Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Ninčić, Momčilo
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Ninčić, Momčilo

Ninčić, Momčilo, jugoslawischer Politiker, Rechtswissenschaftler und Historiker, * Jagodina 10.06.1876, † Lausanne 23.12.1949.

Leben

N. absolvierte das Gymnasium in Belgrad und widmete sich dem Studium der Jurisprudenz, das er 1899 in Paris abschloß. Anschließend war er als Sekretär im serbischen Finanzministerium tätig, wurde 1902 Professor an der Juristischen Fakultät der Belgrader Hochschule und zog 1912 als Mitglied der Radikalen Partei ins Parlament ein. Von 1915 bis 1919 war er mit einer kurzen Unterbrechung Finanzminister. In dieser Eigenschaft arbeitete er in der Regierung Stojan Protić den ersten Staatshaushalt für das Königreich SHS aus und führte die monetäre Vereinigung der einzelnen Landesteile durch. In der zweiten Regierung Protić (Februar-Mai 1920) übernahm er zunächst das Justiz-, dann das Ministerium für Handel und Industrie, das er auch in den beiden Kabinetten von Milenko Vesnić (Mai-Dezember 1920) beibehielt. Anschließend leitete er in acht - mit einer Unterbrechung - aufeinanderfolgenden Regierungen unter Nikola Pašić und in den beiden Kabinetten Nikola Uzunović das außenpolitische Ressort (Dezember 1921 -Dezember 1926, mit Ausnahme von Juli - Oktober 1924). Seine Tätigkeit in dieser Zeit war von dem Streben nach außenpolitischer Ruhe als Voraussetzung für die innere Konsolidierung getragen und ist vor allem mit dem Ausbau der „Kleinen Entente“ und der jugoslawisch-italienischen Entspannung nach dem Vertrag von Rapallo verbunden: Abschluß der „Konventionen von St. Margherita“ vom 6. Mai 1922, Abkommen über Fiume/Rijeka und „Adria-Pakt“ (oder auch „Pakt von Rom“) vom 27. Januar 1924, Handels- und Schiffahrtsabkommen (oder auch „Belgrader Konventionen“) vom 14. Juli 1924 (wegen heftiger Opposition - vor allem in Kroatien - erst am 9. Juli
 1926 ratifiziert) und Nettuno-Konventionen“ vom 20. Juli 1925. Die Vorlage des letzten Vertragswerkes in der Skupština stieß am 21. Juli 1926 auf einen so heftigen von der Opposition geschürten Widerstand, daß es zurückgezogen werden mußte. Als Mussolini, durch die jugoslawische Haltung verärgert, den 1. Tirana-Pakt mit Albanien abschloß, sah sich N. desavouiert und trat am 6. Dezember zurück. Nach Einführung der Königsdiktatur im Januar 1929 schloß er sich dem Hauptausschuß der Radikalen unter Aca Stanojević an, der die Diktatur zwar nicht unterstützte, ihr aber auch keinen nachhaltigen Widerstand entgegensetzte. Als die Regierung Cvetković-Maček nach der Unterzeichnung des Dreimächtepakts am 27. März 1941 gestürzt wurde, trat N. in das neue Kabinett Dušan Simovićs als Außenminister ein. Vergeblich versuchte er, Hitler über die Deutsche Gesandtschaft in Belgrad von der weiteren Bündnistreue seines Landes zu überzeugen. Der anschließende Angriff der Achsenmächte konnte dadurch nicht mehr verhindert werden. Noch vor der Kapitulation der jugoslawischen Streitkräfte verließ N. zusammen mit dem jungen König Peter II. und den übrigen Regierungsmitgliedern das Land. Neben seiner politischen Tätigkeit war N. 1920-1926 Direktor der politischliterarischen Wochenschrift „Novi život“ (Das neue Leben). Außerdem verfaßte er eine Reihe von rechtswissenschaftlichen und historischen Studien, darunter: „Pitanje o svojini zemlje Srba pod Turcima“ (Die Frage des Bodenbesitzes der Serben unter den Türken, Belgrad 1913), „Istorija agrarnopravnih odnosa srpskih težaka pod Turcima“ (Geschichte der agrarrechtlichen Verhältnisse der serbischen Bauern unter den Türken, Belgrad 1920, nur Bd 1 erschienen), „Spoljna politika Kraljevine SHS 1922-1924“ (Die Außenpolitik des Königreichs SHS 1922-24, Belgrad 1924), „Spoljna politika Kraljevine SHS 1925-1926“ (Die Außenpolitik des Königreichs SHS 1925-1926, Belgrad 1926), „La crise bosniaque 1908-1909 et les grandes puissances européennes“ (2 Bde, Paris 1937) u. a.

Literatur

Maur, Gilbert in der: Die Jugoslawen einst und jetzt. Bd 2. Jugoslawiens Außenpolitik. Berlin, Wien, Zürich 1937.
Reiswitz, Johann Albrecht v.: Die politische Entwicklung Jugoslawiens zwischen den Weltkriegen. In: Osteuropa-Handbuch: Jugoslawien. Hrsg. Werner Markert. Köln, Graz 1954, 67-98.
Čulinović, Ferdo: Jugoslavija izmedju dva rata. 2 Bde. Zagreb 1961.

Verfasser

Holm Sundhaussen (GND: 120956055)


GND: 129414107

Weiterführende Informationen: https://prometheus.lmu.de/gnd/129414107

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Empfohlene Zitierweise: Holm Sundhaussen, Ninčić, Momčilo, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 3. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1979, S. 331-332 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1461, abgerufen am: (Abrufdatum)

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