Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Georgi I. Terter

Georgi I. Terter, bulgarischer Zar 1280-1292.

Leben

Während der glücklosen Herrschaft Asens III. baute sich der Boljare Georgi aus dem bulgarisch-kumanischen Geschlecht der Terteriden eine Vorzugsstellung unter den Ranghöchsten in Tŭrnovo auf. Der byzantinische Kaiser Michael VIII. erkannte die Gefahr, die seinem Schützling Asen drohte, erhob G. vorbeugend zum Despot und durch die Heirat mit der Schwester Asens zum zweiten Manne im bulgarischen Staat. G.s erste Frau und deren Sohn Svetoslav wurden nach Nikäa verbannt. Nach der Flucht Asens aus Tŭrnovo und dem Ende des Bauernaufstandes unter Ivajlo ernannten die Boljaren G. zum bulgarischen Zaren. Sofort strebte der neue Herrscher danach, sich vom byzantinischen Einfluß auf Bulgarien zu befreien und sich der antibyzantinischen Front unter Karl von Anjou anzuschließen. Michael VIII. wiederum rief die Tataren neuerlich gegen Bulgarien, die mit einem Heer von 40 000 Mann weite Teile des Landes verwüsteten. Der Aufstand in Süditalien gegen das Haus Anjou, der in der Sizilianischen Vesper 1282 gipfelte, ließ die antibyzantinische Bewegung zusammenbrechen. Bald darauf starb Michael VIII., auf dessen Thron sein Sohn Andronikos II. (1282-1328) folgte, der eine Verständigung mit den Bulgaren suchte. Der Einfall neuer Tatarenheere zwang G. im Jahre 1284, mit Byzanz Frieden zu schließen. Vom byzantinischen Kaiser verlangte der Zar die Rückkehr seiner ersten Frau und seines Sohnes Svetoslav. Dahinter verbarg sich die Absicht, sich endgültig vom Haus der Aseniden zu trennen, um eine eigene Dynastie aufzubauen. Das fortwährende kriegerische Verhalten der Tataren zwang G. zu friedlichen Beziehungen mit den bulgarischen Nachbarn. So verheiratete er seine Tochter mit dem serbischen Herrscher Stefan Uroš II. Milutin (1282-1321). Im Jahre 1285 versuchte der Tatarenkhan Nogaj erneut, Bulgarien unter seine Herrschaft zu bekommen. Dem entging G. nur dadurch, daß er seine Tochter in den Harem und seinen Sohn an den Hof des Khans schickte. G. selbst wurde Vasall der Tataren.
Die unheilvolle außenpolitische Entwicklung schlug sich auch innenpolitisch nieder. Die bulgarischen Boljaren, die G. nur als einen der Ihren ansahen, wurden immer unzufriedener mit der Politik des Zaren. Mehrere Fürsten der Grenzgebiete, die ebenfalls kumanischer Herkunft waren, sagten sich von Tŭrnovo los und machten sich selbständig, wie Šišman, der Begründer der letzten mittelalterlichen bulgarischen Dynastie, in Vidin oder die Brüder Smilec, Radoslav und Voisil in der westlichen Sredna Gora.
Nachdem einige Boljaren offen nach der bulgarischen Krone strebten und das Gerücht auftauchte, Ivajlo sei noch am Leben und werde nach Bulgarien zurückkehren, sah G. 1292 in der Flucht den letzten Ausweg. In diesem Jahr brachen auch die Tataren erneut in Bulgarien ein, um das Land endgültig zu erobern. In der Hoffnung, vom byzantinischen Kaiser aufgenommen zu werden, floh G. nach Adrianopel. Andronikos II. schützte jedoch Furcht vor den Tataren vor und setzte ihn gefangen. Für mehrere Jahre wurde Bulgarien ein von den Tataren völlig abhängiges Gebiet. Erst unter der Regierung seines Sohnes Svetoslav konnte G. im Austausch gegen byzantinische Adelige nach Bulgarien zurückkehren, wo er einige Städte als Besitz erhielt.

Literatur

Slatarski, W. N.: Geschichte der Bulgaren. T. 1. Von der Gründung des bulgarischen Staates bis zur Türkenherrschaft (679-1396). Leipzig 1918, 150-152.
Nikov, Petŭr: Bŭlgari i tatari v srednite vekove. In: Bŭlg. Ist. Bibl. 2 (1929) 97-142.
Mutafčiev, Petŭr: Istorija na bŭlgarskija narod. Bd 2. Sofija 1943, 180-192.
Istorija: Bd 1, 216-217.
Ostrogorsky: S. 404-405.

Verfasser

Detlef Kulman (GND: 128703393)


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Empfohlene Zitierweise: Detlef Kulman, Georgi I. Terter, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 2. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1976, S. 32-33 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=864, abgerufen am: (Abrufdatum)

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