Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Borbis, Ján Rodolub

Borbis, Ján (Johann) Rodolub, slowakischer evangelischer Pfarrer, * Verbic (Vrbica, Liptauer Komitat) 24.06.1832, † Hameln 18.09.1913, aus einer kleinbürgerlichen Familie.

Leben

B. wurde von dem evangelischen Pfarrer von Liptószentmiklós (Liptovský Svätý Mikuláš) Michal Miloslav Hodža, einem führenden Mann der slowakischen Nationalbewegung, gefördert. 1848-1851 besuchte er die evangelischen Gymnasien in Rosenau und Käsmark, wohl auch, um im erstgenannten Ort magyarisch, in Käsmark hingegen deutsch zu lernen. 1851-1856 war er Lehrer und Levit (Laienprediger) in Menguszfalu (Mengsdorf, Mengušovce), einer slowakischen Zipser Gemeinde. Durch diese Tätigkeit ersparte er auch die Mittel für das Studium der Theologie, dem er 1856-1862 in Wien, Leipzig, Berlin, Rostock und Erlangen oblag. Mit seinem Werk über die evangelischlutherische Kirche Ungarns erlangte er 1862 den akademischen Grad eines Lizentiaten der Theologie, und am 7. Oktober 1863 weihte ihn der Superintendent des Preßburger Distriktes, Karol Kuzmány , in St. Martin i. Turz (Turčianský Svätý Martin) zum evangelischen Geistlichen. Im Dezember des gleichen Jahres wurde B. Pfarrer der Gemeinde Csácsó (Čáčov) im Neutraer Komitat. Trotz eines nur zweijährigen Wirkens gelang es ihm, in der kleinen Gemeinde eine Kirche zu errichten; die Mittel dafür hatte er zum Teil auf einer dreimonatigen Vortrags- und Predigtreise in Deutschland durch Vermittlung des „Gustav-Adolf-Vereins“ gesammelt.
B. war Anhänger des Protestantenpatentes von 1859, durch welches die evangelische Kirche A. B. in Ungarn reorganisiert werden sollte. Dieses Patent wurde von magyarischer Seite heftig bekämpft, während die volksbewußte slowakische evangelische Geistlichkeit dafür eintrat. Als Anhänger dieses Patentes und als Verfasser von Büchern, die in Deutschland die kirchliche Öffentlichkeit über die Magyarisierungsbestrebungen in seiner Heimat unterrichteten, mußte B. dem Druck der Komitatsbehörden weichen. Er ging in das Zentrum des österreichischen Protestantismus, nach Teschen in Österreichisch-Schlesien. Das dortige evangelische Gymnasium wurde damals von einem Slowaken geleitet, dem Štúr-Schüler und Novellisten Ján Kalinčiak. 1866-1870 wirkte B. hier als Religionslehrer. In Teschen fand auch sein Mentor M. M. Hodža seine letzte Zufluchtsstätte und sein Grab.
1870 ging B. nach Deutschland und wirkte als evangelischer Pfarrer in verschiedenen Gemeinden der Hannoverschen Landeskirche. Ab 1899 lebte er im Ruhestand in Hameln. B. war mit Klara Berndorf verheiratet; so wuchsen seine Tochter und sein Sohn, der dann Lehrer in Hamburg war, als Deutsche auf.
B. war auch ein eifriger Mitarbeiter verschiedener Zeitungen und Zeitschriften. 1867-1870 redigierte er die polnische evangelische Zeitschrift „Zwiastun evangeliczny“ (Evangelischer Bote). 1860 publizierte er in den „Noviny Evanjelické cirkevni“ (Evangelische Kirchenzeitung), 1862 in den „Pešt’budínské Vedomosti“ (Pest-Ofener Bekanntmachungen), 1870 in den „Narodnie Noviny“ (Nationalzeitung) und 1863, 1865, 1870 sowie 1901-1908 in den „Cirkevné listy“ (Kirchliche Blätter).
B. ist ein typischer Vertreter des slowakischen Luthertums im 19. Jh. in der Verbindung überzeugter Kirchlichkeit und eines kämpferischen Nationalbewußtseins. Er versuchte durch seine deutschen Werke das evangelische Deutschtum mit der besonders schwierigen Lage der evangelischen Slowaken bekanntzumachen. Seine starke soziale Gesinnung zeigt sich darin, daß der Reinertrag seines 1863 in Erlangen herausgegebenen Werkes für „die neu zu gründenden Lehranstalten unter den evangelischen Slowaken“ bestimmt war und daß er ein Stipendium für evangelische Studierende in Deutschland aus seiner Heimatgemeinde Verbic, gegebenenfalls auch aus andern Teilen der Slowakei, stiftete. Einer seiner Stipendiaten war der Dichter und Politiker Martin Rázus.

Literatur

Borbis, Ján Rodol'ub: Die evangelisch-lutherische Kirche Ungarns in ihrer geschichtlichen Entwicklung nebst einem Anhange über die Geschichte der protestantischen Kirchen in den deutsch-slavischen Ländern und in Siebenbürgen. Nördlingen 1861 (mit einem Vorwort des Leipziger Theologen Ernst Luthardt).
Ders.: Die Märtyrerkirche der evangelisch-lutherischen Slovaken im Jahre des 1000jährigen Jubiläums ihrer Gründung, historisch geschildert. Erlangen 1863.
Ders.: Hochzeitsgebräuche der Slovaken. In: Theol. Z. 4 (1863) 82-120.

Verfasser

Ruprecht Steinacker (GND: 105709166)

GND: 103470365X

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd103470365X.html


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Empfohlene Zitierweise: Ruprecht Steinacker, Borbis, Ján Rodolub, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1974, S. 234-235 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=599, abgerufen am: (Abrufdatum)

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