Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Vukotinović, Ljudevit von

Vukotinović (Farkas, Farkaš-Vukotinović), Ljudevit (Ludwig) von, kroatischer Politiker, Schriftsteller und Naturforscher, * Zagreb 13.01.1813, † ebd. 17.03.1893, Sohn eines im Komitat Križevci (Kreutz) ansässigen adeligen Grundbesitzers. „Vukotinović“ ist die kroatisierte Form des Familiennamens „Farkas“.

Leben

V., der die kroatisierte Namensform seit 1835 (seit 1847 amtlich) gebrauchte, absolvierte das Gymnasium in Zagreb und Großkanizsa, den zweijährigen Philosophiekurs in Steinamanger sowie das 1830 in Zagreb begonnene Rechtsstudium 1832 in Preßburg. Dort während des Reichstags Jurat des Grafen Janko Draškovič, begann er die praktische juristische Ausbildung 1834 in Zagreb, wo er sich der Gruppe um Ljudevit Gaj anschloß und bei der Herausgabe der kroatischen Zeitung half. Nach bestandener Advokatenprüfung wurde V. 1836 Vizenotar, 1840 Oberstuhlrichter im Komitat Križevci und half dort in den 1840 er Jahren, die Politik der Nationalpartei durchzusetzen.
Zuerst mit zwei Schauspielen (1832/33) und im ersten Jahrgang von Gajs „Danica“ als kroatisch-kajkavischer Schriftsteller ausgewiesen, vollzog V. 1836 konsequent den Wechsel zur „illyrischen“ Nationalsprache. Seine „Pesme i pripovedke“ (Gedichte und Erzählungen, 1838) waren die erste Buchveröffentlichung der illyristischen Literatur. V.s literarische Leistung für die moderne kroatische Literatur ist die Übernahme von Gattungen wie der Ballade und der historischen Novelle („Prošastnost ugarsko-hrvatska“ [Ungarisch-kroatisehe Vergangenheit], 1844) sowie des Feuilletons (gesammelt in „Ruže i tärnje“ [Rosen und Gedorn], 1842). Mit Dragutin Rakovac und Stanko Vraz gab er, in Gegnerschaft zum literarischen Dilettantismus der „Danica“, den „Kolo“ (Reigen) als Organ für „Literatur, Kunst und nationales Leben“ heraus, dort (Bd 3, 1843) mit „Tri stvari knjiženstva“ (Drei Arten der Literatur) das erste literarische Programm der modernen kroatischen Literatur.
V.s programmatischer Aufsatz „Ilirisam i Kroatisam“ (in „Kolo“ Bd 2, 1842) grenzte den „literarischen“ Illyrismus vom „politischen“ Kroatismus der Nationalpartei ab. In der Presse setzte sich V. für wirtschaftlichen Fortschritt, in „Nešto o školah pučkih“ (Etwas über Volksschulen) 1844 für die Hebung der Volksbildung ein. In „Regni Slavoniae erga Hungariam legalis correlatio“ wies er 1845 die madjarischen Absichten auf die sla- wonischen Komitate zurück. Sein Programmentwurf für die Nationalpartei (1846) trägt ausgesprochen liberale Züge. 1847 als Vertreter des Komitats Križevci im kroatischen Landtag, unterstützte V. Ivan Kukuljević, die Ablösung der lateinischen Amtssprache durchzusetzen. Im April 1848 behandelte V. programmatisch „Nekoja glavna pitanja našeg vremena“ (Einige Hauptfragen unserer Zeit). Vom Landtag in die Delegation an den österreichischen Reichstag gewählt, schrieb V. für die reformorientierten „Saborske novine“ (Landtagszeitung) und „Slavenski jug“ (Slawischer Süden). Bis 1849 Kompanieführer, wurde er 1850 Präsident des provisorischen Landesgerichts in Križevci, mußte aber 1854 zurücktreten, da er die Übernahme der deutschen Amtssprache verweigerte. Gegen die Zentralisierung hatte V. bereits 1851 in seinem anonymen „Godina 1850 u Hrvatskoj“ (Das Jahr 1850 in Kroatien) protestiert. Unter dem Neoabsolutismus zur politischen Passivität verurteilt, redigierte er 1855-1857 das Blatt der kroatisch-slawonischen Landwirtschaftsgesellschaft, erwarb sich mit Veröffentlichungen internationalen Ruf als Botaniker und Geologe und gab 1859-1861 den Almanach „Leptir“ (Schmetterling) heraus.
Unter der durch das Oktoberdiplom 1860 wiederhergestellten Verfassung wurde V. 1861 Obergespan des Komitats Križevci. 1867 weigerte er sich, die Wehrpflicht zu proklamieren, da sie nicht vom kroatischen Landtag beschlossen war, und wurde abgesetzt. 1868 vertrat er die oppositionelle Nationalpartei im Landtag, verließ jedoch nicht mit dieser aus Protest gegen die Ausgleichsgesetze den Landtag, sondern schloß sich den gemäßigten Unionisten an. V. trat jedoch nicht mehr in den Staatsdienst, sondern arbeitete als Naturforscher und als Wirtschaftsexperte, der u. a. 1879 die österreichische Regierung in Bosnien beriet und erfolgreich Ausstellungen organisierte.
Aus der ersten Generation der Illyristen, in den 1840er Jahren als Angehöriger des mittleren Komitatsadels und Komitatsbeamter Exponent der liberalen Richtung innerhalb der Nationalpartei, war V. einer der aktivsten und ideenreichsten Vertreter der kroatischen Nationalbewegung. Seine führende Rolle in der kroatischen Politik war - nach der Unterbrechung durch den Neoabsolutismus - mit dem Beginn des Dualismus in der Habsburgermonarchie beendet.

Literatur

Torbar, Josip: Život i djelovanje Ljudevita Vukotinovića. In: Ljet. JAZU 12 (1897) 120-149 (mit Bibliographie).
Barac, Antun: Hrvatska književnost od Preporoda do stvaranja Jugoslavije. Bd 1: Književnost Ilirizma. Zagreb 1954 (1964(2)), 202-209.
Šojat, Olga: Ljudevit. Vukotinović i Četrdesetosma. In: Hist. Zborn 9 (1956) 31-59.
Dies: Prilog biografiji Ljudevita Vukotinovića. In: Rad JAZU 338 (1965) 259-306 (mit Bibliographie).
Šicel, Miroslav: Programi i manifesti u hrvatskoj književnosti. Zagreb 1972.
Šidak, Jaroslav: Studije iz hrvatske povijesti XIX. stoljeca. Zagreb 1973.  

Verfasser

Wolfgang Kessler (GND: 124485324)

GND: 130887358

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd130887358.html


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Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Kessler, Vukotinović, Ljudevit von, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. Hgg. Mathias Bernath / Karl Nehring. München 1981, S. 451-453 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1868, abgerufen am: (Abrufdatum)

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