Vučić Perišić, Toma, serbischer Politiker, * Barič (?, Bezirk Belgrad) 1787/90, † Belgrad 13.07.1859.
Leben
Nachdem sich V. im ersten und zweiten serbischen Aufstand (1804-1813, bzw. 1815) durch besondere Tapferkeit ausgezeichnet hatte, vertraute ihm Fürst Miloš Obrenovic hohe militärische und administrative Funktionen an. 1825 warf er den von Miloje Djak angeführten Volksaufstand (Djakova buna) gegen die neuen serbischen Machthaber nieder, und in der gegen den Fürsten gerichteten Erhebung von 1835 (Miletina buna) vermittelte er zwischen Miloš und dessen Widersachern. Als ihm Miloš danach seine Gunst entzog und die Opposition gegen die despotische Herrschaft des Fürsten weiter erstarkte, ging V. zur Verfassungspartei (Ustavobranitelji) über und wurde einer ihrer hervorragendsten Führer. 1838 mußte die Hohe Pforte Serbien eine Verfassung gewähren, durch die die absolute Macht des Fürsten, vor allem durch die Einsetzung eines Senats, beschnitten wurde. V. war Mitglied des Senats, warf 1839 eine von Miloš angestiftete militärische Erhebung gegen den Senat nieder und zwang den Fürsten zur Abdankung. Bis zum Eintreffen des neuen Fürsten, Michael Obrenovic, dem er vom Sultan gemeinsam mit Avram Petronijević als besonderer Ratgeber zur Seite gegeben wurde, gehörte V. dem dreiköpfigen Regentschaftsrat an. Mit Michael kam es bald zum Zerwürfnis, und V. mußte 1841 das Land verlassen. 1842 kehrte er jedoch zurück, entfachte den nach ihm benannten Aufstand (Vučičeva buna), vertrieb den durch unpopuläre Maßnahmen unbeliebt gewordenen Michael Obrenovic aus dem Lande, machte den Sohn des legendären Karadjordje, Alexander Karadjordjević, zum neuen serbischen Fürsten und brachte so die Verfassungspartei an die Herrschaft.
V. hatte es als Volkstribun verstanden, die Bauernmassen auf seine Seite zu bringen und erlangte nun als Innenminister eine übermächtige Stellung. Die Interessen der Bauern vertretend setzte er eine Steuerermäßigung durch und befürwortete eine jährlich einzuberufende Volksversammlung, ohne jedoch klarere Vorstellungen von einer demokratischen Regierungsform zu haben. Das entzweite ihn auch von der bürokratisch-oligarchisch regierenden Verfassungspartei. Auf Verlangen Rußlands, der Schutzmacht Serbiens, das wie Österreich mit dieser konstitutionellen Entwicklung unzufrieden war, mußte V. 1843 neuerlich in die Emigration. Nachdem er nach seiner Rückkehr 1844 einen Aufstand der Obrenović-Anhänger auf grausame Weise unterdrückt hatte, wurde ihm der Titel eines Vojvoden verliehen, was ihn zum ersten Mann nach dem Fürsten machte, und als „Kabinettsrat“ (kabinetski savetnik) erlangte er eine Art oberster Kontrolle über alle Regierungsangelegenheiten. Er verstand es jedoch nicht, diese Machtposition wahrzunehmen, opponierte bald gegen den Fürsten und die Regierung, zog sich schließlich beleidigt aus den Staatsgeschäften zurück und wurde 1852 pensioniert. Nach türkischer Intervention kehrte er 1858 als Senatspräsident in die Politik zurück und trug wesentlich zum Sturz von Alexander Karadjordjević durch die Sankt Andreas-Skupština bei. Diese entzog sich jedoch seinem Einfluß und berief gegen seinen Willen Miloš Obrenović zurück an die Macht. Miloš ließ V. sofort in Haft nehmen, wo er - möglicherweise durch Gift - bald starb.
V. war nach Miloš Obrenović und Karadjordje die bedeutendste und wohl auch eine der charakteristischsten Persönlichkeiten in der serbischen Politik der ersten Hälfte des 19. Jh.s. Demagogisch begeisterte er das Volk für den Aufruhr und führte es in der Art des tapferen Hajduken an, ohne es jedoch zu regieren zu wissen.
Literatur
Ranke, Leopold von: Serbien und die Türkei im neunzehnten Jahrhundert. Leipzig 1879.
Jovanović, Slobodan: Ustavobranitelji i njihova vlada. Beograd 1933(3).
Stranjaković, Dragoslav: Vučićeva buna. Beograd 1936.
Ilić, Dragoslav: Toma Vučić Perišić. Beograd 1956.