Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Konstantin VII. Porphyrogennetos
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Konstantin VII. Porphyrogennetos

Konstantin(os) VII. Porphyrogennetos (der im Purpursaal geborene), byzantinischer Kaiser 913-959, * Konstantinopel 905, † auf der Reise nach Bithynien 9. XI. 959, Sohn Leons VI. und dessen vierter Gemahlin Zoe Karbonopsina.

Leben

Nach dem Tode Leons VI. (912) ging die Herrschaft auf dessen jüngeren Bruder Alexander über (f 913). Dessen Nachfolger war der junge K., dem jedoch eine Regentschaft beigegeben wurde, in der sich viele Gegner seines verstorbenen Vaters befanden, wie z. B. der von Alexander aus der Verbannung zurückgerufene Patriarch Nikolaos Mystikos. Die Verschwörung des Domestikos der Scholen, Konstantin Dukas, bedrohte die Herrschaft K.s ebenso wie der Machtkampf zwischen dem Heerführer Leon Phokas und dem Flottenbefehlshaber Romanos Lakapenos, der schließlich die Macht an sich riß und sich 920 zum Kaiser krönen ließ. K. behauptete zwar die Würde des Mitregenten, doch Romanos I. war bestrebt, den Thron für seine eigene Familie dynastisch abzusichern: so hatte er schon 919 seine Tochter Helene mit dem jungen K. verheiratet und ernannte im Laufe der nächsten Jahre seine drei älteren Söhne ebenfalls zu Mitregenten und den jüngsten (Theophylaktos) zum Patriarchen von Konstantinopel. Nach 25jähriger Herrschaft Romanos’ I. erhoben sich jedoch 944 seine eigenen Söhne gegen ihn - wahrscheinlich von K. angestiftet - und verbannten ihn. Wenige Tage danach ließ K. seine Schwäger gefangennehmen; sie fanden in der Verbannung einen kläglichen Tod. Am 27. Januar 945 wurde K. Alleinherrscher. Am byzantinischen Hof fand ein Szenenwechsel statt: nach der Lakapenenherrschaft gewann jetzt die Familie Phokas Bedeutung. Die Maximen des Reidis blieben unter K. unverändert, wobei er stark von seiner Gemahlin Helene beeinflußt wurde. Hatten das byzantinische Reich nach Leons VI. Tod namentlich die Kämpfe mit den Bulgaren schwer erschüttert, die erst nach dem Tod des Bulgarenzaren Simeon 927 und der Heirat zwischen dessen Sohn Petŭr und einer Enkelin Romanos' I. ein Ende fanden, so erlebte Byzanz unter K.s Alleinherrschaft dank dessen friedlicher Politik und Diplomatie eine relativ ruhige Zeit; nur an der Ostgrenze des Reiches kämpfte er - mit wechselndem Erfolg - weiter gegen die Araber und den Islam und eröffnete eine vergebliche Offensive gegen die Korsareninsel Kreta. Zwischen 943 und 959 herrschte Pvuhe an der ungarischen Grenze, bestanden freundschaftliche Beziehungen zum Bulgarenzaren Petŭr. Man knüpfte Handelsbeziehungen mit den Russen an (957 Aufenthalt der russischen Fürstin Olga am byzantinischen Hof), womit eine Epoche freundschaftlicher byzantinisch-russischer Kontakte begann und zugleich, durch die vorher erfolgte Taufe der russischen Fürstin, die christliche Mission in Rußland neuen Aufschwung erfuhr. Die Herrschaft K.s zeitigte einen regen Verkehr mit auswärtigen Höfen und den Austausch von Gesandtschaften, so z. B. mit dem Omajadenkalifen Abd-ar-Rahman III. von Córdoba und mit Kaiser Otto dem Großen. K. war freilich weniger Staatsmann, denn gelehrter Literat. Dennoch war er kein weltfremder Gelehrter, sondern sozialen Fragen durchaus aufgeschlossen, wie seine Gesetze über Kleingrundbesitz und die Soldatengüter zeigen. Als Schriftsteller vertrat er eine Strömung, die in Byzanz seit dem 9. Jh. (vor allem Arethas von Kaisareia) sich um die Rettung und Sammlung antiker und byzantinischer Literatur bemühte. K. bewegten hierbei freilich auch politische Motive: so befaßte er sich namentlich mit Werken, die sich mit byzantinischer Diplomatie und oströmischem Hofzeremoniell auseinandersetzten. Seine 945-959 entstandenen Exzerptensammlungen sind Auszüge aus solchen Werken alter Schriftsteller, zu deren Überarbeitung er einen Stab von Gelehrten beschäftigte, so daß heute schwer bestimmbar ist, ob eine Arbeit von K. selbst oder von einem seiner Mitarbeiter stammt. Als K.s bedeutendstes Werk gilt „De administrando imperio“, eine Art Fürstenspiegel, den er seinem Sohn widmete. Im Vorwort erteilt K. Maximen für ein erfolgreiches Herrscherwirken und erbittet anschließend Gottes Segen für die Regierung seines Sohnes. Die Schrift behandelt vornehmlich das Verhältnis der anderen Völker zum byzantinischen Reich, deren ethnologische, geschichtliche und geographische Eigenart, sowie die Struktur des byzantinischen Reiches. Das sorgfältig gegliederte Werk weist Widersprüche auf, welche darauf schließen lassen, daß es eine lockere Synthese von Aufzeichnungen aus den verschiedensten Quellen ist. Die einzelnen Teile sind zu unterschiedlichen Zeiten, etwa zwischen 948 und 952, abgefaßt. Nach einer neuen Theorie wollte K. ursprünglich eine Abhandlung „Über die Völker“ schreiben, die er dann für den didaktischen Teil dieses Werkes verwendet hat. Diese Schrift, die persönlichen und geheimen Charakter hat, ist offensichtlich während der ganzen byzantinischen Ära unveröffentlicht und unbekannt geblieben. Es existiert lediglich eine einzige vollständige Handschrift aus dem Mittelalter. Die Quellen, die K. benutzt hat, sind nur zum Teil bekannt, z. B. die Chronik des Theophanes, des Georgios Monachos, des Stephanos von Byzanz, sowie Urkunden, Gesandtschaftsberichte und mündliche Tradition. Nebenbei streut er immer wieder wertvolle Nachrichten über vom Thema abweichende Zusammenhänge, wie über die Erfindung des „griechischen Feuers“, ein. Ein weiteres Werk K.s ist die „Vita Basilii", die Lebensgeschichte seines Großvaters Basileios I. K. verherrlicht darin seinen Großvater als Ideal des Staatenlenkers. Der Stil ist stark von antiken Biographen wie Isokrates und Plutarch beeinflußt. Als Quellen dieses um 950 entstandenen Werkes dienten mündliche und schriftliche Vorlagen. Das aus verschiedenen Abschnitten unterschiedlicher Herkunft bestehende Sammelwerk „De cerimoniis“ befaßt sich eingehend mit dem byzantinischen Hofzeremoniell. Der Titel ist neuzeitlich. Die griechische Überlieferung benennt sich anspruchsloser „Syntagma“ (d. i. Kompendium). In der heutigen Form kann es nicht aus der Zeit K.s stammen (im 2. Buch, Kap. 42 wird erwähnt, daß K. in der Apostelkirche bestattet ist), sondern ist sicher erst später von einem unbekannten Redaktor ergänzt worden. Mit Sicherheit kann K. nur der persönlich an seinen Sohn Romanos adressierte Teil zugeschrieben werden, dessen Entstehungszeit zwischen 952 und 959 liegt. Ein unschätzbares Handbuch der militärischen und administrativen Gliederung des byzantinischen Reiches verkörpert schließlich ein Jugendwerk K.s, die Schrift „De thematibus“, entstanden zwischen 920 und 930. Dieses Werk stellt die wichtigste Quelle für die frühmittelalterliche byzantinische Reichsverwaltung dar, nicht zuletzt dank der eingehenden Detailberichte auch über die Topographie und Geographie des oströmischen Reiches, welche allerdings mehr die Verhältnisse des 6. Jh.s schildern, dagegen für die spätere Zeit nur hin und wieder Nachrichten vermitteln. Der Schluß des Traktats ist heute verloren, der Text durch zahlreiche Korruptelen beeinträchtigt. K.s Werke sollten, wie schon angedeutet, zur Unterweisung seiner Nachfolger dienen, insbesondere seines Sohnes Romanos, auf dessen Erziehung er großen Wert legte und der, ab 945 Mitkaiser, nach K.s Tod 959 als Romanos II. den Thron bestieg. Durch seine Exzerptensammlungen hatK. der Nachwelt unschätzbare Fragmente verlorengegangener Werke antiker Schriftsteller erhalten. Seine Schriften sind darüber hinaus eine wichtige Quelle zur Geschichte der Slawen (Bulgaren, Serben, Kroaten und Russen) und Ungarn der Zeit vom 6. bis 10. Jh.

Literatur

Bekker, Immanuel: Theophanes continuatus, Ioannis Cameniata, Symeon magister, Georgios monachus. Bonn 1838, 211-353.
Pertusi, Agostino (Hrsg.): Costantino Porfirogenito de thematibus. Città del Vaticano 1952.
Treitinger, Otto: Die oströmische Kaiser- und Reichsidee nach ihrer Gestaltung im höfischen Zeremoniell. Darmstadt 1956(2).
Moravcsik: Bd 1, 356-390.
Moravcsik, Gyula und Romilly Jenkins: Constantine Porphyrogenitus. De administrando imperio. Washington 1966(2).
Toynbee, Arnold: Constantine Porphyrogenitus and his world. London 1973.

Verfasser

Peter Wirth (GND: 132882191)


GND: 119022397

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Empfohlene Zitierweise: Peter Wirth, Konstantin VII. Porphyrogennetos, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 2. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1976, S. 458-460 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1167, abgerufen am: (Abrufdatum)

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