Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Gjalski, Ksaver Šandor

Gjalski, Ksaver Šandor (eigentlich Ljubomir Babić), kroatischer Schriftsteller, * Gredice 26.10. 1854, † ebd. 9.02.1935, Sohn des Rechtsanwalts Tito Babić, mütterlicherseits Abkömmling einer alten Adelsfamilie aus dem kroatischen Zagorje.

Leben

Gj., der in Zagreb und Wien Jura studiert hatte, diente - literarisch-philosophisch gebildet und weitgereist - als juristischer Verwaltungsbeamter in verschiedenen kroatischen Städten, zuletzt in Zagreb. Als persona non grata des seiner Magyarisierungspolitik wegen berüchtigten Khuen-Héderváry-Regimes (1883-1903) war er 1898 vorzeitig pensioniert worden. 1906 und 1913 wurde er als Volksvertreter auf der Liste der kroatisch-serbischen Koalition in das kroatische Parlament gewählt. Er war Mitglied und Präsident der Delegation des kroatischen Landtags im gemeinsamen ungarisch-kroatischen Parlament in Budapest, 1917-1919 Großzupan der Zagreber Gespanschaft, 1919-1920 Mitglied der Provisorischen Volksvertretung in Belgrad. Ab 1920 lebte er auf seinem Landsitz in Gredice.
Nach mehreren unpublizierten Prosaversuchen trat Gj. 1884 in das literarische Leben ein durch seine Erzählung „Illustrissimus Bathorych“ - veröffentlicht in der Zeitschrift „Vienac“ unter dem Namen seines Großvaters mütterlicherseits Ksaver Šandor Gjalski (de Gyála). Von dieser Zeit an erschienen Jahr für Jahr Erzählungen, Skizzen und Romane aus seiner Feder. Er war Mitarbeiter zahlreicher Zeitschriften (Vienac, Hrvatski salon, Mladost, Život, Nada, Savremenik). In der Auseinandersetzung zwischen den „Alten“ und der „Moderne“ in Fragen der Freiheit des künstlerischen Schaffens und der Autonomie der Kunst entschied sich Gj. für die „Moderne“. Gj. wurde von seinem ersten, in manchem autobiographischen Erzählzyklus „Pod starim krovovima“ (Unter alten Dächern, Zagreb 1886) an, wo er mit den verfallenden kroatischen „Adelsnestern“ ein Bild vom Niedergang des kroatischen Feudaladels und seiner Ablösung durch die bürgerliche Gesellschaft zeichnet, als Erbe August Šenoas angesehen, als Schöpfer des kroatischen politisch-sozialen Romans und Initiator einer für die kroatische Literatur bislang weitgehend unbekannten philosophisch-psychologischen Problematik, als Prosaist, dem der Anschluß an die moderne westeuropäische Literatur und die russischen Realisten gelang.
Die als „Kroatisch-ungarischer Ausgleich von 1868“ bekannte Kompromißformel sicherte den ungarischen Finanzmagnaten, unterstützt von dem kroatischen Großbürgertum, den ökonomischen und politischen Vorstoß zur Adria, und gerade diese Periode der Umwälzungen im politisch-ökonomischen und kulturellen Bereich, die Schwierigkeiten, die sich bei der Geburt neuer Gesellschaftsverhältnisse und des entsprechenden politischen Bewußtseins ergaben, spiegeln sich in Gj.s Werk auf eine Weise, die Miloš Savković ihn einen Historiker der kroatischen Gesellschaft nennen ließ. Bei all seinen Mängeln in der literarischen Gestaltung, die ihm in Antun Gustav Matošs ästhetischer Analyse eine negative Bewertung einbrachten, bietet sich in Gj.s Werk ein materialreiches, lebendiges Dokument der politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Verhältnisse im Kroatien des 19. Jh.s. Illyrier, Panslawist, Ausgleichsgegner, Anhänger von Starčevićs Staatsrechtspartei der 90er Jahre, ist er gleichzeitig Stroßmayer-Anhänger, Belgrader Royalist, Mitglied der kroatisch-serbischen Koalition und verfolgter Khuen-Beamter, der im Ersten Weltkrieg ungarischer Großzupan wurde und für die Kriegskostenaufstellung des Grafen István Tisza stimmte. Im Jahrzehnt nach der staatlichen Vereinigung (1918-1928) träumte der enttäuschte jugoslawische Unitarist Gj. in seinem letzten Werk von „einem Bundesstaat der jugoslawischen Länder und Völker, gestaltet nach dem Willen des Volkes“.
Gj. eignet sich bei all seinen Widersprüchen und Peripetien glänzend zur Durchdringung einer historischen Periode, die ohne seine zwei Dutzend meist chronikartigen Bücher mehr als man denkt der Vergessenheit anheimgefallen wäre. Seine gesammelten Werke (Sveukupna djela, 19 Bände) erschienen 1912-1919 in Zagreb.

Literatur

Barac, Antun: K. Š. Gjalski. In: Brastvo 22 (1927) 166-199.
Nevistić, Ivan: K. Š. Gjalski. Zagreb 1928.
Ježić, Slavko: Hrvatska književnost. Zagreb 1944, 292-295.
Štampar, Emil: K. Š. Gjalski. In: Djela. Hrsg. E. Štampar. Bd 1. Zagreb 1952, 7-70.
Frangeš, Ivo: Gjalski prema Šenoi. In: Serta Slavica in memoriam Aloisii Schmaus. München 1971, 167-173.  

Verfasser

Dagmar Burkhart (GND: 12883322X)


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Empfohlene Zitierweise: Dagmar Burkhart, Gjalski, Ksaver Šandor, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 2. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1976, S. 53-55 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=881, abgerufen am: (Abrufdatum)

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