Eminescu, Mihai, rumänischer Dichter und Schriftsteller, * Botoşani 15.01.1850, † Bukarest 15.06.1889, bäuerlicher Herkunft; seine Vorfahren waren seit dem 18. Jh. in der Bukowina ansässig.
Leben
E. verbrachte seine Kindheit auf dem väterlichen Gut in Ipoteşti bei Botoşani. In den Jahren 1858 bis 1860 besuchte er die deutschsprachige Hauptschule in Czernowitz, und von 1860 bis 1863 absolvierte er die ersten drei Klassen am dortigen Obergymnasium. Die Quellen zu dem zwischen 1863 und 1869 liegenden Lebensabschnitt E.s sind spärlich. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat er im Jahre 1864 die Schauspielertruppe der Ştefania Tardini auf ihrer Tournee durch Siebenbürgen begleitet. Vielleicht hat er in Hermannstadt zwei Gymnasialklassen absolviert. In den Jahren 1865 und 1866 war er zeitweise wieder in Czernowitz immatrikuliert, doch beginnend mit dem Jahre 1866 besuchte er das rumänischsprachige Gymnasium in Blaj (Balázsfalva). In diese Zeit fällt die Veröffentlichung seines ersten Gedichtes in der in Pest erscheinenden Zeitschrift „Familia“ (25.02.1866); seinen Vatersnamen Eminovici änderte er auf Anregung deren Herausgebers Iosij Vulcan in Eminescu um. Nach einem kurzen Zwischenspiel als Theatersouffleur in Bukarest (1869) ging E. anschließend nach Wien, wo er von 1869 bis 1872 als Gasthörer an der dortigen Universität Philosophie studierte.
Während seiner Wiener Studienzeit bildeten sich bei E. erste Ansätze eines politischen und nationalen Engagements heraus: überzeugt von der Notwendigkeit einer Vereinigung Rumäniens mit Siebenbürgen, stellte er jedoch die kulturelle Einheit über die politische Fusion. Im Jahre 1871 gab er zusammen mit seinem Freund, dem Schriftsteller Ioan Slavici, die entscheidenden Impulse zur Gründung der rumänischen Studentenvereinigung „România Jună“ (Das junge Rumänien) in Wien. Von 1872 bis 1874 setzte E. seine Studien in Berlin fort. Die Studienjahre in Wien und Berlin waren eine für den Schriftsteller E. sehr fruchtbare Periode. Während dieser Zeit verfaßte er die Novelle „Cezara“, das Romanfragment „Sărmanul Dionis“ (Der arme Dionysius) und zahlreiche Gedichte wie z. B. „Venere şi Madonă“ (Venus und Madonna), das erste seiner Gedichte, das in den „Convorbiri Literare“, der in Jassy von dem literarischen Zirkel der „Junimea“ herausgegebenen Zeitschrift, erschien.
Titu Maiorescu, der Mentor der „Junimea“, erkannte E.s außergewöhnliche dichterische Begabung und bezeichnete ihn in seinen kritisch-theoretischen Schriften als den idealen Vertreter der „neuen Richtung“ in der rumänischen Poesie. Obwohl Maiorescu, der inzwischen zum Unterrichtsminister der konservativen Regierung avanciert war, E. den Lehrstuhl für Philosophie an der Universität Jassy unter der Bedingung anbot, daß dieser in Berlin seinen Doktorgrad erlange, kehrte der Dichter unverrichteter Dinge in die Moldau zurück. Die Jahre 1874 bis 1876 verbrachte E. dann als Bibliothekar und Schulinspektor in Jassy. Dies war die Zeit der intensivsten dichterischen Aktivität im Leben E.s, der engen Kontakte zum Kreis der „Junimea“ und des Beginns der Freundschaft mit dem Erzähler Ion Creangă.
Nach dem Fall der konservativen Regierung am 1. Juli 1876 verlor E. seine Stellung als Schulinspektor. Im Jahre 1877 siedelte er, einem Aufruf der inzwischen in Bukarest lebenden Mitglieder der „Junimea“ folgend, als Redakteur der konservativen Tageszeitung „Timpul“ in die rumänische Hauptstadt über. Im Anschluß an den russischtürkischen Krieg von 1877/1878, als es in Rumänien zu einer Zuspitzung des Konflikts zwischen den regierenden Liberalen und den Konservativen kam, verfocht auch E. das Ideengut der Konservativen: eine langsame aber stetige Entwicklung des Landes und Angleichung an den Westen ohne Bruch mit bodenständigen Traditionen. In den Jahren seines Aufenthaltes in Bukarest stellte E. seine episch-satirischen Episteln (Scrisori) fertig und veröffentlichte sein berühmtes lyrisch-philosophisches Gedicht „Luceafărul“ (Der Abendstern).
Im Jahre 1883 erlitt E. einen ersten Anfall von geistiger Umnachtung. Die letzten sechs Jahre seines Lebens verbrachte er teils in Sanatorien interniert, teils in Jassy und Bukarest lebend. Seinen Lebensunterhalt bestritt E. aus fremden, auch staatlichen Zuwendungen und aus Subskriptionen zu seinem von Maiorescu edierten Gedichtswerk. E., in dessen Werk Elemente der westeuropäischen und fernöstlichen Philosophie sowie Einflüsse der deutschen und französischen Romantik und der rumänischen Folklore zu einer Synthese vereinigt sind, gilt als der bedeutendste Dichter der rumänischen Sprache.
Literatur
Zaharia, N.: Mihail Eminescu. Bucureşti 1923.
Torouţiu, I. E.: Studii şi documente literare. Bd 1-7. Bucureşti 1931/36.
Călinescu, George: Viaţa lui Mihai Eminescu. Bucureşti 1932 (1964(4)).
Pop, Augustin Z. N.: Contribuţii documentare la biografia lui Mihai Eminescu. Bucureşti 1962.
Munteanu, George: Hyperion. Viaţa lui Eminescu. Bucureşti 1973.