Čulen, Martin, slowakischer katholischer Geistlicher und Pädagoge, * Brodské (Brockó, Komitat Neutra) 31.05.1823, † Čaka (Cseke, Komitat Bars) 23.01.1894.
Leben
Der proslowakisch eingestellte Bischof von Neusohl (Besztercebánya, Banská Bystrica), Štefan Moyses, ernannte als Patronatsherr des dortigen katholischen Gymnasiums Č. zum Direktor dieser Anstalt. Č. sah hier das Schwergewicht seiner Arbeit in der Anstellung bedeutender slowakischer Gelehrter als Lehrer und entwickelte die Schule zu einem neuen Zentrum der slowakischen Nationalidee. Von den ungarischen Behörden deshalb verfolgt, wurde Č. gezwungen, nach Leutschau (Lőcse, Levoča) zu gehen, wo er bald darauf um seine Pensionierung bat.
Später war Č. wiederum als Direktor im Gymnasium von Kláštor pod Znievom (Znióváralja) tätig. Er führte das kleine katholische slowakische Gymnasium kurzfristig zu einem Höhepunkt, bis die staatlichen Behörden im Zuge ihrer Magyarisierungspolitik 1874 auch diese slowakische Schule geschlossen haben. Č. wirkte dann wieder als Pfarrer in Čaka.
Neben seiner pädagogischen Tätigkeit mußte Č. notwendigerweise auch eine politische Tätigkeit ausüben. Wegen der kulturellen Unterdrückung der Slowaken durch den magyarischen Nationalismus trat Č. der slowakischen Nationalpartei bei. Zum 10. Jahrestag des St. Martiner „Memorandums“ wurde Č. 1871 mit Viliam Pauliny-Tóth und Ján Francisci in den Zentral-Wahlausschuß der Partei gewählt. Dieses Parteigremium hatte Bezirkswahlausschüsse ins Leben zu rufen und mit ihnen die Kandidaten für die Parlamentswahlen zu bestimmen sowie ein entsprechendes Wahlprogramm aufzustellen.
In seiner Eigenschaft als Vorstandsmitglied der „Matica Slovenská“ führte Č. 1870 eine Delegation dieser Institution zur Eröffnung der kroatischen Universität nach Zagreb. Delegationsmitglieder waren noch die ebenfalls katholischen Geistlichen Andrej Radlinský und František Sasinek. In ihren Fest- und Begrüßungsansprachen verherrlichten Č. und der Historiker Sasinek die slowakisch-kroatische Verbrüderung von 1848 und ehrten die Andenken von Banus Baron Jelačić und Štefan Moyses, der kurz vorher gestorben war. Die Folgen dieser politisch naiven Kundgebung waren nur neue Repressalien der magyarischen Führung, und eine tatsächliche Hilfe durch die Kroaten blieb aus.
Č.s literarisches Schaffen erstreckte sich auf zahlreiche politische, kulturelle und religiöse Artikel in verschiedenen westlichen und kirchlichen Zeitschriften. 1854 gab er ein mathematisches Lehrbuch für die 1. und 2. Klasse des Untergymnasiums heraus.
Literatur
Čulen, Konštantín: Martin Čulen. Trnava 1933.
Hrušovský, František: Geschichte der Slowakei. Preßburg 1942.
Mésároš, Július a Ján Dibenský (u. a.): Dejiny Slovenska. Bd 2. Bratislava 1968.
Gogolák: Bd 3.