Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Pacha, Augustin

Pacha, Augustin, deutsch-banater katholischer Bischof der Diözese Temeschwar 1930-1954, * Moritzfeld (Măureni, Banat) 26.11.1870, † Temeschwar 04.11.1954, Nachfahre von Bauern- und Handwerker-Kolonisten aus Böhmen und aus der Pfalz, Sohn des Schuhmachers Marian P. und der Elisabeth Halsdorfer.

Leben

P. erhielt die erste Erziehung in der deutschen Grundschule seines Heimatortes. Ungarische höhere Bildung genoß er in Kecskemét und Szegedin. Das Studium der Theologie absolvierte er in Temeschwar. 1893 wurde er zum Priester geweiht, lebte danach als Kaplan in der Provinz, wurde um 1900 Sekretär des Tschanader Bischofs Alexander Dessewffy, 1911 Wirklicher Domherr und 1912 Diözesankanzler. Diese Tätigkeit fällt in die Zeit Julius Glattfelders, der ab 1911 als Bischof der Diözese Tschanad wirkte. Zahlreiche Reisen führten P. wiederholt nach Rom und in verschiedene Länder Europas. Ab Februar 1923 verwaltete er als Apostolischer Administrator den nach dem Ersten Weltkrieg an Rumänien gefallenen Teil der Tschanader Diözese; Bischof Glattfelder war nach Szegedin übersiedelt. Am 15. Mai 1927 empfing P. die Weihe zum Titularbischof von Lebedo (bei Ephesos), wurde am 16. Oktober 1930 zum Diözesanbischof der neu begründeten Diözese Temeschwar ernannt und am 29. November 1930 inthronisiert. Noch in der alten Monarchie herangereift, empfing P. seine Lebensaufgabe aus einer völlig gewandelten Zeit. Die einst privilegierte Staatskirche in Ungarn sank in Rumänien zu einer Kirche von nationalen Minderheiten herab. Durch Gesetze waren ihr die materiellen Grundlagen entzogen worden. Zudem wuchsen die Spannungen zwischen den verschiedenen Nationalitäten. Bischof P.s Reform der Diözese erstreckte sich auf die Gebiete der kirchlichen Organisation, der Volksbildung, der Jugenderziehung und des sittlichen Lebenswandels. Als überaus fruchtbar erwies sich die enge Zusammenarbeit der katholischen Kirche und der Deutsch-schwäbischen Volksgemeinschaft im Banat. Das deutschsprachige Bildungswesen war bereits von Glattfelder im Sinne des zu nationalem Selbstbewußtsein erwachten Volkes entsprechend gefördert worden. Aber erst unter Bischof P. gelangte es zu voller Entfaltung. Das Seminar für den deutschen Priesternachwuchs, die Banatia-Lehranstalten für Knaben (eröffnet 1926), die Klosterschulen für Mädchen, das Lehrlingsheim sind beredte Beispiele dafür. Zeitschriften, Tageszeitungen, Schulbücher, Gebet- und Liederbücher wurden neu erstellt und herausgegeben, um die volkseigenen Kulturgüter in Stadt und Land zu erhalten und zu erneuern. Das Leben der Banatdeutschen erfuhr dadurch eine wahrhafte Renaissance im Geiste Adam Müller-Guttenhrunns. Nach langwierigen Verhandlungen war zwischen dem Vatikan und der Regierung in Bukarest am 11. Juni 1929 das Konkordat ratifiziert worden und hatte eine Entschärfung der Gegensätze zwischen Rumänen und Deutschen bewirkt. Die Romanisierung der banatdeutschen Minderheit schien zeitweilig erloschen. Bischof P. war mit Erfolg bestrebt, die Nationalinteressen seiner Gläubigen wahrzunehmen. Seine Hirtenbriefe und Predigten, die zum bedeutendsten Schrifttum jener Zeit gehören, sind von dem Postulat nach der Einheit von Glauben und Volkstum durchdrungen. Für solche Gesinnung fand er vor 1933 auch im Deutschen Reich Verständnis und Unterstützung. Die Universität Münster i. W. verlieh ihm 1928 das Ehrendoktorat. Bischof P. schuf dem Kulturleben seiner deutschen Diözesanen klare untadelige Verhältnisse, und darin ist er seinem Vorfahr aus dem 18. Jh., Bischof Franz Anton Graf Engl von Wagrain, ähnlich. Aus der großen Schar seiner Mitarbeiter seien nur die drei bedeutendsten genannt: Prälat Franz Blaskovics, der Leiter der Banatia- Anstalten Josef Nischhach und die Priorin Hildegardis Wulff OSB. Durch den wachsenden Einfluß des Deutschen Reiches und des Nationalsozialismus in Rumänien zwischen 1934 und 1940 folgte eine rückläufige Bewegung der kirchlichen Reformbestrebungen. Nach einer Übereinkunft zwischen Berlin und Bukarest verzichtete der Bischof im Frühjahr 1942 zugunsten der Deutschen Volksgruppe in Rumänien auf das konfessionelle Schulwesen und auf alle Jugendorganisationen. Nach der Kündigung des Konkordats 1948 erfolgte die Auflösung der kirchlichen Einrichtungen; die katholischen Bischöfe wurden verfolgt, auch Bischof P. wurde im Juni 1950 verhaftet, in Bukarest vor ein Gericht gestellt und zu 18 Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Im September 1954 aus dem Gefängnis entlassen, verstarb P. im gleichen Jahr und wurde in der Krypta der Domkirche zu Temeschwar beigesetzt.

Literatur

Straubinger, Johann: Die Schwaben im Banat. Hamburg 1923.
Engelmann, Nikolaus: Hirte seines Volkes. Aus dem Leben und Wirken des Temesvarer Bischofs Dr. theol. h. c. Augustin Pacha. München 1955.
Annabring, Matthias: Volksgeschichte der Donauschwaben in Rumänien. Stuttgart 1956.
Hügel, Kaspar: Das Banater deutsche Schulwesen in Rumänien von 1918 bis 1944. München 1968.
Die katholischen Donauschwaben in den Nachfolgestaaten 1918-1945. Im Zeichen des Nationalismus. Freilassing 1972. = Donauschwäbische Beiträge. 59.

Verfasser

Hans Diplich (GND: 118525921)


GND: 120444496

Weiterführende Informationen: https://prometheus.lmu.de/gnd/120444496

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Empfohlene Zitierweise: Hans Diplich, Pacha, Augustin, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 3. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1979, S. 378-380 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1494, abgerufen am: (Abrufdatum)

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