Johannes von Capestrano (Capistranus, Kapistran, Kapiszträn), italienischer Franziskaner und Kreuzzugsprediger, * Capestrano (Provinz Aquila, Abruzzen) 24.06.1386, † Újlak (Komitat Syrmien, heute Ilok) 23.10. 1456, Sohn eines im Heere Ludwigs I. von Anjou 1380-1383 nach Italien eingewanderten Barons.
Leben
J. begann 1400 das Rechtsstudium in Perugia, erwarb 1409 das Lizenziat, wurde Rat am königlichen Gerichtshof in Neapel und 1412 Richter in Perugia. Während einer Fehde dieser Stadt mit Carlo Malatesta wurde er gefangen und im Kastell von Brufa eingekerkert, wo er sich unter dem Eindruck von Visionen entschloß, Mönch zu werden. Nach Auflösung seiner Ehe trat er am 4. Oktober 1415 ins Kloster Monteripido bei Perugia ein und wurde in den folgenden Jahrzehnten zum Führer der Franziskanerobservanten (Generalvikar 1443-1446 und 1449-1452). Nachdem sein Versuch einer Reform des Gesamtordens gescheitert war (vgl. die „Constitutiones Martinianae“, veröffentlicht unter Martin V. am 21. Juni 1430 auf dem Generalkapitel in Assisi), sicherte er den Observanten durch eine Bulle Eugens IV. 1446 die praktische Unabhängigkeit von den Konventualen. Neben seinem Freund Bernhardin von Siena, dessen Kanonisa- tion er 1446-1450 durchsetzte, war J. der größte Wanderprediger des ausgehenden Mittelalters. Als Ratgeber der Päpste war er häufig Legat, unternahm Visitationsreisen ins Heilige Land und in die Niederlande, konnte als Schiedsrichter oftmals Frieden vermitteln und setzte sich für den Bau von Spitälern und Kirchen (Aquila) ein. Mit inquisitorischen Vollmachten ausgestattet kämpfte er gegen die Fratizellen und - weniger erfolgreich - gegen die Juden. Auf Wunsch König Friedrichs III. kam J. 1451 nach Steiermark und Österreich, erblickte sein Hauptziel aber bald im Kampf gegen die Utraquisten in Böhmen und gegen die Basler Kompaktaten. Nach Erfolgen in Mähren blieb ihm Prag durch den Widerstand des hussitischen Erzbischofs Jan Rokycana und Georgs von Podiebrad verschlossen, so daß sich J. auf die böhmischen Randgebiete und auf literarische Kontroversen (seine berühmte Hussitenkorrespondenz) beschränken mußte. Bei seinen Predigten in Bayern, Thüringen, Schlesien, Sachsen und Polen hatte er vor allem durch Krankenheilungen großen Zulauf. Ab 1454 widmete J. alle Kräfte der Türkenabwehr. Nach der Teilnahme an den erfolglosen Reichstagen zu Frankfurt am Main (1454) und Wiener Neustadt (1455), auf denen er in seinem Bemühen, die zerstrittenen christlichen Parteien einander näher zu bringen, von Enea Silvio Piccolomini, dem späteren Papst Pius II., unterstützt wurde, durchzog er als Kreuzzugsprediger Ungarn. Als 1456 beim Angriff Sultan Mehmeds II. auf Belgrad János Hunyady vergeblich auf die ungarischen Magnaten und deren Ban- derien wartete, übernahmen die von J. rasch gesammelten Kreuzfahrer die Hauptlast der Verteidigung. Obwohl Hunyady vor dem Sturm der Osmanen auf die zerschossene Stadt eine Abwehr mit den zusammengewürfelten Scharen für unmöglich hielt, gelang es dem Glaubenseifer und der Überzeugungskraft J.’, eine Räumung der Stadt zu verhindern. Selbst während des Sturmes brachte er Verstärkung in die Stadt und ermunterte die Kämpfenden zum Ausharren. Als nach erfolgreicher Abwehr die Kreuzfahrer gegen Hunyadys Befehl einen Ausfall unternahmen, der zur Einnahme der türkischen Batterien führte, beteiligte sich J. selbst daran. Der entscheidende Anteil J.’ an diesem Sieg von europäischer Tragweite wird erst seit kurzem richtig beurteilt. So wie Hunyady, der schon nach wenigen Tagen starb, wurde auch J. von einer Lagerseuche ergriffen, verschied aber erst nach langer Krankheit im Franziskanerkloster zu Ilok. Seine Kanonisation verzögerte sich, vor allem durch den Einspruch des Kardinallegaten Juan de Carvajal, bis 1690. J. war von kleiner, durch häufige Askese völlig abgezehrter Gestalt, aber mit eindrucksvollen Gesichtszügen. Hervorgehoben wird sein südländisches Temperament, das nicht nur in seinem Glaubenseifer, sondern auch auf der Kanzel oft zum Durchbruch kam. Auffallend waren seine unermüdliche Arbeitskraft und sein zähes Festhalten an einmal begonnenen Aufgaben. Der früh bezeugte Beiname „Apostel Europas“ ist heute allgemein üblich geworden.
Literatur
Bölcskey, Ödön: Kapisztrán Szent János élete és kora. 3 Bde. Székesfehérvár 1923/24.
Hofer, Johannes: Johannes Kapistran. Ein Leben im Kampf um die Reform der Kirche. (Bearb. v. Ottokar Bonmann.) 2 Bde. Heidelberg 1964/65(2) (mit Bibliographie).
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