Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Melas, Pavlos
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Melas, Pavlos

Melas, Pavlos (Pseudonyme: Mikis Zezas, Pavlos Dedes), griechischer Offizier, * Marseille 29.03.1870, † Statista (heute nach ihm benannt: Melas) 26.10.1904.

Leben

M. entstammte einer international verzweigten und tätigen Großkaufmannsfamilie. Sein Vater Michail M. wickelte Geschäfte im Osmanischen Reich und im westlichen Mittelmeerraum ab und wurde zum Abgeordneten und Bürgermeister von Athen gewählt, der Vater seiner Mutter Eleni war Inhaber des Odessaer Handelshauses Vutsina. Sein Großvater Georgios M. war Mitglied des Verschwörerbundes Filiki Eteria; der Bruder seines Vaters, Leon M., ist als Minister und Verfasser des „Gerostathis“, einer lehrhaften Geschichtsanthologie, bekannt geworden. Aus patriotischer Begeisterung entschied sich M. 1886 für die Offizierslaufbahn. 1891 wurde er zum Leutnant der Artillerie befördert und trat bald darauf wie viele jüngere Offiziere seiner Generation in die konspirative Nationale Gesellschaft (Ethniki Eteria) ein, in der auch sein Vater als Vorsitzender des Spendenkomitees tätig war. Diese Organisation agitierte gegen die als Verrat gebrandmarkte, weil nicht aggressive Außenpolitik von Regierung und Krone und wollte die gewaltsame Befreiung der Griechen von der osmanischen Herrschaft in Europa herbeiführen. In ihrem Auftrag beteiligte sich M. 1897 an der Aufstellung von Partisanengruppen, deren Aktivitäten an der Nordgrenze zu den unmittelbaren Anlässen des zu einer schweren Niederlage Griechenlands führenden Krieges mit dem Osmanenreich 1897 gehörten. Seine Heirat mit der Tochter des Stefanos Dragumis, Natalia (1892), gab ihm neue Möglichkeiten, für irredentistische Ansprüche einzutreten, die sich jetzt immer stärker gegen die slawische, insbesondere bulgarische Unabhängigkeits- und National Bewegung sowie die Tätigkeit der IMRO richteten: Der Bruder seines Schwiegervaters, Markos Dragumis, leitete das Hilfskomitee für die Mazedonier und gab das „Bulletin d’Orient“, ein Sprachrohr des griechischen Nationalismus, heraus; der Schriftsteller Ion Dragumis, der Bruder seiner Frau, konnte als Konsul in Monastir (Bitola) 1902-1904 griechische Gruppen in Mazedonien organisieren. 1903 beschloß die Regierung, M. und drei weitere Offiziere zur Sondierung der Verhältnisse und zur Organisation des Bandenkrieges insgeheim nach Mazedonien zu entsenden. Nach zwei Aufenthalten (Februar/März und Juli 1904) in dem von blutigen Volkstumskämpfen terrorisierten Gebiet fiel er bei einer dritten Reise (August-Oktober 1904), die er im Auftrag des Griechischen Mazedonischen Komitees als Chef der um Monastir und Kastoria operierenden Banden unternahm, in einem Gefecht seiner Freischar mit einem türkischen Kommando. Die Nachricht vom Tode des Sohnes einer der vornehmsten griechischen Familien im Kampf für die nationalen Ideale rief in Griechenland eine große Anteilnahme hervor, die in einem Gedicht von Kostis Palamas, einem neugriechischen Lyriker von literarischem Weltrang, bleibenden Ausdruck gefunden hat. In Mazedonien löste sein Tod fanatische Reaktionen aus: In einem Racheakt vernichteten griechische Banden 1905 das bulgarische Dorf Zagoricani bei Kastoria.
Die wenigen bekannten Zeugnisse, die über seine Persönlichkeit Aufschluß geben, lassen deren widersprüchliche Züge hervortreten. Seine Kameraden in der Offiziersschule und dem Militär hängten ihm den verächtlichen Spitznamen „der Kalte“ an, doch ließ er sich als Kadett von der spöttischen Anspielung eines Abgeordneten im Parlament auf den Reichtum seines Vaters zu einem Exzeß hinreißen und schlug ihn auf offener Straße zusammen, was ihm drei Monate Haft eintrug; mit Leidenschaft und Begeisterung zog er in den „Mazedonischen Kampf“ und gestand doch in Briefen an Vertraute, daß ihn die Bedingungen dieses Kampfes: Terror und Mord, abstießen.

Literatur

Vlachos, Nikolaos: To Makedonikon os fasis tu Anatoliku zitimatos 1878-1908. Athen 1935.
Notaris, Ioannis S.: Pavlos Melas. Viografia. Thessaloniki 1955.
Maraveleas, G.: Pavlos Melas. Thessaloniki 1959.
Mela, Natalia: Pavlos Melas. Athen 1963(2).
Dakin, Douglas: The Greek Struggle in Macedonia. Thessaloniki 1966. = Institute for Balkan Studies. 89.

Verfasser

Gunnar Hering (GND: 1078119694)

GND: 141345756

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd141345756.html


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Empfohlene Zitierweise: Gunnar Hering, Melas, Pavlos, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 3. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1979, S. 155-156 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1331, abgerufen am: (Abrufdatum)

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