Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Lónyay von Nagylónya und Vásárosnamény, Menyhért Graf
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Lónyay von Nagylónya und Vásárosnamény, Menyhért Graf

Lónyay von Nagylónya und Vásárosnamény, Menyhért Graf, ungarischer Politiker und Volkswirtschaftler, * Nagylónya (Komitat Bereg, heute Lónya) 06.01.1822, † Budapest 03.11.1884.

Leben

 Das Studium der Rechtswissenschaften und Philosophie an der Pester Universität beendete L. 1839 mit der Promotion. Nach größeren Reisen durch Europa bewirtschaftete er die Familiengüter und wurde ab 1843 Ablegat des Komitates Bereg im ungarischen Landtag und Mitglied des Handels- und Finanzausschusses. Unter den Liberalen gehörte L. zu der Gruppe der „Zentralisten" um Baron József Eötvös. Er entwickelte eine bedeutende wirtschaftspolitische Tätigkeit; wichtig ist seine Studie, in der er sich mit den finanziellen Interessen Ungarns beschäftigte (Hazánk anyagi érdekeiről, 2 Bände, Pest 1847/48). Auf dem Landtag von 1848 schloß sich L. dem rechten Flügel der Liberalen an. Als Ministerialrat im Finanzministerium spielte er eine große Rolle bei der Ausarbeitung des Gesetzes über die Leibeigenenbefreiung, insbesondere bei der Festsetzung der Entschädigungsformen des adeligen Besitzes. In seinen flugblattartigen Schriften „Pénzügyi Levelek" (Finanzbriefe) kritisierte er die Finanzpolitik von Lajos Kossuth.  Er wurde 1849 in der Regierung Szemere Staatssekretär für die Finanzen. Nach der Niederlage von Világos emigrierte L., kehrte aber schon gegen Ende des Jahres 1850 aufgrund eines königlichen Gnadenerlasses zurück. Er beteiligte sich fortan an der Gründung und Entwicklung verschiedener wirtschaftlicher Einrichtungen; so wurde er einer der Leiter des Landesverbandes der Gutsbesitzer (Országos Magyar Gazdasági Egyesület = OMGE), 1858 Gründungspräsident der ersten ungarischen Versicherungsgesellschaft (Első Magyar Biztosítótársaság), 1866 Präsident der Bodenkreditanstalt (Magyar Földhitelintézet). Er stand auch der Theißregulierungs-Gesellschaft (Tiszaszabályozási Társaság) als Präsident vor. Als Fachmann für Finanzfragen veröffentlichte er in den Zeitschriften „Pesti Napló“ (Pester Tageblatt), „Akadémiai Értesítő“ (Mitteilungen der Akademie) „Statisztikai Közlemények“ (Statistische Mitteilungen), der von ihm einige Zeit gemeinsam mit Csengery redigierten „Budapesti Szemle“ (Budapester Rundschau) sowie in der Zeitschrift „Politikai Hetilap“ (Politisches Wochenblatt) von József Eötvös Studien über die wirtschaftliche Lage Ungarns. Auf dem 1861er Reichstag schloß sich L. der von Ferenc Deák angeführten gemäßigteren „Adreßpartei“ an. Von 1865 an nahm L. als Wirtschaftsberater von Graf Julius Andrássy und Ferenc Deák an der Vorbereitung des österreichisch-ungarischen Ausgleichs teil. Im Dezember 1865 wurde er Abgeordneter seines alten Wahlbezirks Tiszahát und nach dem Ausgleich (ab 20.02.1867) Finanzminister. In dieser Eigenschaft versuchte er gegenüber dem Finanzmonopol der Wiener Rothschilds in Ungarn ein Gegengewicht mit Hilfe des französischen Kapitals zu schaffen. Am 21. Mai 1870 wurde L. gemeinsamer Finanzminister der Monarchie und am 14. November 1871 ungarischer Ministerpräsident, wobei er gleichzeitig auch das Ressort des ungarischen Verteidigungsministers übernahm. Für seine Verdienste um die Monarchie wurde L. 1871 in den Grafenstand erhoben. Wegen der von L. geleiteten brutalen Wahlen, seiner Schritte zur Gewinnung der Politiker der ungarländischen Nationalitäten sowie wegen seiner von Andrássy abweichenden außenpolitischen Vorstellungen geriet L. sowohl zur Opposition als auch zur Regierungspartei in scharfen Gegensatz. Der Korruption beschuldigt, reichte er am 1. Dezember 1872 seinen Rücktritt ein. Mit seiner persönlichen Anhängerschaft in der Deákpartei, der sog. „Lónyaypartei“, nahm er aber noch weiterhin aktiv am politischen Leben teil und beteiligte sich als Abgeordneter an den verschiedenen Parteiungen, deren Ziel der Sturz von Kálmán Tisza war. Die Ungarische Akademie der Wissenschaften hatte L. bereits 1858 zu ihrem Mitglied gewählt; 1866 wurde er Vizepräsident und von 1871 bis zu seinem Tode Präsident der Akademie. In der Zeit des Neoabsolutismus verteidigte er die Interessen der reformierten Kirche und war ab 1870 Oberkurator des reformierten Kirchendistrikts beiderseits der Donau. L.s bruchstückhafte Memoiren sind 1885 in Budapest erschienen.

Literatur

Szász, Károly: Török Pál és Lónyay Menyhért emlékezete. Budapest 1885.
Galgóczy, Károly: Lónyay Menyhért. Az OMGE emlékkönyve. Budapest 1885.
Trefort, August: Denkrede auf Graf Melchior Lónyay. Budapest 1886.
X.Y.Z.: Észrevételek gróf Lónyay Menyhért „Közügyeinkről“ szóló munkája felett. Budapest 1874.
Doby, Antal: A Lónyay-család. Budapest 1895.
Halász, Imre: Egy letűnt nemzedék. Budapest 1911.
Meixner, Rudolf: Preradovićevo posredovanje izmedju narodnjaka i Lónyaya g. 1871/72. In: Gradja za povijest književnosti hrvatske 24 (1953) 265-274.

Verfasser

Zoltán Szász (GND: 1059507803)


GND: 130561339

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Empfohlene Zitierweise: Zoltán Szász, Lónyay von Nagylónya und Vásárosnamény, Menyhért Graf, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 3. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1979, S. 45-46 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1261, abgerufen am: (Abrufdatum)

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