Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Stanojević, Stanoje

Stanojević, Stanoje, serbischer Historiker, * Novi Sad 24.08.1874, † Wien 30.07.1937, Sohn des Arztes Laza St.

Leben

 St. absolvierte die Grundschule und das Gymnasium in seinem Heimatort. Ab 1892 studierte er in Wien bei Vatroslav Jagić und Konstantin Josef Jireček. 1896 promovierte er mit der Dissertation „Die Biographie Stefan Lazarević’s von Konstantin dem Philosophen als Geschichtsquelle“ (in: Arch. slav. Philol. 18 [1896] 409--472). In den Jahren 1897/ 98 hielt sich St. in Rußland auf, vom 1. September 1898 bis 30. Oktober 1899 war er Professor am Serbischen Gymnasium in Istanbul und arbeitete auch am dortigen Russischen Archäologischen Institut bei dem Byzantinisten Fëdor Ivanovič Uspenskij. St. begann damals mit den Studien zu seinem fundierten Werk „Vizantija i Srbi“ (Byzanz und die Serben), das in zwei Bänden 1903 und 1906 in Novi Sad erschien. Zugleich mit dieser bedeutenden Arbeit ist das im Jahre 1912 in Belgrad veröffentlichte Werk „Borba za samostalnost katoličke crkve u Nemanjiiskoj državi“ (Der Kampf um die Unabhängigkeit der katholischen Kirche im Nemanjidenstaat) zu nennen, worin der Autor zu dem Ergebnis kommt, daß der Einfluß der katholischen Kirche im mittelalterlichen Serbien größer gewesen sei als bisher angenommen wurde. Mit seinem kritischen und scharfen Stil bei der Beurteilung anderer historischer Arbeiten schuf sich St. zahlreiche Feinde, und dies führte unter anderem dazu, daß er seine Stellung als Dozent an der Belgrader Hochschule (Velika škola) erst nach einem Zwischenaufenthalt in München (Studien bei dem Byzantinisten Karl Krumbacher) antreten konnte (1900). Im Jahre 1903 wurde St. zum Professor ernannt und im Zuge der Erhebung der Hochschule zur Universität 1905 zum außerordentlichen und 1919 zum ordentlichen Universitätsprofessor bestellt. Schon ab 1905 war er korrespondierendes Mitglied der Serbischen Akademie, 1920 wurde er dann ordentliches Mitglied. Im Jahre 1908 veröffentlichte St. seine „Istorija srpskoga naroda“ (Geschichte des serbischen Volkes, 3. Aufl. 1926), die - ohne wissenschaftlichen Ballast geschrieben - populärwissenschaftlichen Charakter hat. Als Hochschul- und Universitätslehrer beteiligte sich St. aktiv am politischen Leben des Landes und nahm auch an den Balkankriegen und am Ersten Weltkrieg teil. Nach dem Zusammenbruch Serbiens begab er sich über Albanien und Italien (Studien in Rom) nach St. Petersburg, wo er bis zum Ausbruch der Revolution blieb und Vorlesungen hielt. Danach ging er nach Paris und lehrte an der Sorbonne, 1918 unterrichtete er während eines Sommersemesters an der Londoner Universität. Nach Beendigung des Krieges nahm St. als Mitglied der jugoslawischen Delegation an den Friedensverhandlungen in Paris teil. In seine Heimat zurückgekehrt, beschäftigte sich St. dann sehr intensiv mit der serbischen Geschichte unter den Nemajiden (Hauptwerk ,,Sveti Sava“, Belgrad 1935), stellte aber auch seine hervorragenden organisatorischen Fähigkeiten unter Beweis. So erschien unter seiner Leitung die erste jugoslawische Nationalenzyklopädie „Narodna enciklopedija srpsko-hrvatsko-slovenačka“ in vier Bänden (Zagreb 1925/29). Weiters organisierte er die Ausarbeitung einer Übersicht über die serbische Geschichte im 19. Jh. „Srpski narod u XIX veku“, wobei 20 Bände geplant waren. (Es erschienen die Bände 1-10, 15-16 und 18-19, Belgrad 1934/41.) Von dem auf neun Bände berechneten Werk „Istorija srpskoga naroda u srednjem veku“ (Geschichte des serbischen Volkes im Mittelalter) konnte St. nur den ersten Teil des ersten Bandes vollenden, der die historischen Quellen enthält (Belgrad 1937). Auf seine Anregung geht auch die Gründung der Jugoslawischen Historischen Gesellschaft in Novi Sad im September 1927 zurück, die dann ein Jahr später unter seiner Leitung den „Glasnik Istoriskog društva u Novom Sadu“ herausbrachte, die erste rein serbische historische Zeitschrift. St. war auch Leiter wie Herausgeber des „Jugoslovenski Istoriski Časopis“ (ab 1935). St. zählt zu den profiliertesten serbischen Historikern des 20. Jh.s und erweist sich in seinen Arbeiten als Nachfolger der kritischen historischen Forschung im Sinne von Ilarion Ruvarac.

Literatur

Radonić, Jovan: O Stanoju Stanojeviću. In: Letop. Matice srpske 348 (1937) 132-148.
Ćorović, Vladimir: Stanoje Stanojević. In: Jugoslovenski Istoriski Časopis 4 (1938) 1/2, 1-39.
Glasnik Istoriskog društva u Novom Sadu 11 (1938) 3/4 [Gedenkband mit Bibliographie seiner Werke].

Verfasser

Manfred Stoy (GND: 1125126671)


GND: 117212342

Weiterführende Informationen: https://prometheus.lmu.de/gnd/117212342

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Empfohlene Zitierweise: Manfred Stoy, Stanojević, Stanoje, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. Hgg. Mathias Bernath / Karl Nehring. München 1981, S. 168-169 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1681, abgerufen am: (Abrufdatum)

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