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Montecuccoli, Raimund Graf (ab 1678 Fürst von Melfi), kaiserlicher Feldherr, * Schloß Montecuccolo (bei Modena) 21.02.1609, † Linz 16.10. 1680, Sohn des Galeato Graf M. und der Anna Bigi.
Leben
Einem aus Burgund ins Modenensische eingewanderten alten Adelsgeschlecht angehörend, diente M. bereits als 18jähriger (ab 1627) in der kaiserlichen Armee, in der er 1635 zum Oberst befördert wurde. Eine dreijährige schwedische Kriegsgefangenschaft (1639-1642) nützte M. zur Erarbeitung einer eigenen Kriegslehre, die er im „Trattato della guerra“ niederlegte. Im Nordischen Krieg (1657/58) vertrieb M. an der Spitze des kaiserlichen Heeres die Truppen des Fürsten Georg II. Rákóczy von Siebenbürgen vom polnischen Kriegsschauplatz. In den darauf ausbrechenden Wirren in Siebenbürgen, in deren Verlauf 1658 die Türken auch die königliche Freistadt Großwardein besetzt und damit den 1642 erneuerten Frieden von Zsitvatorok gebrochen hatten, kam im Jahre 1661 Kaiser Leopold I. mit Truppen unter dem General Heister, später unter M., dem neuen Fürsten Johann Kemény gegen die Türken zu Hilfe. Doch konnte sich M. in dem verwüsteten Siebenbürgen nicht lange halten und mußte, da die oberungarischen Komitate Winterquartiere verweigerten, sich bis nach Komorn zurückziehen. In dem 1663 ausgebrochenen Türkenkrieg vermochte M. mit seinen schwachen Kräften den Fall der Festung Neuhäusel (13.09.1663) nicht zu verhindern. Im Sommer 1664 bezog er mit seiner inzwischen aus dem Reich und aus Frankreich verstärkten Armee an der Raab Stellung, um den Einfall des heranziehenden türkischen Heeres unter Ahmed Pascha Köprülü in die Erblande zu vereiteln. Beim Versuch der Türken, den Fluß zu übersetzen, kam es am 1. August bei St. Gotthart an der Raab zur Schlacht und zum glänzenden Sieg der kaiserlichen Waffen, der am 10. August zum Frieden von Eisenburg (Vasvár) führte. M. wurde darauf zum Generalleutnant, 1668 auch zum Präsidenten des Hofkriegsrates ernannt. Mit Ausnahme der Feldzüge, die er 1672-1675 im Reichskrieg gegen Frankreich befehligte, widmete sich M. ganz den Geschäften der obersten Heeresverwaltung. Er hinterließ dem Hause Österreich eine Heeresorganisation, die in ihren Grundzügen Jahrhunderte überdauern sollte: durch seine reichhaltigen, im Felddienst selbst erworbenen Erfahrungen bestens fundierte Richtlinien für die Kriegführung und einen Stamm von höchst erfolgreichen Feldherren. M. machte dem zur Landplage ausgewachsenen Söldnerwesen ein Ende, schuf ein in seinem Aufbau von ihm selbst durchorganisiertes stehendes Heer (1665: 30 000 Mann), sorgte für seine einheitliche Bewaffnung und für seine Unterbringung in Kasernen, begründete die Artillerie als selbständigen Bestandteil des Heeres, führte auf seinem Feldzug in Ungarn erstmals die Einrichtung einer Feldapotheke ein. Darüber hinaus war M. bestrebt, die leichten Reiter, denen er seine besondere Aufmerksamkeit zuwendete und die nun eine Truppe für sich bildeten, aus Kroaten, Ungarn und Polen zusammenzusetzen. Seine Regeln für die Kriegführung faßte M. 1653 in einem methodischen Kompendium zusammen, das er unter dem Titel „Del arte della guerra“ dem Kaiser widmete. Sein bedeutendstes und für die Folgezeit wichtigstes Werk sind die 1670 abgeschlossenen „Aforismi deli’ arte bellica“, das, in drei Teile gegliedert, die theoretischen Lehrsätze der Kriegskunst, ihre Anwendung auf den Türkenkrieg 1661 -1664 („Della guerra col Turco in Ungheria“) und die Richtlinien für künftige Kriege enthält und die Kriegführung einer ganzen Epoche um die Wende des 17. zum 18. Jh. prägte. M.s ausgezeichnete Strategie, seine blendende und den Feind oft täuschende Manövrierkunst ermöglichten ihm überzeugende Erfolge über seine ihm an Truppenmacht meist weit überlegenen Gegner. Die große Ausstrahlungskraft seiner starken Persönlichkeit schuf eine stattliche Reihe ihm recht würdiger Schüler, so Herzog Karl V. Leopold von Lothringen, die Markgrafen Ludwig Wilhelm I. und Hermann von Baden, schließlich Prinz Eugen, die durch ihre militärischen Erfolge Österreichs Aufstieg zur europäischen Großmacht begründeten.
Literatur
Senesi, Ivo: R. Montecuccoli. Torino 1933.
Pieri, Piero: Raimondo Montecuccoli. In: Klassiker der Kriegskunst. Hrsg. Werner Hahlweg. Darmstadt 1960, 134-149.
Stöller, Ferdinand: Feldmarschall Raimund Montecuccoli. In: Gestalter der Geschicke Österreichs. Hrsg. Hugo Hantsch. Innsbruck, Wien, München 1962, 171-184.
Wagner, Georg: Das Türkenjahr 1664, eine europäische Bewährung. Eisenstadt 1964. = Burgenländische Forschungen. 48.
Atti del Convegno di studi su Raimondo Montecuccoli nel terzo centenario della battaglia sulla Raab. Modena 1964.
Peball, Kurt: Raimund Fürst Montecuccoli 1609-1680. Gedanken zum Leben und Werk eines großen österreichischen Feldherrn. In: Österreichische militärische Zeitschrift 2 (1964) 301-308.
Mears, John A.: Count Raimondo Montecuccoli: Servant of a Dynasty. In: The Historian 32 (1969/70) 392-409.
Barker, Thomas M.: The military intellectual and battle. Raimondo Montecuccoli and the Thirty Years War. Albany 1975.
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