Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Haxhi Zeka

Haxhi Zeka (auch Haxhi Mulla Zeka und Mulla Zeka, in den türkischen Quellen Zejnül Abidin), albanischer Nationalist und Politiker, † Peć 20.02.1902.

Leben

Über H.s politische Aktivität liegt zwar in verschiedenen Archiven verstreut eine Reihe von Angaben vor, über seine Biographie ist aber bisher keine Zeile geschrieben worden. Man weiß, daß er aus der Malesia stammte, nach Mekka pilgerte, reich war und seinen gesamten Besitz der nationalen Sache opferte. Schon früh erlangte er wegen seiner Tapferkeit und seines Scharfsinns große Autorität bei seinen Landsleuten, besonders als er sich gegen die Beys von Peć und Djakovica stellte. Als Vertreter von Peć nahm er 1878 am Kongreß von Prizren teil und wurde bald einer der Führer der albanischen Liga, deren fortschrittlichem Flügel er angehörte. Nach der gewaltsamen Auflösung der Liga wurde es um H. eine Zeitlang ruhig, bis er in den 90er Jahren des vergangenen Jh.s, als es im Wilajet Kosovo zu großen Unruhen kam, wieder auf der politischen Bühne auftauchte. Aus kleinen Rebellionen gegen die Steuermaßnahmen der türkischen Behörden und gegen Rekrutenaushebungen erwuchs 1890-1892 ein Aufstand, der die Albaner in bewaffnete Auseinandersetzungen mit der türkischen Armee verwickelte. Ende Mai 1893 rief H. die Bevölkerung von Peć und Umgebung zum Aufstand auf; die Bewohner des Sandschaks Priština schlossen sich den Aufständischen an. Die türkische Regierung mußte Truppen einsetzen. Nach einigen Gefechten und nach der Zerstörung einer Reihe von Dörfern begann H. mit den Behörden zu verhandeln. Er erklärte, sich nur dem Sultan persönlich ergeben zu wollen und reiste mit fünf seiner Leute (zwei Muslimen, einem Katholiken und zwei Serben) sowie mit sechs Männern, die ihm der Vali von Kosovo zur Begleitung mitgegeben hatte, nach Istanbul. Dort traf er im Dezember 1893 ein und wurde vom Sultan Abdülhamid II. sehr freundlich empfangen. In Istanbul blieb er zwei Jahre in „freiwilliger“ Verbannung. Als er am 15. Oktober 1895 in seine Heimat zurückkehrte, bereiteten ihm seine Landsleute auf dem Wege von Skopje nach Peć einen triumphalen Empfang. Nach einigen Quellen soll H. dann 1897 mit seinen Freiwilligen am griechisch-türkischen Krieg teilgenommen haben.
Als die serbischen, bulgarischen und montenegrinischen Ambitionen auf das Wilajet Kosovo immer unübersehbarer wurden und auch die Mazedonienfrage an Akutheit zunahm, drängten die nationalen Führer der Albaner Kosovos auf die Gründung einer Nachfolgeorganisation der Prizrener Liga. Ihre wichtigsten Initiatoren waren H. und Riza Bey Kryeziu aus Djakovica. Im November 1897 wurde nach Peć eine Versammlung einberufen, an der ca. 500 Delegierte teilnahmen. Auf dieser Versammlung war von für die Albaner akzeptablen Reformen die Rede, von der Verteidigung des albanischen Territoriums gegenüber den Ansprüchen der Nachbarstaaten, davon, daß besonders die österreichisch-ungarische Propaganda bestrebt war, die Beziehungen zwischen Serbien, Montenegro und den Albanern zu verschärfen. Über die Frage, welche Maßnahmen man in Kosovo konkret ergreifen sollte, kam es zu Unstimmigkeiten zwischen H., der für eine Autonomie eintrat, und den übrigen Beys. Man einigte sich darauf, noch einen Kongreß abzuhalten. Dieser Kongreß fand wiederum in Peć vom 26. bis 30. Januar 1899 statt; an ihm nahmen 450 Delegierte aus Kosovo und aus Mazedonien teil. Skutari und Debar waren nicht vertreten, erklärten aber ihre Zustimmung zu den Beschlüssen des Kongresses. Die in Peć versammelten Albaner beschlossen die Gründung einer „Besabesë“ oder „Besëlidhja e Pejës“ genannten Vereinigung. Zum Vorstand dieser Vereinigung wurde H. gewählt, sie wird deshalb in einigen Quellen auch „Albanische Partei Haxhi Zekas“ genannt. Auf dem Kongreß wurde eine Resolution verfaßt, deren wichtigste Punkte beinhalteten: Anerkennung der Oberhoheit des Sultans, die Heranziehung aller 18-40jährigen Männer zum Militärdienst, die Verpflichtung, den türkischen Behörden Steuern zu zahlen, das Verbot der Blutrache, die Aufstellung einer Freiwilligentruppe, die von den Reichen unterhalten und aus den türkischen Magazinen mit Munition versorgt werden sollte, die Auslieferung von Gesetzesbrechern an die Behörden. Die Kommandanten der Freiwilligentruppe sollten Albaner sein; es sollte auch gegen alle vorgegangen werden, die die Raya mißhandelten. Die Ausführung dieser Beschlüsse, die man mit den türkischen Behörden abgesprochen hatte, entsprach der damaligen politischen Wirklichkeit, denn obwohl von allen Seiten die Gefahr der Zerspaltung des albanisch-besiedelten Territoriums drohte, kam es wegen der Autonomieforderungen immer wieder zu Zusammenstößen zwischen Albanern und türkischen Behörden.
Der Kongreß von Peć fand einen großen Widerhall nicht nur unter den Albanern, sondern auch in der europäischen Presse. Am 27. März 1899 wurde in Debar eine neue Versammlung abgehalten, auf der die Beschlüsse von Peć bestätigt wurden. Die Popularität H.s war damals so groß, daß es in einigen Geheimdienstmeldungen hieß, er würde Generalgouverneur des „albanischen Wilajets“ werden, über dessen Bildung man damals viel sprach. Sein Einfluß war so groß, daß auf seine Veranlassung hin der Sultan die Posten der Mutasarrıfs (Bürgermeister) von Peć, Prizren und Priština sowie den des Valis von Kosovo neu besetzte. Der österreichische Konsul in Skopje Gottlieb Pára berichtet, daß H. Beziehungen zu Ismail Qemal Bey Vlora unterhielt. H.s Einfluß war besonders groß bei der Landbevölkerung, bei den Malesoren und den armen Stadtbewohnern. Seine Popularität störte besonders Serbien, dessen diplomatische Vertreter ihn als österreichischen Agenten hinstellten, der ein unabhängiges Albanien unter der Oberhoheit Österreich-Ungarns anstrebte, obwohl H. die österreichische Politik gegenüber den Albanern auf dem Kongreß von Peć ausdrücklich kritisiert hatte.
Im Februar 1901 lud H. erneut die Vertreter aller albanischen Stämme zu einem Treffen ein, das diesmal bei der Türbe Sultan Murads I. auf dem Kosovo polje stattfand. Dort brachte er noch eindeutiger seine Befürchtungen hinsichtlich des Schicksals des Kosovogebietes zum Ausdruck. Die serbische Regierung betrachtete deshalb H. als ihren größten Widersacher und versuchte ihn zu beseitigen. Sie dingte über ihren Konsul in Priština Sima Avramović, einen persönlichen Gegner H.s, den Djakovicer Mehmed Zaimi, der wiederum seinen Sohn Adem, einen türkischen Gendarmen, veranlaßte, H. zu töten; das geschah am 20. Februar 1902 auf dem Markt von Peć. H. wurde im Hof der Moschee Sultan Mehmeds II. Fatih in Peć begraben. Der Mörder wurde den türkischen Behörden übergeben und sollte in Priština abgeurteilt werden, wurde aber wegen der großen Unruhe unter der Bevölkerung zuerst nach Istanbul und dann nach Akka überführt. Die Mitteilung der „Historia e popullit shqiptar“ (Bd 2, S. 258, Ausgabe Priština) entspricht nicht der Wahrheit, wenn sie die Verantwortung für die Ermordung H.s den türkischen Behörden zuschiebt; serbische Geheimdienstmeldungen und andere Quellen bestätigen die obige Darstellung. Der Mörder wurde auf Intervention der serbischen und der russischen Botschaften in Istanbul begnadigt. Adem Zaimi wurde jedoch 1912 auf Anweisung der serbischen Regierung umgebracht, nachdem er die Einlösung der serbischerseits vor der Ermordung H.s gemachten Versprechungen gefordert hatte.
Die Ermordung H.s beendete die albanische Erhebung, die nicht nur Kosovo, sondern auch Debar und einen großen Teil des heutigen Albanien erfaßt hatte.

Literatur

Popović, Janićije: Radi i ne boj se. In: Srpsko Kosovo. Skoplje 1931, Nr. 9.
Stojančević, Vladimir: Društveno-političke prilike medju Arbanasima u Kosovskom vilajetu na početku XX veka i arbanaski otpor protiv turskih reforama 1902/1903 godina. In: Ist. Čas. 11 (1960) 175-212.
Rexha, Zekerija: Rryma politike që udhëhoqi lëvizjen dhe lidhjen e Pejës. In: Konferenca e dytë e studimeve albanologjike II. Tiranë 1969, 60-74.
Kaleshi, Hasan und Ismet Dërmaku: Dokumenta nga arkivi i Vjenës mbi Lidhjen e Pejës. In: Godišnjak arhiva Kosova 4/5 (1971) 149-211.

Verfasser

Hasan Kaleshi (GND: 1084144948)

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Empfohlene Zitierweise: Hasan Kaleshi, Haxhi Zeka, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 2. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1976, S. 133-136 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=941, abgerufen am: (Abrufdatum)

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