Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Papandreu, Georgios
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Papandreu, Georgios

Papandreu, Georgios, griechischer Staatsmann, * Kalentzi (bei Patras, Peloponnes) 13.02.1888, † Kastri (bei Athen) 01.11.1968, Sohn des Pfarrers Andreas Stavropulos.

Leben

Von 1904 bis 1909 studierte P. Jura an der Universität Athen. Nach Absolvierung seines Militärdienstes (1909-1911) begab er sich nach Deutschland, um an der Universität Berlin Wirtschaft und Politikwissenschaft zu studieren. Nach einer kurzen Unterbrechung, in der er sich nach Ausbruch des Balkankrieges als Freiwilliger meldete (Oktober 1912 - April 1913), kehrte er nach Berlin zurück, wo er neben seinem Studium als Korrespondent der Zeitung „Nea Hellas“ tätig war. Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges im August 1914 kehrte er nach Athen zurück und wandte sich der Politik auf der Seite des Eleftherios Venizelos zu. Nach den Wahlen vom 31. Mai 1915 und der Regierungsbildung durch den Sieger Venizelos (August 1915) wurde er - im Alter von 26 Jahren - zum Präfekt von Lesbos ernannt, trat jedoch zwei Monate später, nach dem Bruch Venizelos’ mit König Konstantin wegen der Frage des Eintritts Griechenlands in den Krieg auf der Seite der westlichen Alliierten, dem sich der König widersetzte, von seinem Amt zurück und übernahm die Leitung des politischen Büros von Venizelos. Er blieb ihm auch beim Ausbruch des Venizelisten-Aufstandes und der Bildung der Gegenregierung Venizelos in Saloniki (August 1916) treu und amtierte als Gouverneur der Venizelos-freundlichen Inseln der Ägäis mit Sitz Lesbos. Nach der Vertreibung des Königs durch die Alliierten und der Wiedereinsetzung von Venizelos in die Regierung in Athen (Juni 1917) wurde er als Generalgouverneur nach Chios geschickt. Nach den Wahlen vom 1. November 1920, bei denen die Venizelos-Panei geschlagen wurde, wurde P. zusammen mit anderen liberalen Politikern verfolgt und mußte nach Istanbul fliehen. Im März 1921 kam er nach Athen, wo er wegen eines antimonarchistischen Artikels mit dem Titel „Der König und die Nation“ in der Zeitung „Patris“ (vom 08.04.1921) von einem Militärgericht zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt, dann aber nach viermonatiger Haft freigelassen wurde. Im Juni 1922 glänzte er vor dem Gericht in Lamia als Verteidiger einer Politiker-Gruppe um Alexandros Papanastasiu, die wegen ihres antimonarchistischen „Demokratischen Manifests“ vom 12. Februar 1922 verfolgt wurde. Nach dem Militäraufstand vom September 1922 und der Entthronung König Konstantins infolge der schweren Niederlage der griechischen Truppen in Kleinasien nahm er an der Regierung des Führers des Aufstandes Stilianos Gonatas als Innenminister teil (Januar - Oktober 1923) und verfaßte das neue Wahlgesetz. Nach den Wahlen vom Dezember 1923 kam er als Abgeordneter von Lesbos mit der Liberalen Partei in die IV. Nationalversammlung. Er war der Hauptreferent der neuen Verfassung, die unter Ministerpräsident Papanastasiu am 25. März 1924 die Monarchie abschaffte und die Republik proklamierte. Am 15. Juni 1925 trat P. der Regierung des Andreas Michalakopulos als Wirtschaftsminister bei. Die nach dem Putsch vom Juni desselben Jahres errichtete Diktatur des Generals Theodoros Pangalos, der er sich vehement aber erfolglos widersetzt hatte, schickte ihn vorübergehend in die Verbannung. Nach dem Sturz von Pangalos durch Georgios Kondilis (August 1926) kandidierte P. erneut bei den Wahlen vom 7. November 1926 mit der Liberalen Partei und kam als Abgeordneter von Lesbos ins Parlament. An der Regierung des 1928 nach Griechenland zurückgekehrten siegreichen Eieftherios Venizelos nahm er am 2. Januar 1930 als Erziehungsminister teil. In seiner über zweijährigen Tätigkeit (bis zum 26.05.1932) legte er die Grundlagen zu einer modernen, demokratischen Reform des Erziehungs- und Bildungswesens in Griechenland (u. a. Gründung von zahlreichen neuen Schulen, Ausbildung und Einsetzung neuer Lehrer, Einführung der sechsjährigen Schulpflicht und der Volkssprache in den Volksschulunterricht, Gründung des Nationaltheaters). In der kurzlebigen Regierung Venizelos vom Januar bis März 1933 bekleidete er das Verkehrsministerium. Nach dem Sieg der Antivenizelisten bei den Wahlen vom 5. März 1933 und dem neuen Exil des Venizelos gründete er eine eigene Partei, die „Demokratische Partei“, die er 1935 in „Sozialdemokratische Partei“ umbenannte. In den nachfolgenden Wirrjahren kämpfte P. - ohne Erfolg - gegen die Militärputsche und die Versuche der alten Parteiführer zur Wiedereinführung der Monarchie
in Griechenland. Nach dem Putsch des Generals Georgios Kondilis (September 1935) und der Errichtung der Metaxas-Diktatur (04.08.1936) wurde er noch einmal nach Kythera und Andros deportiert (Februar 1938), nach dem Ausbruch des Krieges und dem italienischen Angriff auf Griechenland (28.10. 1940) aber freigelassen. Wegen seiner Tätigkeit gegen die Besatzungsmächte wurde er jedoch von den italienischen Besatzungsbehörden im Februar 1942 erneut verhaftet, und drei Monate später auf Intervention des Erzbischofs Damaskinos wieder freigelassen. Seitdem unterhielt er Verbindung zu den englischen Geheimagenten und wurde zum Instrument der englischen Machtpolitik in Griechenland. So wurde er unter englischer Regie zum Premierminister der in Kairo weilenden griechischen Exilregierung (April 1944) erkoren, kam mit ihr nach Neapel (September 1944) und wurde schließlich nach der Befreiung Griechenlands als Ministerpräsident in Athen eingesetzt (Oktober 1944). Nach der blutigen Zerschlagung der unbewaffneten Manifestationen mit Hilfe der britischen Besatzungstruppen im Dezember 1944 trat er von seinem Amt zurück (Januar 1945). Nach dem Krieg betätigte sich P. bis zu seinem Tod als Berufspolitiker: Er wurde in den verschiedensten Regierungen Wirtschaftsminister und Außenminister (1947), stellvertretender Ministerpräsident, Innen-, Koordinations- und Erziehungsminister (1950-1951). 1952 kandidierte er bei den Wahlen mit General Alexandros Papagos, 1953 arbeitete er mit Sofoklis Venizelos in der „Liberalen Partei“ mit, wechselte dann von einer linken zu einer rechten Partei, weswegen er von seinen politischen Gegnern als „Windmühle“ bezeichnet wurde, bis er 1961 die „Zentrumsunion“ (Enosis Kentru) gründete, die bei den Wahlen vom 3. November 1963 und denjenigen vom 16. Februar 1964 als großer Sieger hervortrat. Sein Kabinett trat am 15. Juni 1965 nach einer Auseinandersetzung mit dem König zurück. Nach dem Militärputsch vom 21. April 1967 wurde er unter Hausarrest gestellt. Er starb in seiner Villa in Kastri bei Athen.

Literatur

Papandreu, Georgios: Kimena. 2 Bde. Athen 1963/64.
Komninos, Konstantinos: Georgios Papandreu. Athen 1965.
Koresis, Konstantinos L.: Georgios Papandreu. I zoi tu. Athen 1966.
Papandreu, Georgios: I zoi mu. 2 Bde. Athen 1971.

Verfasser

Georg Veloudis (GND: 124116787)


GND: 119153572

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Empfohlene Zitierweise: Georg Veloudis, Papandreu, Georgios, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 3. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1979, S. 393-395 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1392, abgerufen am: (Abrufdatum)

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