Grujović, Božidar (eigentlich Teodor Filipović), serbischer Jurist, * Ruma 1778, † Neusatz (Novi Sad) 1807.
Leben
G. besuchte die Volksschule in Ruma und das Lyzeum in Ödenburg, Szegedin und Preßburg. Seine juristische Promotion legte er 1803 an der Universität in Pest ab und wurde darauf Rechtsanwalt.
Als slawophiler Anhänger der Naturrechtsschule ging G. 1804 nach Rußland (Charkow), wo er zum Dozenten für ältere und neuere Rechtsgeschichte berufen wurde. Noch im gleichen Jahr schloß er sich zusammen mit seinem Bruder Mihajlo Filipović als Sekretär, Berater und Dolmetscher der ersten serbischen Delegation an, die unter Prota Matija Nenadović Rußland besuchte, um bei Alexander I. Unterstützung für den Aufstand zu erbitten. 1805 ließ sich G. in Serbien nieder, nachdem er vorher in Karlowitz (Sremski Karlovci) auf Anraten des Metropoliten Stratimirović seinen Namen (Teodor Filipović) geändert hatte, um als österreichischer Staatsbürger ungehindert nach Serbien reisen zu können. Im Auftrag von Prota Matija und Jakov Nenadović verfaßte er den Entwurf für den Aufbau eines Verwaltungsrates („Uredbe o ustrojstvu soveta“), um im aufständischen Serbien gesetzlich geordnete Verhältnisse zu schaffen. Der Entwurf sollte durch die Große Nationalversammlung sanktioniert werden. In dem Vortrag, in dem G. den Entwurf begründete, rechtfertigte er durch naturrechtliche Lehrsätze die in ihm vertretenen demokratischen Regelungen, insbesondere die Forderung nach dem Primat der Gesetzlichkeit vor jeder persönlichen und Gruppenwillkür. Der Verwaltungsrat („Praviteljstvujušči sovet srbski“) sollte sich aus Vertretern der damaligen 12 serbischen Kreise (nahija) zusammensetzen, die aus ihren Reihen die Beauftragten (popečitelj) für das Heer, die Finanzen, die Justiz, den Klerus und den Unterricht, die auswärtigen Angelegenheiten und für die Polizei wählen. Die Leitung des Rates sollte ein „Oberhaupt oder Vorsitzender“ (poglavar ili predsedatelj) übernehmen, und zwar im Monatsturnus. Der Vorsitzende sollte nur dafür sorgen, daß die Beschlüsse des Rates vollzogen werden. Der ursprüngliche Gedanke, daß der Führer des Aufstandes, Karadjordje, den Ratsvorsitz übernimmt, wurde aus Gründen der Rechtssicherheit fallen gelassen.
Die Große Nationalversammlung vom 1. September 1805 setzte unter Einfluß von Karadjordje zwar einen Verwaltungsrat ein, der aber ihn nicht zu beaufsichtigen vermochte. Die Versuche von G., der das Sekretariat des Rates leitete, durch russische Hilfe den Rat in ein oberstes Gremium umzugestalten, mußte schon an den damaligen sozialökonomischen Gegebenheiten scheitern. G. hat den staatlichen Aufbau nach den damaligen europäischen Vorbildern in Angriff genommen und in Serbien ein neues Staats- und Verwaltungsdenken praktiziert. An erster Stelle ist die Einführung der ersten serbischen Gerichte (Friedens-, Gemeinde- und Kreisgerichte) zu erwähnen.
G. erlag einem Tbc-Leiden.
Literatur
Karadžić, Vuk St.: Praviteljstvujušči sovet srbskij za vremena Karadjordjijeva. Skupljeni istoriski i etnografski spisi. Beograd 1898.
Novaković, Stojan: Ustavno pitanje i zakoni Karadjordjeva vremena. Beograd 1907.
Radović, R. Vl.: Demokratsko prirodno pravo u političkoj i pravnoj filozofiji Bože Grujovića. In: Arh. pravne i društ. Nauke 40 [57] (1940) 40 ff.
Ristić, Milovan: Ustanički zakonopisac Teodor Filipović (Božidar Grujović). Beograd 1951.