Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Stojanov, Zachari

Stojanov, Zachari (Zachari Stojanov Džedev), bulgarischer Publizist und Politiker, * Medven (bei Kotel) 04.06.1851, † Paris 02.09.1889.

Leben

Der in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsene Hirtenjunge machte eine rasante Karriere bis in die Führungsspitze des jungen bulgarischen Staates. Den Weg dorthin ebnete er sich vornehmlich durch seine eigene Initiative: als Jugendlicher rebellierte er gegen die väterliche Gewalt, als Erwachsener kämpfte er gegen die türkische Fremdherrschaft; die erforderliche Bildung erwarb er sich im Selbststudium. Mit der bescheidenen Ausbildung als Schneidergeselle, die man ihm in Ruse (Rustschuk) ermöglichte, gab er sich nicht zufrieden; schon bald nahm er im Lesesaal „Zora“ (Morgenröte) eine Anstellung als Bibliothekarsgehilfe an. Hier am Versammlungsort der Mitglieder des Geheimen Revolutionären Komitees fand er Zugang zu den Idealen des bulgarischen Befreiungskampfes: St. war einer der maßgeblichen Führer des Aufstandes in Stara Zagora (1875). Darauf nahm er an den Vorbereitungen des „April-Aufstandes“ des Jahres 1876 teil. Nach der Befreiung Bulgariens durch den russisch-türkischen Krieg von 1877/1878 arbeitete St. mit den Liberalen um Petko Karavelov zusammen. 1880 erschien in der liberalen Zeitung „Nezavisimost“ (Unabhängigkeit) St.s erster feuilletonistischer Beitrag „Znaš li koi sme?“ (Weißt du, wer wir sind?). Aufsehen erregte seine Erzählung „Iskender bej“ (1882), in der er den bulgarischen Fürsten Alexander von Battenberg in versteckter Form attackierte.
1883 verlegte er sein Betätigungsfeld außerhalb des Donaufürstentums. In Plovdiv, der Hauptstadt Ostrumeliens, arbeitete er fieberhaft für die Vereinigung der immer noch türkischer Oberhoheit unterstehenden „autonomen Provinz“ mit dem Fürstentum Bulgarien. Zeitweilig beteiligte er sich auch an Aufstandsvorbereitungen in Mazedonien, die er jedoch bald zugunsten des aussichtsreicheren Vorhabens in Ostrumelien zurückstellte. Zusammen mit dem von ihm geleiteten Plovdiver Geheimkomitee (Bŭlgarskija taen centralen revoljucionen komitet) initiierte er am 18.(6.) September 1885 einen unblutigen „Staatsstreich“: Der alternde Gouverneur Gavril Krŭstevič wurde von den Empörern abgesetzt und aus Plovdiv entfernt; gleichzeitig wurde die Vereinigung Ostrumeliens mit Bulgarien und Fürst Alexander als Herrscher des gesamten Landes proklamiert. - Nach der Vereinigung stand St. loyal an der Seite des Regenten und Premiers Stefan Stambolov. 1888 zog St. als Abgeordneter von Tŭrnovo ins bulgarische Parlament ein. Wohl kurz darauf wurde er zu dessen Präsidenten gewählt. St. starb in Paris im Alter von kaum 38 Jahren.
St. war nicht nur ein temperamentvoller Politiker, sondern auch ein urwüchsiger Erzähler und leidenschaftlicher Publizist. Er arbeitete, teilweise als Redakteur, an mehreren liberalen Zeitungen mit (Rabotnik 1881, Borba 1885) und schrieb vornehmlich im Feuilleton. - Als Schriftsteller wirkte er grundlegend: Zusammen mit seinem bekannteren Landsmann Ivan Vazov begründete er den Kult der bulgarischen Freiheitskämpfer und des einfachen Volkes. Während Vazov noch seine „Epopöe der Vergessenen“ in gehobenen Versen schrieb, verfaßte St. eine Epopöe in Prosa, in einem ungezwungenen natürlichen Erzählstil, nämlich die dreibändigen, 1884, 1887 und 1892 erschienenen „Zapiski po bŭlgarskite vŭzstanija“ (Aufzeichnungen über die bulgarischen Aufstände). Unter St.s Redaktion erschienen erstmalig die Werke von Ljuben Karavelov und Christo Botev. St. verfaßte selbst die Biographien der bulgarischen Revolutionäre Vasil Levski (1883), Filip Totju, Chadži Dimitŭr, Stefan Karadža (1885) und Christo Botev (1891). Seine Darstellung Botevs gilt als Prototyp des damaligen biographischen Romans in Bulgarien. St.s gesammelte Werke (Sŭčinenija) erschienen in drei Bänden 1965/66 in Sofia.

Literatur

Christov, Christo: Zachari Stojanov. Obštestvena i političeska dejnost. In: God. Sof. Univ., ist.- filol. Fak. 44 (1948) H. 2.
Konstantinov, Georgi: Zachari Stojanov kato publicist i pisatel. Sofija 1952.
Dinekov, Petŭr: Zachari Stojanov. Obštestvenik i pisatel. In: Ders.: Literaturni obrazi. Sofija 1956, 200-217.
Dimov, Georgi: Zachari Stojanov kato literaturen kritik. In: Izv. Inst. bŭlg. Lit. 18/19 (1966) 97- 116.
Popijanov, Ivan: Zacharij Stojanov. Sofija 1969.
Zarev, Pantelej: Epopejata na Zachari Stojanov. In: Plamŭk 13 (1969) 3, 56-67.
Karanfilov, Efrem: Najbŭlgarskoto vreme. Kniga za „Zapiskite“ nach Zachari Stojanov. Sofija 1976.

Verfasser

Hans-Joachim Hoppe (GND: 143931040)


GND: 118618547

Weiterführende Informationen: https://prometheus.lmu.de/gnd/118618547

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Empfohlene Zitierweise: Hans-Joachim Hoppe, Stojanov, Zachari, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. Hgg. Mathias Bernath / Karl Nehring. München 1981, S. 210-211 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1707, abgerufen am: (Abrufdatum)

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