Dérer, Ivan, slowakischer Politiker, * Malacky (Malacka, Preßburger Komitat) 2.03.1884, † Prag 10.05.1973.
Leben
Nach dem Studium in Budapest wirkte D. in Preßburg als Rechtsanwalt und stand während des Krieges in Wien in engem Kontakt mit tschechischen Politikern und tschechoslowakisch gesinnten Slowaken. Bei Kriegsende zählte er zu dem Kreis junger slowakischer Intellektueller um Vávro Šrobár, der die Deklaration von Turčiansky Svätý Martin vom 30. Oktober 1918 trug, die in ihrem Bekenntnis zum tschechoslowakischen Staat die Bewegung der Hlasisten fortsetzte und vollendete. In der provisorischen Verwaltung der Slowakei übte D. unter Šrobár eine Reihe von Funktionen aus (Gerichtswesen) und gehörte zugleich zum slowakischen Klub der Nationalversammlung.
Als sozialdemokratischer Abgeordneter war D. ab 1920 Mitglied der Nationalversammlung. 1920 übernahm er für kurze Zeit das Ministerium für die Slowakei, war 1921-1922 und wieder 1926 Minister für die Vereinheitlichung der Gesetzgebung, 1929-1932 Minister für das Schulwesen und ab 1934 Justizminister. Während dieser Zeit geriet er in immer schärferen Widerspruch zu den Autonomisten und Separatisten der „Slowakischen Volkspartei“, gegen die er auch als Vorsitzender der slowakischen Sektion der „Sozialdemokratischen Partei der ČSR“ (ab 1926) öffentlich auftrat.
Nach dem Münchener Abkommen und dem Sieg des Separatismus in der Slowakei schied D. aus der aktiven Politik aus. Während des Zweiten Weltkrieges blieb D. im Protektorat. Im März 1946 wurde er Vorsitzender des Obersten Gerichts in Brünn (bis 1948). Wegen angeblicher Verfehlungen wurde er 1948 zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt und erst Ende 1968 rehabilitiert. 1969 erhielt D. für seine Verdienste um das tschechoslowakische Schulwesen eine hohe Auszeichnung.
Zu den wesentlichen Veröffentlichungen D.s zählen: „Za volební právo Slovenska“ (Über das Wahlrecht in der Slowakei, Preßburg 1919), „Slovensko v převrate a po ňom“ (Die Slowakei im Umsturz und danach, Preßburg 1924), „Lex Dérer“ (Preßburg 1926), „O revisi trianonského míru“ (Über die Revision des Friedens von Trianon, Preßburg 1927), „Československá otázka“ (Die tschechoslowakische Frage, Prag 1935), „The Unity of the Czechs and Slovaks“ (auch franz., Prag 1938), „Naše problémy“ (Unsere Probleme, Prag 1938), „Slovenský vývoj a luďácká zrada“ (Die slowakische Entwicklung und der Volksverrat, Prag 1946).
Literatur
Mlynárik, Ján: Vznik ČSR a slovenské socialistické hnutie. Bratislava 1968.
Ders.: Slovenská národná rada a včleňovanie Slovenska do československého Štátu (1918-1919). In: Českosl. Čas. hist. 16 (1968) 505-524.