajkavisch, Cakavisch und Stokavisch) die Basis der kroatischen Sprache bilden sollten. Dieser Einheit im linguistischen Bereich entsprach im politischen seine Vorstellung von einem Kroatien, das das ganze heutige Jugoslawien umfassen sollte. Während V. einerseits als Polyhistor durch seine Abhandlungen dem Kaiser das Recht auf die von den Türken eroberten Gebiete dokumentierte, wurde er andererseits durch seine übernationalen Ansichten zum Vorläufer der Ideen von Ljudevit Gaj und Ante Starcevic.
Literatur
Klaić, Vjekoslav: Život i djela Pavla Rittera Vitezovića. Zagreb 1914.
Šišić, Ferdo: Hrvatska historiografija od XVI do XX stoljeća. In: Jugoslovenski istoriski časopis 1 (1935) 22-51.
Izložba djela Pavla Vitezovića. Zagreb 1952 (mit Werksverzeichnis S. 7-37).
Matić, Tomo: Vitezovićev „Lexicon latino-illyricum“. In: Rad JAZU 303 (1955) 5-49.
Ders.: Vitezovićevo ,,Odilenje sigetsko“ i „Sejnčica“. In: Gradja za povijest književnosti hrvatske 29 (1968) 103-169.
Putanec, Valentin: Vitezović (1652-1713) kao onomastičar. In: Rasprave Instituta za jezik JAZU 1 (1968) 45-88.
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