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Milaš, Nikodim (eigentlich Nikola), serbischer orthodoxer Bischof der Eparchie Dalmatien und Istrien, Kirchenrechtler und Historiker, * Šibenik 04.04.1845, † Dubrovnik 20.03.1915. M.s Vater Trifun S. Milaš war orthodoxer Serbe, seine Mutter Maria Valsamoni war Italienerin und Katholikin, die vor ihrer Heirat in die orthodoxe Kirche übergetreten war.
Leben
M. besuchte die italienische Grund- und Mittelschule in Šibenik und machte 1863 das Abitur am italienischen Gymnasium von Zadar. Anschließend studierte er von 1863 bis 1866 Theologie am Priesterseminar von Karlowitz (Sremski Karlovci). Auf Veranlassung seines Freundes und Förderers, des bedeutenden Bischofs der dalmatinischen Eparchie, Stefan Knežević, hörte er ein Jahr lang philosophische Vorlesungen in Wien. Von 1867 an widmete sich M. dem Studium des Kirchenrechts an der Geistlichen Akademie in Kiev, das er 1871 mit dem Grad eines Kandidaten der Theologie abschloß. 1874 legte er ebenfalls in Kiev seine Magisterdissertation vor, die das Thema behandelte: „Dostojanstva u pravoslavnoj crkvi po crkvenopravnim izvorima do XIV veka“ (Die geistlichen Ämter in der orthodoxen Kirche nach den kirchenrechtlichen Quellen bis zum 14. Jh., Pančevo 1879). Nach Abschluß der Studien in Kiev verbrachte er zwecks Vervollkommnung seiner griechischen Sprachkennt- nisse ein Jahr an der theologischen Hochschule auf der Insel Halki (Heybeliada) bei Istanbul. 1871 wurde M. zum Lehrer für Kirchenrecht und praktische Theologie an das Priesterseminar von Zadar bestellt. Dort unterrichtete er insgesamt bis 1890, zunächst als Professor, aber bald als Rektor. M.s Tätigkeit in Zadar wurde unterbrochen, als er im August 1876 nach Belgrad gerufen wurde, um dort die Leitung und Reorganisation des Priesterseminars zu übernehmen. Das Anerbieten, ganz in Belgrad zu bleiben, lehnte er ab und kehrte 1878 nach Zadar zurück. Bald nach seiner Einsetzung als Lehrer in Zadar wurde M. Mönch. Weihnachten 1873 schloß er sich der Gemeinschaft des Klosters Dragović (bei Knin) an und erhielt den Namen Nikodim. Noch im selben Jahr wurde er zum Diakon und zwei Jahre später zum Priester geweiht. 1880 wurde er zum Archimandriten des Klosters Dragović gewählt. 1890 wurde M. als Nachfolger Stefan Kneževićs zum Bischof der dalmatinischen Eparchie gewählt. Am 16. September 1890 weihte ihn der Metropolit von Černovic (Černovcy), dem damals die orthodoxen Gemeinden des österreichischen Dalmatien unterstanden, Silvestar Morar Andrejević, zusammen mit dem Bischof von Boka Kotorska, Gerasim Petranović, in Wien zum Bischof. Am 7. Oktober 1890 wurde er in Zadar inthronisiert. Als Bischof war M. besonders an einer gründlichen Ausbildung des Klerus gelegen. Er forderte von jedem Priesterkandidaten den erfolgreichen Abschluß eines Gymnasiums. Für die orthodoxe Kirche Dalmatiens gab er von 1892 bis 1914 die amtliche Zeitschrift „Glasnik pravoslavne eparhije dalmatinsko-istrijske“ heraus, die er selbst redigierte. Von seinem hohen Ansehen als Vorsteher seiner Diözese zeugt die Tatsache, daß ihm die serbische königliche Regierung in Belgrad 1905 das Amt des Metropoliten von Serbien anbot, das er aber ablehnte. 1908 war er Kandidat für das Amt des Patriarchen von Karlowitz, mächtige ungarische Kreise verhinderten jedoch seine Wahl. Als Wissenschaftler war M. schon in jungen Jahren über die Grenzen des serbokroatischen Sprachraumes hinaus bekannt. 1875 vertrat er die serbische Kirche auf der interkonfessionellen Theologenkonferenz, zu der die altkatholische Kirche nach Bonn eingeladen hatte. 1881 wurde er Ehrendoktor der Orthodoxen Theologischen Fakultät von Černovic. Er wurde im Laufe seines Lebens Mitglied verschiedener wissenschaftlicher Gesellschaften aller orthodoxen Kirchen, korrespondierendes Mitglied der Serbischen Akademie der Wissenschaften, ordentliches Mitglied der Gesellschaft für die neue Geschichte Österreichs, Ehrenmitglied der Petersburger und der Moskauer Geistlichen Akademien. Im Werk M.s bilden die Arbeiten auf dem Gebiet des Kirchenrechts die wichtigste Gruppe. Seine Kenntnis der griechischen und lateinischen Sprache ermöglichte ihm ein gründliches Quellenstudium. Ihm lag daran, die Rechtsquellen auch für den praktischen Alltag benutzbar zu machen. So übersetzte er jene Canones, die ihre Verbindlichkeit für das kirchliche Leben nicht verloren hatten, ins Serbische und versah sie mit wissenschaftlichen Kommentaren. Die größte Bedeutung erlangten seine systematischen Arbeiten. Sein Buch über das orthodoxe Kirchenrecht (Pravoslavno crkveno pravo, 1890), das in die deutsche, russische, bulgarische, griechische und rumänische Sprache übersetzt wurde, ist bis heute ein wichtiges Standardwerk geblieben. Unter M.s kirchenhistorischen Werken ist die umfassende Darstellung des orthodoxen Dalmatien besonders wichtig (Pravoslavna Dalmacija, 1901). Ihr war 1899 die Herausgabe der „Spisi o istoriji pravoslavne crkve u dalmatinsko-istrijskom vladičanstvu od XV do XIX vijeka“ (Documenta spectantia historiam orthodoxae dioceseos Dalmatiae et Istria a XV. usque ad XIX. saeculum) vorausgegangen, die erste systematische Quellensammlung (193 Urkunden) zur Geschichte der orthodoxen Kirche in Dalmatien und Istrien von der venezianischen Herrschaft (ab dem 15. Jh.) bis zum 19. Jh. M. hatte dieses Werk in zwei Bänden geplant, jedoch ist nur Band 1 erschienen. Die übrigen Arbeiten behandeln meist Fragen von örtlich begrenzter Bedeutung. In seinen kirchenhistorischen Arbeiten bemühte sich M., den geschichtlichen Weg der orthodoxen Serben Dalmatiens zu beschreiben, die eine Minderheit unter einer katholischen, kroatisch oder italienisch orientierten Bevölkerung waren. M.s äußerst kritische Haltung gegenüber der katholischen Kirche und seine polemische Auseinandersetzung mit dem Uniatismus zeigt, wie lebendig in Dalmatien die Erinnerung an die Unionsbemühungen des Bischofs Benedikt Kraljević geblieben war, der sich 1818 in Übereinstimmung mit den Wünschen der österreichischen Regierung der katholischen Kirche angeschlossen hatte. M.s Schriften verursachten in Wien erhebliche Unruhe, und man begann, ihn mit Mißtrauen zu beobachten. Seine Äußerungen in einer Zeit allgemeiner politischer Gärung führten schließlich dazu, daß er 1912 von der österreichischen Regierung gezwungen wurde, in den Ruhestand zu treten. Er zog sich nun nach Dubrovnik zurück und befaßte sich ausschließlich mit wissenschaftlichen Arbeiten. 1914 beschuldigten ihn die österreichischen Behörden des Hochverrats. Am 23. Juli durchsuchte die Polizei seine Wohnung und beschlagnahmte wertvolle Manuskripte und seine gesamte private Korrespondenz. M. starb 1915 nach kurzer Krankheit. Zunächst wurde er auf dem orthodoxen Friedhof von Dubrovnik begraben. 1930 wurden seine Gebeine nach Šibenik übertragen und in einer Grabkapelle neben der orthodoxen Erlöserkirche beigesetzt.
Literatur
Grujić, Radoslav: Pravoslavna srpska crkva. Beograd 1920.
Strika, Boško: Dalmatinska-istarska eparhija. In: Ders.: Dalmatinski manastiri. Zagreb 1930.
Stanković, Simeon: Dr. Nikodim Milaš, episkop dalmatinsko-istrijski. In: Bogoslovlje 5 (1930) 259-268.
Ruvarac, Dimitrije: Patrijarh Georgije Branković i vladika Milaš. In: Glasn. ist. Društ. 4 (1931) 146-149.
Slijepčević, Djoko: Istorija srpske pravoslavne crkve. Bd 2. Minhen 1966, 605-607.
Härtel, Hans-Joachim: Sechzig Jahre seit dem Heimgang von Bischof Dr. Nikodim Milaš. In: Der Christliche Osten 30 (1975) 179-180.
Kašić, Dušan Lj.: Svetli grobovi pravoslavnih Šibenčana. Šibenik 1975, 18-23 (mit Bibliographie der wissenschaftlichen Arbeiten M.s: ebd., 73-75).
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