Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Vrančić, Antun
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Vrančić, Antun

Vrančić (Verantius, Vrantius, Wrantius, Vrancich, Verancsics), Antun, kroatisch-dalmatinischer Humanist, Diplomat, Historiker, Archäologe, Reiseschriftsteller, Dichter und Kardinal, * Sebenico (Šibenik) 29.05.1504, † Eperjes (Komitat Sáros, heute Prešov) 15.06.1573, Sohn des Franjo V. und der Margarete Statilić.

Leben

V. verbrachte seine Kindheit im großväterlichen Hause der Statilić in Trogir (Traü), besuchte anschließend die Schule in Šibenik und wurde schließlich von einem Cousin mütterlicherseits, dem Banus von Kroatien Petar Berislavić aufgenommen. Nach dem Tode seines Gönners (1520) kam V. zu seinem Onkel, dem siebenbürgischen Bischof Ivan Statilic, der ihn in Padua Rechtswissenschaft und Theologie studieren ließ. Weitere Studien absolvierte er in Wien und Krakau. Nach Siebenbürgen zurückgekehrt, avancierte er zum Dompropst von Ofen und Sekretär Johann Szapolyais, der ihn mit zahlreichen wichtigen diplomatischen Missionen betraute. Im Zuge dieser Reisen an den päpstlichen Hof, nach Frankreich, Italien, Venedig, Polen und England lernte V. die bedeutendsten politischen wie kulturellen Zentren Europas kennen und trat neben den politischen Persönlichkeiten auch mit den Trägern des wissenschaftlichen und kulturellen Lebens in Verbindung (u. a. Erasmus von Rotterdam, Philipp Melanchthon, Paolo Giovi). Nach dem Tode Szapolyais verblieb er bei dessen Witwe Isabella, verließ dann jedoch nach Differenzen mit Kardinal Martinuzzi den siebenbürgischen Hof und trat in die Dienste König bzw. Kaiser Ferdinands I. (1549). Im Jahre 1553 wurde V. Bischof von Fünfkirchen (Pécs) und gleichzeitig zwecks Aufnahme von Friedensverhandlungen mit den Türken nach Konstantinopel entsandt, eine Aufgabe, die zahlreiche andere Persönlichkeiten in Anbetracht der Tatsache abgelehnt hatten, daß der österreichische Botschafter Johann Maria Malvezzi eingekerkert worden war. Die Verhandlungen mit Sultan Süleyman I. zogen sich in die Länge, da Ferdinand sich weigerte, Siebenbürgen abzutreten, und konnten erst nach dem Tode Malvezzis von dessen Nachfolger Ogier Ghislain de Bushecq erfolgreich abgeschlossen werden, wobei Siebenbürgen für die Habsburger in der Zwischenzeit ohnehin verlorengegangen war. V. verbrachte im Zusammenhang mit dieser Mission vier Jahre in der Türkei und in Kleinasien und wurde nach seiner Rückkehr für seine Verdienste beim Zustandekommen des Präliminarfriedens u. a. zum Bischof von Eger ernannt. 1566 wurde V. nach der Eroberung von Szigeth durch die Türken von Kaiser Maximilian II. erneut zu Friedensverhandlungen in die Türkei entsandt. In Zusammenarbeit mit dem königlichen Rat Christoph von Teuffenhach und dem kaiserlichen Residenten Albert Wyss handelte er mit dem Großwesir Sokollu Mehmed Pascha einen achtjährigen Frieden aus, der am 17. Februar 1568 in Adrianopel (Edirne) geschlossen wurde und den gegenseitigen Besitzstand garantierte. Für diesen Erfolg erwirkte Maximilian II. die Übertragung des Erzbistums von Gran (Esztergom) an V. und ernannte ihn zum ungarischen Prismas und königlichen Statthalter. Anläßlich des kroatisch-slowenischen Bauernaufstandes im Jahre 1573 riet V. Maximilian II. zu einer konzilianten Haltung gegenüber den Aufständischen. Kurz vor seinem Tode wurde V. von Papst Gregor XIII. zum Kardinal ernannt.
Der über eine umfassende Bildung verfügende V. verfaßte im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit zahlreiche wissenschaftliche Werke. Sein Bericht ,,De rebus gestis Hungarorum“ (1567) umfaßt die Zeit vom Tode des Königs Matthias Corvinus bis in die Epoche des Verfassers und enthält lesenswerte Beschreibungen vieler Zeitgenossen. Mit den römischen epigraphischen Denkmälern hat sich V. in seiner 1540 abgefaßten Landesbeschreibung Siebenbürgens, der Walachei und Moldau (,,De situ Transilvaniae, Moldáviáé et Transalpinae“) wie auch in den Reisebeschreibungen im Zusammenhang mit seinen Türkeireisen (,,Iter Buda Hadrianopolim anno 1553“; „Diarium legationis nomine Maximiliani“ und „Ratio itineris in Turciam“, 1567) intensiv beschäftigt, und sein Name muß genannt werden im Zusammenhang mit der Inschrift über die Taten des Augustus, bekannt unter dem Namen „Monumentum Ancyranum“, die er zusammen mit Bushecq entdeckte. Die ca. 4000 von V. erhaltenen Briefe, die die Kontakte mit ausländischen Gelehrten aber auch zahlreichen kroatischen Humanisten manifestieren (Stjepan Brodarič, Nikola Zrinski, Trankvil Andreis u. a.) sind sowohl ein Spiegelbild der Tätigkeit V.s im politischen Leben als auch im privaten Bereich, und sie enthalten auch zahlreiche Äußerungen über die gesellschaftlichen Zustände. Die gesammelten Werke V.s wurden von der Ungarischen Akademie der Wissenschaften in 12 Bänden in den Monumenta Hungáriáé Historica herausgegeben (Verancsics Antal m. kir. helytartó, esztergomi érsek összes munkái, Ser. II/T. 2-6, 9, 10, 19, 20, 26, 32. Budapest 1857/75).

Literatur

Verantius, Fausto: Vita Antonii Werantii. Budae 1798. = Scriptores Rerum Hungaricarum. 2.
Wenzel, Gusztáv: [Biographischer Abriß in] Monumenta Hungariae Historica. 11/32. Budapest 1875, V-XXVIII.
Pavić, Armin: Ivan Tomko Mrnavić. In: Rad JA 33 (1875) 58-127.
Matković, P[etar]: Putovanja po balkanskom poluotoku XVI. veka. Putovanje Antuna Vrančića g. 1553. In: Rad JA 71/8 (1884) 1-60.
Kukuljević, Ivan: Antun Vrančić. In: Ders.: Glasoviti Hrvati prošlih vekova. Zagreb 1886, 41-72.
Matković, P[etar]: Putovanja po balkanskom poluotoku XVI vijeka. Putopis Marka Antuna Pigafetta ili drugo putovanje Antuna Vrančića u Carigrad 1567 godine. In: Rad JA 100/29 (1890) 65-168.
Sörös, Pongrácz: Verancsics Antal élete. Esztergom 1898.
Vratović, V.: Antun Vrančić. In: Hrvatski latinisti. Croatici auctores qui latine scripserunt. Hrsg. Veljko Gortan u. Vladimir Vratović. Bd 1. Zagreb 1969.
Tardy, Lajos: Verancsics Antal sztambuli követjelentései Grúziáról (1553-1557, 1567-1568). In: Századok 107 (1973) 91-105.

Verfasser

Manfred Stoy (GND: 1125126671)

GND: 118055038

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd118055038.html


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Empfohlene Zitierweise: Manfred Stoy, Vrančić, Antun, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. Hgg. Mathias Bernath / Karl Nehring. München 1981, S. 442-444 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1861, abgerufen am: (Abrufdatum)

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