Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Thunmann, Hans Erich

Thunmann, Hans Erich (Johann), schwedischer Historiker, * Thoresund (Sündermanland) 23.08.1746, † Halle 17.12.1778.

Leben

Nach Studien der Theologie, Geschichte und Literatur in Stregnas und Upsala kam Th. als Hauslehrer ins Mecklenburgische und erwarb im Jahre 1769 zu Greifswald die Magisterwürde. 1772 wurde er als Professor der Beredsamkeit und der Philosophie und hierin Nachfolger von Christian Adolf Klotz nach Halle berufen, 1778 ihm auch die Leitung der dortigen Universitätsbibliothek anvertraut. In den zahlreichen Auseinandersetzungen, in denen sich der Göttinger Historiker und Begründer der Osteuropaforschung, August Ludwig Schlözer, mit vielen Kollegen seines Faches verwickelte, war unter diesen allein Th. Schlözer an Kenntnissen der Geschichte und Sprachen der nord- und osteuropäischen Völker ebenbürtig. Im Gegensatz zu Schlözer, der Th.s Widerspruch durch seine offene Geringschätzung der Edda-Sage als Geschichtsquelle herausgefordert hatte, verband Th. recht genaue Kenntnisse aus der Geschichte der nordischen und osteuropäischen Völker mit viel Verständnis für deren Volksüberlieferung und ein lebhaftes und empfindsames Nationalgefühl. Im Jahre 1774 veröffentlichte Th. sein Hauptwerk, die „Untersuchungen über die Geschichte der östlichen europäischen Völker“ (erschienen in Leipzig), in denen er als erster auf die Aromunen und die Geschichte der Balkanvölker näher einging, eine Arbeit, die sich auch auf zahlreiche persönliche Verbindungen Th.s mit Wissenschaftlern und Gewährsleuten aus den Balkanländern stützen konnte. Allerdings war es Th. im Unterschied zu Ludwig Albrecht Gebhardi, auf dessen Werk er einigen Einfluß ausübte, nicht um eine geschlossene und zusammenhängende Darstellung, sondern mehr um die gelehrte Klärung von Einzelfragen zu tun. Verdienstvoll erwiesen sich hier insbesondere Th.s Forschungen zur Frühgeschichte der Albaner und der Rumänen, die er durch seine strenge Quellenkritik erstmals auf eine sichere Grundlage gestellt hat. Die Wlachen bezeichnete Th. als Nachkommen der Thraker, vermischt mit anderen Völkern; nördlich der Donau seien die Thraker als Geten und Daker aufgetreten. Da unter Kaiser Aurelian nicht die gesamte Bevölkerung der Provinz Dazien abgezogen wäre, vertrat Th. die Ansicht, daß die Wlachen seit der Antike in ungebrochener Kontinuität ihre Siedlungen in der Moldau und der Walachei aufrechterhalten haben. Berühmtheit und Aufsehen erlangte Th. zu seiner Zeit durch seine für die Behandlung der Warägerfrage so wichtige Deutung der aus Byzanz überlieferten Namen der Dnjeprfälle, sowie durch seine Entdeckung des völlig in Vergessenheit geratenen und erst 1952 ausgegrabenen altrussischen Fürstentums von Tmutarakan.

Literatur

Hurdubeţiu, Ion: Die Deutschen über die Herkunft der Rumänen. (Von Johann Thunmann bis Ernst Gamillscheg). Bucureşti 1977(2).

Verfasser

Gerhard Seewann (GND: 1069961280)


GND: 104088060

Weiterführende Informationen: https://prometheus.lmu.de/gnd/104088060

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Empfohlene Zitierweise: Gerhard Seewann, Thunmann, Hans Erich, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. Hgg. Mathias Bernath / Karl Nehring. München 1981, S. 315-316 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1780, abgerufen am: (Abrufdatum)

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