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Plener, Ignaz von, österreichischer Politiker, * Wien 21.05.1810, † ebd. 17.02.1908.
Leben
P.s josefinischer Zentralismus resultierte aus seiner Abstammung von einer Wiener Beamtenfamilie, seiner juridischen Ausbildung und seiner Tätigkeit als Finanzverwaltungsbeamter in Böhmen (1836-1851 Eger), Ungarn (1851 Budapest, 1854-1859 Preßburg) und Galizien (1859 Lemberg); die deutschböhmische Note erhielt seine Überzeugung in Eger, von dessen Handelskammer er auch in den Prager Landtag und von diesem in das Wiener Abgeordnetenhaus entsandt wurde. Schließlich stieß der 1848 der Revolution Ferngebliebene „auf dem Wege seines Amtes“ in staatsrechtlicher Hinsicht zum Liberalismus: „Die traurige Finanzlage hatte bei ihm wie bei vielen anderen die Überzeugung von der Notwendigkeit verfassungsmäßiger Einrichtungen wachgerufen, ohne welche eine Verbesserung des Staatskredits nicht zu erwarten war“ (Ernst von Plener).
Nach seiner Berufung in den ständigen Reichsrat sowie in den verstärkten Reichsrat 1859 und der Übernahme der Funktion eines „Provisorischen Leiters“ des Finanzressorts (22.04.1860 - 04.02.1861) motivierte P. Kaiser Franz Joseph I. zur Erlassung des Handschreibens vom 17. Juli 1860, wonach künftighin neue Steuern, Erhöhung bestehender Abgaben und Aufnahme von Anleihen nur mit Zustimmung des verstärkten Reichsrates erfolgen sollten. Für ihn, der erst mit Berufung Schmerlings am 4. Februar 1861 sein Ressort als Minister übernahm, garantierte nur die öffentliche Behandlung wichtiger finanzieller Transaktionen die Vertrauenswürdigkeit staatlicher Politik, die durch die verschwenderische Kriegspolitik der vorhergehenden Jahre beim bürgerlichen Publikum stark erschüttert war.
Seine liberale Grundhaltung bewies er, der auch an der Ausarbeitung der Februarverfassung von 1861 teilnahm, in der Diskussion über die Ministerverantwortlichkeit (1861 bis 1862), die er im Sinne einer Rechtfertigungspflicht vor der Öffentlichkeit des Parlaments anerkannte; ohne sie schien ihm die Funktionsfähigkeit des auf Gewaltenteilung basierenden Konstitutionalismus nicht gewährleistet. Trotz seiner liberalen Auffassungen wurde gerade er heftig von der Verfassungspartei kritisiert, da der Widerspruch zwischen den Interessen der Volksvertreter und jenen des kaiserlichen Ministers nicht aufzuheben war: Sein Versuch, Valuta und Staatsschuld in Ordnung zu bringen, war trotz des Großmachtstrebens der alten Führungskräfte des Reiches von partiellem Erfolg begleitet, da ihm in den Bankakten von 1862 eine Regelung des Verhältnisses von Staat und Nationalbank gelang und er schrittweise Staatsschuld und Notenumlauf verminderte und das Silberagio senkte. Das Anliegen der Deutschliberalen, die vorhandenen Ressourcen hauptsächlich Zwecken produktiver Wirtschaftstätigkeit zuzuführen, konnte er aber nicht realisieren; die hinter diesem Anspruch stehende Forderung nach Trennung von Staat und Gesellschaft blieb in Österreichs hochliberaler Zeit nur Programmatik. Am taktisch unklugen Doktrinarismus der Liberalen scheiterte schließlich das Kabinett, der neofeudale föderalistische Antikonstitutionalismus triumphierte. Nach dem reaktionären Zwischenspiel als Handelsminister ins Bürgerministerium ernannt (01.01.1868), dem er bis zu dessen Abgang 1870 angehörte, förderte P. den Bahnbau, erwirkte das Handelskammergesetz und den Handelsvertrag mit dem Zollverein, ebenso eine Nachtragskonvention zum Handelsvertrag mit England. Zusammen mit Justizminister Eduard Herbst brachte er das Arbeiterkoalitionsrecht durch, das sich die proletarischen Massen durch ihre Demonstration 1869 erkämpft hatten.
P. stellte sich auch in den folgenden Jahren entschieden gegen jede föderalistische Politik; ab 13. Oktober 1873 im Herrenhaus, verfocht er stets liberale Wirtschaftsprinzipien und gehörte zu den Feinden des Systems Taaffe.
Literatur
Plener, Ernst von: Ignaz von Plener. In: Biographisches Jahrbuch und deutscher Nekrolog 16 (1908) 262-317.
Ders.: Erinnerungen. Bd 1. Stuttgart, Leipzig 1911.
Schütz, Friedrich: Werden und Wirken des Bürgerministeriums. Leipzig 1909.
Franz, Georg: Liberalismus. Die deutsch-liberale Bewegung in der habsburgischen Monarchie. München 1955.
Pressburger, Siegfried: Das Österreichische Noteninstitut, 1816-1966. Bd I/1-3. Wien 1959-1962.
Die Protokolle des Österreichischen Ministerrats 1848-1867: Einleitungsband von Helmut Rumpler. Wien 1970, 68-70; Protokolle VI. Abt., Bd 2. Wien 1973, LX-LXVII [Charakteristik des in Wien liegenden Nachlasses Pleners durch Horst Brettner-Messler].
Wolf, Mechthild: Ignaz von Plener. Vom Schicksal eines Ministers unter Kaiser Franz Joseph. München 1975.
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