Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Sidor, Karol
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Sidor, Karol

Sidor, Karol, slowakischer Politiker, Publizist und Diplomat, * Rosenberg (Ružomberok) 16.07.1901, † Montreal (Kanada) 20.10.1953.

Leben

S. besuchte die Schulen in seiner Geburtsstadt und wurde bereits als Gymnasiast von Andrej Hlinka national-slowakisch beeinflußt. Unter dem Pseudonym „Študent od Váhu“ schrieb er schon damals für die „Národnie Noviny“ (Volkszeitung). Nach dem Zusammenbruch Österreich-Ungarns 1918 beteiligte sich S. am propagandistischen Zug durchs Land für die Angliederung der Slowakei an den neuen tschechisch-slowakischen Staat. Doch bereits im Jahre 1919 organisierte er den ersten antitschechischen Studentenstreik in der Slowakei, um gegen die Verhaftung Hlinkas zu protestieren, wofür er aus dem Rosenberger Gymnasium ausgeschlossen wurde. Sein Abitur erreichte er in Olmütz (Olomouc) in Mähren und studierte anschließend ab Herbst 1920 in Prag Jura. Das bewegte politische Leben der Nachkriegszeit riß S. aber völlig mit und lenkte ihn vom Studium ab. Er organisierte die slowakische Jugendbewegung, gründete 1919 ihre Zeitschrift ,,Vatra“ (Das Feuer) und den „Verein slowakischer katholischer Studenten“ (Ústredie katolíckych študentov slovenských), der als Gründungsmitglied der internationalen Bewegung ,,Pax Romana“ wesentlichen Antrieb zur Annäherung ähnlicher Vereine der slawischen Völker (Slavia Catholica) gab. Als Berufsjournalist leitete S. die Presseorgane der „Slowakischen Volkspartei“ Hlinkas (Hlinkova slovenská l’udová strana = HSL’S), den „Slovák“ (Der Slowake) und die „Slovenská Pravda“ (Die slowakische Wahrheit). Er knüpfte enge Kontakte zu kulturellen und politischen Kreisen Polens an: sein Buch „Cesta po Pol’sku“ (Reise durch Polen, Preßburg 1927) hat wesentlich zur slowakisch-polnischen Annäherung beigetragen. In der autonomistischen Bewegung führend tätig, wurde S. zu einem der engsten Mitarbeiter Hlinkas und verfaßte auch dessen Lebenslauf (Andrej Hlinka 1864-1926, Preßburg 1934). Um die Einhaltung des 1918 von Masaryk abgeschlossenen „Pittsburger Vertrags“ als einen Schwerpunkt seiner Politik zu rechtfertigen, veröffentlichte er die Abhandlung „Slováci v zahraničnom odboji“ (Die Slowaken in der auswärtigen Abwehr, Preßburg 1928). Im Jahre 1935 wurde S. zum Abgeordneten ins Prager Parlament gewählt. Bei der Föderalisierung der Tschecho-Slowakei am 6. Oktober 1938 wurde er slowakischer Staatsminister und Vertreter des Ministerpräsidenten der Zentralregierung in Prag. In der Märzkrise 1939 übernahm er die Nachfolge des illegal abgesetzten Ministerpräsidenten Jozef Tiso. Durch seine schwankende Haltung zwischen Prag und Berlin zog sich S. die Rüge und Ablehnung Adolf Hitlers zu. Zum Innenminister der ersten Regierung des Slowakischen Staates am 14. März 1939 ernannt, mußte er kurz danach sein Amt niederlegen. Er wurde am 15. Juni 1939 zum Gesandten beim Heiligen Stuhl ernannt, was er als „politisches Asyl“ empfand. In Rom hat S. an seinem politisch-historischen Hauptwerk „Slovenská politika na pôde pražského snemu“ (Die slowakische Politik auf dem Boden des Prager Parlaments) gearbeitet, aus dessen acht Bänden 1943 in Preßburg nur ein zweibändiger Auszug erschien (František Vnuk gibt nun das Gesamtwerk heraus: Bd 1, Cambridge, Ont. 1975). Nach dem Krieg verblieb S. im Ausland. Er veröffentlichte seine Erinnerungen „Šest’ rokov pri Vatikáne“ (Sechs Jahre beim Vatikan, Scranton, Pa. 1947) und wurde durch die Gründung des „Slowakischen auswärtigen Nationalrates“ (Slovenská národna rada v zahraničí, 1948) zu einem der bedeutendsten Führer des slowakischen Exils. Im Jahre 1950 nach Kanada übersiedelt, starb er in Montreal am 20. Oktober 1953. Aus den von S. hinterlassenen Handschriften veröffentlichte František Vnuk „Moje poznámky k historickým dňom“ (Meine Anmerkungen zu den historischen Tagen) über die Ereignisse vom März 1939 in der Slowakei (Middletown, Pa. 1971).

Literatur

Karol Sidor. Politik, novinár, spisovatel’. Hrsg. Jozef Paučo. Middletown, Pa. 1962.
Kost’, Kristina: Karol Sidor (1901-1953). In: Furdek 3 (1964) 65-74.
Kapala, Jozef: Spod Roháčov po Vatikán. Pamäti môjho života. Galt, Ont. 1972.


GND: 123028043

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Empfohlene Zitierweise: Milan Stanislav Ďurica, Sidor, Karol, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. Hgg. Mathias Bernath / Karl Nehring. München 1981, S. 120-122 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1650, abgerufen am: (Abrufdatum)

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