Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Felmer, Martin

Felmer, Martin, siebenbürgisch-sächsischer Historiker, * Hermannstadt 30.11.1720, † ebd. 28.03.1767, Sohn von Martin F., Zunftmeister der Hermannstädter Bäcker.

Leben

Nach Auskunft der Selbstbiographie in der von ihm angelegten Heltauer Pfarrmatrikel hat F. eine fundierte wissenschaftliche Ausbildung genossen. Er besuchte das Hermannstädter Gymnasium und erhielt zusätzlich Privatunterricht in mehreren Fächern. 1740-1743 studierte er im Zentrum des Pietismus, in Halle a. d. Saale, Theologie und promovierte mit der Dissertation „De efficacia S. Scripturae naturali et supranaturali“. Außerdem interessierte er sich für Mathematik und Physik, alte Sprachen, bürgerliches und kanonisches Recht, Weltgeschichte und politische Geschichte. Entscheidende Anregungen gab ihm der gleichfalls aus Siebenbürgen stammende Professor Martin Schmeitzel, der ihn in die siebenbürgische Geschichte und die Münzkunde einführte. Daneben sammelte er als Instruktor der Franckeschen Erziehungsanstalten praktische Erfahrungen.
Als Studienbegleiter eines Adeligen hielt sich F. im Sommer und Herbst 1743 in Wien auf, wo er vor allem die Bestände der großen Bibliotheken zu wissenschaftlichen Studien nutzte und seine bereits in Halle erworbenen Kenntnisse moderner Sprachen - er beherrschte bereits das Französische und Italienische - durch das Studium des Englischen ergänzte. Nach Hermannstadt zurückgekehrt, trat er Anfang 1744 in den Schuldienst am Gymnasium. 1750-1756 war F. als Prediger tätig und erteilte nebenberuflich Privatunterricht.
Das hohe Niveau seiner umfassenden privaten Lehrtätigkeit veranlaßte die Kirchenbehörde, F. zur Mithilfe bei der Unterrichtsreform am Hermannstädter Gymnasium in den Schuldienst zurückzuberufen. Als Konrektor (bis 1758) und Rektor (bis 1763) bemühte er sich um die Verbesserung des Gymnasialunterrichts, die infolge der Wiener Rekatholisierungsbestrebungen, insbesondere wegen der Beschränkung des Studiums an ausländischen Universitäten, für die evangelischen Siebenbürger Sachsen dringend notwendig geworden war. Sein geringes Einkommen nötigte ihn aber weiterhin, Privatkurse abzuhalten, deren Schülerzahl ständig wuchs. Daneben beschrieb er die Münzsammlung seines Gönners Samuel von Brukenthal, verfaßte Gelegenheitsgedichte und handelte mit Büchern aus Wien und Nürnberg. Seine zahlreichen wissenschaftlichen Werke zur siebenbürgischen Geschichte, die auf intensiven Quellenstudien und umfangreichen Dokumentensammlungen beruhten, bewogen vermutlich Johann Christoph Gottsched, ihn für die Aufnahme in die „Gesellschaft der freien Künste“ zu Leipzig zu empfehlen (1760/61).
1762 erhielt F. die Berufung zum Pfarrer in Heltau, wo er seine historischen Studien fortsetzte und u. a. die erste sächsische Volkskunde, die „Abhandlung von dem Ursprung der Sächsischen Nation“, schrieb. 1766 wurde er aus seinem ruhigen Gelehrtendasein nach Hermannstadt abberufen. Als Stadtpfarrer von Hermannstadt gab er ein pietistisches Gesangbuch heraus. Knapp 47jährig ist F. an Schwindsucht gestorben.
Von F.s Werken sind bisher nur die drei wichtigsten im Druck erschienen, die übrigen blieben als Handschriften in verschiedenen Bibliotheken (Brukenthal-Bibliothek Hermannstadt, Széchényi-Nationalbibliothek Budapest, Kronstädter und Schäßburger Gymnasialbibliotheken) erhalten. Im Druck erschienen: „Primae Lineae M. Principatus Transilvaniae Historiam.. . illustrantes“ (Hermannstadt 1780; Neuausgabe von Joseph Carl Eder, Hermannstadt und Klausenburg 1803), „Kurzgefaßte Historische Nachricht von der Wallachischen Völkerschaft ..(in: Arch. Ver. siebenbürg. Landes- kde, N. F. 7, 1867, S. 414-428), „Abhandlung von dem Ursprung der Sächsischen Nation ...“ (Die Martin Felmer-Handschrift. Eine Darstellung der Geschichte der Volkskunde der Siebenbürger Sachsen aus dem Jahre 1764. Hrsg, von Gottlieb Brandsch, Berlin u. Leipzig 1935). Handschriftlich erhaltene Werke: „Historia Transsylvaniae Universalis“, „Anleitung zur nöthigen Kenntniss des Fürstenthums Siebenbürgen“, „Abhandlung von dem Ursprung der verschiedenen Völkerschaften in Siebenbürgen“, „Adversaria ad Historiam Transsylvaniae ordine alphabeti“, „Collectanea ad Historiam Patriae“.

Literatur

Seivert, Johann: Nachrichten von siebenbürgischen Gelehrten und ihren Schriften. Preßburg 1785.
Müller, Friedrich: Deutsche Sprachdenkmäler aus Siebenbürgen. Hermannstadt 1864.
Wittstock, Heinrich: Aus Heltau. Vergangenes und Gegenwärtiges. Hermannstadt 1883.
Albrich, Carl: Geschichte des ev. Gymnasiums A.B. in Hermannstadt. In: Gymn. Progr. Hermannstadt 1895/96, 81-84.
Hienz, Hermann: Martin Felmer (1720-1767). In: Südostdt. Arch. 4 (1961) 143-145 (mit Bibliographie).
Holzträger, Fritz: Die beiden ersten siebenbürgisch-sächsischen Mundartwörterbücher. In: Zeitschrift für Mundartforschung 29 (1962) 259-286.

Verfasser

Ute Monika Schwob (GND: 1050326059)


GND: 101033737

Weiterführende Informationen: https://prometheus.lmu.de/gnd/101033737

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Empfohlene Zitierweise: Ute Monika Schwob, Felmer, Martin, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1974, S. 496-498 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=807, abgerufen am: (Abrufdatum)

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