Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Miletić, Svetozar

 Miletić, Svetozar, serbischer Politiker, * Mošorin (bei Neusatz) 22.02.1826, † Werschetz (Vršac) 04.02.1901.

Leben

 M. besuchte zuerst die Volksschule in Mošorin und darauf die deutsche Schule in Titel. Er kam später auf das Gymnasium von Neusatz, wo ihm der Direktor Jovan Hadžić-Svetić über den orthodoxen Bischof von Werschetz, Josif Rajačić, ein Stipendium besorgte. Nach Abschluß des Gymnasiums ging M. 1844 nach Preßburg, wo er die zwei Klassen der Philosophie absolvierte. Hier wurde er mit L’udovít Stur und den Ideen des Panslawismus bekannt. 1846 immatrikulierte er sich an der Juristischen Fakultät der Pester Universität. In Pest gab er 1847 die erste (und einzige) Nummer der Zeitschrift „Slavjanka“ (Die Slawin) heraus, die im Zeichen des Panslawismus stand. Das zweite Jahr seines Jurastudiums verbrachte er in Preßburg; hier erreichte ihn der Ausbruch der 1848er Revolution. M. hielt in verschiedenen Orten der Wojwodina Reden und agitierte für die Revolution. Im Mai 1848 wählte man ihn in den Hauptausschuß (Glavni odbor), der den Widerstand organisieren sollte, und im Oktober ernannte ihn Rajačić zum Beamten der neugegründeten „Serbischen Wojwodina“ und vertraute ihm spezielle Aufgaben an, wie z. B. die Inspektion der Militärlager und die Aufklärung der Bevölkerung und der Armee. Im März 1849 schickte man ihn und Jovan Subotić nach Zagreb mit der Aufgabe, die Unterstützung der Kroaten bei der Schaffung der Wojwodina als Kronland Österreichs und bei der Eingliederung der Militärgrenze in die Wojwodina zu erlangen. M. konnte jedoch nichts erreichen und kehrte bald, trotz des Verbotes des inzwischen zum Patriarchen ernannten Rajačić, nach Neusatz zurück. Da Rajačić jedoch seine Politik völlig in den Dienst Wiens gestellt hatte, zog sich M. enttäuscht in seinen Heimatort zurück. Im Herbst 1849 ging M. nach Wien und immatrikulierte sich an der Juristischen Fakultät. Erst schlug er sich mit Nachhilfeunterricht durch, bekam später jedoch ein Stipendium vom damals im Exil lebenden Michael Obrenović, so daß er sein Studium frei von materiellen Sorgen abschließen konnte. 1854 promovierte er und wurde Assessor am Gericht von Lugosch im Banat. Im folgenden Jahr legte er die Rechtsanwaltsprüfung ab, kündigte 1856 seine Stelle und bekam Anfang 1857 die Erlaubnis, in Neusatz eine Anwaltspraxis zu eröffnen. M. wurde bald ein angesehener Rechtsanwalt und nahm ab 1858 auch die Interessen des Magistrats von Neusatz wahr. 1859 kam es zum Bruch zwischen M. und seinem ehemaligen Gönner, dem konservativen und austrophil eingestellten Hadžić-Svetić.  Nach der Aufhebung der Zensur 1860 kehrte M. ins politische Leben zurück. Als infolge des Oktoberdiploms (20.10.1860) die Wojwodina wieder mit Ungarn vereinigt wurde, veröffentlichte M. mehrere wichtige Artikel in der in Neusatz erscheinenden Zeitung „Srpski dnevnik“ (Serbisches Tageblatt), in denen er für eine Sicherung der serbischen Nationalität und der serbischen Kirche innerhalb der Grenzen des ungarischen Staates appellierte. 1861 wurde er zum Bürgermeister von Neusatz gewählt, und auf dem anschließend abgehaltenen Landtag der Serben in Karlowitz (Sremski Karlovci) verteidigte er seine Auffassung von der Notwendigkeit der Zusammenarbeit der Serben mit den ungarischen Behörden im Kampf gegen die Politik des Wiener Hofes. Während seiner Amtszeit als Bürgermeister beschloß der Stadtrat, Serbisch als Amtssprache auch im Schriftverkehr mit übergeordneten Behörden einzuführen. Dieser Beschluß bewirkte die Auflösung des Stadtrats im Jahre 1862 durch die ungarische Verwaltung, und M. wurde seines Postens enthoben. M. vernachlässigte seine Anwaltspraxis zugunsten des Journalismus immer mehr. Er übernahm die Zeitschrift „Srpski dnevnik“, die allmählich zum Sprachrohr seiner Politik wurde, und entwickelte sich zum Anführer der progressiven Kräfte bei den Serben in der Wojwodina. 1866 wurde er in den ungarischen Reichstag gewählt, und noch im gleichen Jahr nahm er an den Sitzungen des kroatischen Parlaments als Vertreter Syrmiens teil. Der österreichisch-ungarische Ausgleich 1867 war ein Schlag gegen die Nationalitäten und auch gegen die Politik M.s, der sich für einen föderalistischen Dualismus innerhalb der Monarchie einsetzte. 1867 wurde er wieder zum Bürgermeister von Neusatz gewählt, 1868 von den ungarischen Behörden erneut abgesetzt. 1869 begründete er die oppositionelle Partei der Serben der Wojwodina, die „Srpska narodna slobodoumna stranka“ (SNSS, Serbische nationale freisinnige Partei) und war deren Führer bis 1883. Flügelkämpfe innerhalb der Partei wirkten sich auf die Ergebnisse der nächsten Wahlen aus. Bei den Parlamentswahlen 1872 und 1875 wurde M. zwar wiedergewählt, seine Partei errang aber immer weniger Mandate. Die 1866 von M. in Pest gegründete Zeitung „Zastava“ (Die Fahne), die ab 1867 in Neusatz erschien, wurde zum Organ seiner Partei. Sie entwickelte sich zu einer der bedeutendsten politischen Zeitungen in der Wojwodina und zählte hervorragende serbische Politiker und Schriftsteller zu ihren Mitarbeitern. Wegen eines in dieser Zeitung erschienenen Artikels, in dem M. den kroatischen Landtag und den Banus Levin Rauch scharf angriff, wurde er vor Gericht gestellt und zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt (Ende 1870 - Ende 1871), das er im Staatsgefängnis von Waitzen (Vác) verbüßte. Doch sogar im Gefängnis konnte er seine politische und journalistische Tätigkeit fast ungestört fortsetzen. Er nahm sowohl auf seine Abgeordnetenkollegen als auch auf die Arbeit des serbischen Landtags von Karlowitz Einfluß. Als er aus dem Gefängnis entlassen wurde, war seine Popularität noch gestiegen. M. kämpfte im ungarischen Landtag für die Interessen der Serben, trat aber für eine Verständigung mit den Ungarn ein. Im Laufe der Zeit verhärteten sich die Positionen. Als 1875 der Aufstand in der Herzegowina ausbrach, forderte er im Landtag, daß sich Österreich-Ungarn nicht einmische. M. unterstützte den Aufstand und organisierte Hilfe in der Wojwodina. Am 16. Juni 1876 wurde er wegen Hochverrats verhaftet (man beschuldigte ihn, daß er die Wojwodina mit Serbien habe vereinigen wollen) und nach mehr als anderthalb Jahren Untersuchungshaft im Januar 1878 zu fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Am 27. November 1879 vorzeitig aus der Haft entlassen, kehrte M. ins politische Leben zurück, seine Aktivität ließ aber merklich nach. Eine Nervenkrankheit, die 1882 erstmals auftrat, machte ihn bald für jede öffentliche Arbeit unfähig. Von 1883 bis 1889 lebte er in einer Nervenheilanstalt; den Rest seines Lebens verbrachte er bei seinem Sohn in Werschetz.

Literatur

Stajić, Vasa: Svetozar Miletić. Novi Sad 1926.
Militar, Triva: Svetozar Miletić i njegovo doba. Novi Sad 1926.
Dokumenti o Svetozaru Miletiću. Novi Sad 1951 (mit Bibliographie).
Petrović, Nikola: Svetozar Miletić. Beograd 1958.
Ders.: Oko Miletića i posle njega. Novi Sad 1964.
Ders.: Svetozar Miletić i Narodna stranka. 2 Bde. Sremski Karlovci 1968/69.

Verfasser

Béla Grolshammer (GND: 107765659)

GND: 133166635

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd133166635.html


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Empfohlene Zitierweise: Béla Grolshammer, Miletić, Svetozar, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 3. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1979, S. 211-213 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1369, abgerufen am: (Abrufdatum)

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