Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Manuel II. Palaiologos
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Manuel II. Palaiologos

Manuel II. Palaiologos, byzantinischer Kaiser 1391-1425, * Konstantinopel 27.06.1350, † ebd. 21.07.1425, zweiter Sohn Kaiser Johannes’ V. Palaiologos und seiner Gemahlin Helene Kantakuzene, Tochter JohannesVI. Kantakuzenos.

Leben

Von Anfang an ist die Biographie M.s geprägt von der zunehmenden äußeren Bedrohung des auch innenpolitisch von Gegensätzen geschwächten byzantinischen Restreiches durch die Osmanen und die Bemühungen der Byzantiner, dagegen Hilfe, vor allem im Westen, zu suchen. So sollte M. bereits im Alter von 5 Jahren als Unterpfand der zur Erlangung westlicher Hilfe gemachten Unionsversprechen seines Vaters an den Hof Papst Innozenz VI. (Avignon) gesandt werden; der Plan wurde jedoch nicht realisiert. Anders 1366: Damals blieben M. und sein Bruder Michael nach Verhandlungen Johannes V. am ungarischen Hof in gleicher Sache für einige Monate in Buda als Geiseln zurück. - Bevor Johannes V. 1369 zu erneuten Verhandlungen nach Italien aufbrach, erhielt M. als „Despotes“ Thessalonike als Apanage und konnte von hier aus seinem Vater im Winter 1370 zu Hilfe kommen, als dieser wegen Zahlungsunfähigkeit in Venedig an der Rückreise nach Konstantinopel gehindert wurde. Den Zusammenbruch der serbischen Herrschaft in Makedonien nach der Niederlage an der Marica nutzte M. zur Erweiterung seines Herrschaftsgebietes u. a. mit der Eroberung von Serres (November 1371). Nach der mißglückten Rebellion seines Bruders Andronikos (IV.) gegen Johannes V. wurde M. am 25. September 1373 zum Mitkaiser seines inzwischen Vasall Murads I. gewordenen Vaters gekrönt, doch gelang Andronikos im August 1376 mit genuesischer und osmanischer Hilfe der Gegencoup: Johannes V., M. und sein Bruder Theodor wurden gefangengesetzt, kamen jedoch 1379 wieder frei. Im selben Jahr noch nahmen Johannes V. und M. mit osmanischer und venezianischer Hilfe Konstantinopel wieder in Besitz. Als bei der späteren Einigung Johannes’ mit Andronikos M. übergangen wurde, ging er Ende 1382 heimlich zurück nach Thessalonike, wo er bis 1387 als unabhängiger Kaiser regierte, von dem „Kaisar“ Alexios Angelos in Trikkala ebenso als Suzerän anerkannt wie vom epirotischen Despotes Thomas Preljubović. Sein Herrschaftsgebiet wurde durch die fortschreitende türkische Eroberung allmählich auf Thessalonike selbst eingeschränkt (Fall Serres’ 19.09.1383) und am 6. April 1387 verließ M. die eingeschlossene Stadt, die sich am 9. den Osmanen ergab. Auf seiner Flucht gelangte M. über Lesbos, Tenedos und einen Aufenthalt an Murads Hof in Brussa zurück nach Konstantinopel, wurde aber von Johannes V. wohl wegen Unstimmigkeiten über die Türkenpolitik ins Exil nach Lemnos geschickt, wo er bis Ende 1389 blieb. Nach Konstantinopel zurückgekehrt, konnte er diesmal gegen Johannes VII. (Sohn des 1385 gestorbenen Andronikos IV.) seine und seines Vaters Herrschaft behaupten, mußte aber als Garant der osmanischen Vasallität Johannes’ V. dem neuen Sultan Bayezid I. Kriegsdienst in Anatolien leisten. Diese Pflicht hatte M. auch, nachdem er im März 1391 Nachfolger seines verstorbenen Vaters geworden war. In der Zeit seines dortigen, ca. einjährigen Aufenthaltes fanden auch M.s später schriftlich niedergelegten Dialoge mit einem muslimischen Theologen („Muterizes“) statt, die sich durch Toleranz beider Seiten auszeichnen und zugleich seine hohe, insbesondere theologische Bildung bezeugen. Wieder in Konstantinopel, heiratete M. am 10. Februar 1392 die serbische Adlige Helene Dragaš und wurde am folgenden Tag zum Kaiser gekrönt. Das weitere Vordringen der Osmanen (seit 1394 Belagerung Konstantinopels, 1396 Niederlage des Kreuzheeres bei Nikopolis, 1397 osmanische Einfälle in Zentralgriechenland und die Morea) veranlaßten M. zur Entsendung Hilfe erbittender Delegationen an den Papst und verschiedene westliche und östliche Höfe, schließlich reiste M. aber selbst im Dezember 1399 in den Westen, nachdem er mit seinem Rivalen Johannes VII. ausgesöhnt worden war. Von der kulturhistorisch bedeutsamen Reise, die ihn über Venedig bis nach Paris und London geführt hatte, kehrte M. zurück (Juni 1403), ohne nennenswerte Hilfe erhalten oder zugesagt bekommen zu haben. Inzwischen war Bayezid von Timur bei Ankara 1402 geschlagen worden, so daß eine unmittelbare Bedrohung bis zum Tode Mehmeds I. (1421) nicht mehr bestand. M. bestätigte den Vertrag, den Johannes VII. mit Bayezids Nachfolger Süleyman Çelebi geschlossen hatte und der u. a. die Rückgabe Thessalonikes vorsah, das Johannes VII. als Herrschaftsgebiet erhielt (Oktober 1403). Nochmals versuchte M., über das Bündnis mit Venedig hinaus Kontakte zum Westen zu knüpfen, doch führten sie auch diesmal weder zur Union noch zu größeren konkreten Hilfsleistungen (Gesandtschaft des Manuel Chrysoloras 1408-1410 u. a. nach Frankreich, England, Spanien). Daneben kümmerte sich M. um die Provinzen: 1408 sicherte er seinen Söhnen Andronikos und Theodor die Herrschaft in Thessalonike (nach dem Tod Johannes VII.) bzw. in der Morea (nach dem Tod seines Bruders Theodor), veranlaßte während eines von 1414 bis März 1416 dauernden Aufenthalts in der Provinz u. a. den Wiederaufbau der justinianischen Hexamilion-Mauer über den Isthmos von Korinth zum Schutz gegen die Osmanen (ein Unternehmen, das den Philosophen Georgios Gemistos Plethon zu seinen Reformvorschlägen anregte) und unterdrückte einen dortigen Archontenaufstand (1415). Seitdem im Januar 1421 M.s Sohn Johannes VIII. als Mitkaiser bestätigt war, zog sich M. langsam aus der Politik zurück, erlebte aber noch den neuen Kriegsausbruch zwischen Byzanz und den Osmanen (wegen der byzantinischen Einmischung in die Nachfolge Süleymans), somit die Belagerung Konstantinopels 1422, den Verkauf des wieder belagerten Thessalonike an Venedig (September 1423) und den verlustreichen Frieden mit Murad II. (1424). M. starb, wie Manuel I., als Mönch Matthaios und wurde auch im Pantokratorkloster beigesetzt. Mehr als diese biographischen Daten könnten allerdings die Zeugnisse seiner Zeitgenossen in Verbindung mit M.s außergewöhnlich reicher, Traktate, Reden und zahlreiche Briefe (insbesondere an seine gelehrten Freunde Demetrios Kydones, quasi sein geistiger Mentor, Nikolaos Kahasilas, Manuel und Demetrios Chrysoloras und andere) umfassenden literarischen Hinterlassenschaft Sympathie und Interesse erklären, die seiner Persönlichkeit stets neu entgegengebracht werden.

Literatur

Barker, John W.: Manuel II Palaeologus (1391-1425). A Study in Late Byzantine Statemanship. New Brunswick 1969 (mit Bibliographie).
Vacalopoulos, Apostolos E.: Origins of the Greek Nation. The Byzantine Period, 1204-1461. New Brunswick 1970, passim.
Dennis, George T.: Official Documents of Manuel II Palaeologus. In: Byzantion 41 (1971) 45-58.
Loenertz, Raymond J.: L’exil de Manuel II Paléologue à Lemnos, 1387-89. In: Orient. Christ. Period. 38 (1972) 116-140.
Nicol, Donald M.: The Last Centuries of Byzantium 1261-1453. London 1972, 269-356 (mit Bibliographie).
Schreiner, Peter: Chronologische Untersuchungen zur Familie Kaiser Manuels II. In: Byzant. Z. 63 (1970) 285-299.
Vacalopoulos, Apostolos E.: History of Macedonia 1354-1833. Thessalonike 1973, passim.
Wessel, Klaus: Manuel II. Palaiologos und seine Familie. Zur Miniatur des Cod. Ivoires A 53 des Louvre. In: Beiträge zur Kunst des Mittelalters. Festschrift für H. Wentzel zum 60. Geburtstag. Berlin 1975, 219-229.
The Letters of Manuel II Palaeologus. Text, Translation and Notes by George T. Dennis. Washington 1977.

Verfasser

Günter Prinzing (GND: 1062916441)


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Empfohlene Zitierweise: Günter Prinzing, Manuel II. Palaiologos, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 3. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1979, S. 91-93 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1290, abgerufen am: (Abrufdatum)

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