Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Naimâ, Mustafa

Naimâ, Mustafa, osmanischer Reichshistoriker, * Aleppo 1655, † Patras Frühjahr 1716.

Leben

N. interessierte sich schon früh für die Wissenschaften, vor allem Literatur, Geschichte und Astronomie. Er gelangte als junger Mensch nach Istanbul, trat dort 1688 in das Korps der Hellebardiere (baltacilar) ein, wurde aber bald danach Sekretär im kaiserlichen Divan und setzte zugleich seine Studien an der Bayezid-Moschee fort. Als der Großwesir Am(u)cazade Hüseyn Pascha Köprülü auf ihn aufmerksam wurde, beauftragte er ihn 1700 mit der Abfassung einer osmanischen Geschichte unter Verwendung hinterlassener Aufzeichnungen eines anderen Gelehrten; hierdurch dürfte die spätere Ernennung N.s zum Reichshistoriker (vak'anüvis) veranlaßt worden sein. Bei den Großen des Reiches fand N. allgemeinen Anklang durch seine astrologischen Kenntnisse und die Erstellung von Horoskopen. N. überstand Rücktritt und Tod seines Gönners wie auch den Janitscharenaufstand 1703 gegen Sultan Mustafa II. und die Inthronisierung Ahmeds III. und stieg sogar 1704 zum obersten Rechnungsbeamten (muhasebeci) für Anatolien auf. 1706 jedoch fiel er aus unbekannten Gründen in Ungnade, wurde nach Hania auf Kreta verbannt, wo er in großem Elend lebte, und danach dank eines Gesuches seiner Frau Hâcce Havva Hatun an Großwesir Çorlulu Ali Pascha nach Bursa geschickt und Ende 1707 begnadigt. Nach Istanbul zurückgekehrt, konnte er seine alte Position rasch wieder auf bauen, wurde 1709 Reichshistoriker, 1712 erneut oberster Rechnungsbeamter für Anatolien und im folgenden Jahr solcher des ganzen Reiches (başmuhasebeci). Diese Stellung konnte er infolge von Intrigen nur zwei Jahre innehaben. Großwesir Damad Ali Pascha nahm ihn 1714/15 bei seinem Feldzug gegen Venedig auf die Morea mit und ließ ihn als Kammerbeamten (defter emini) in Palaia-Patras (Balyabadra) zurück, wo N. bald gebrochen starb. N.s Geschichtswerk umfaßt die Jahre von 1591 bis 1659 und nimmt durch seinen flüssigen Stil und die sachlichen Urteile eine besondere Stellung ein. Es erschien zum erstenmal 1734 als dreizehntes in der Türkei bei Ibrahim Müteferrika gedrucktes Buch und wurde danach noch dreimal gedruckt (1843, 1863/64, 1864/67); kürzlich wurde auch ein Versuch gemacht, es in die moderne türkische Sprache zu übertragen (Naîmâ tarihi. 6 Bde. Hrsg. Zuhuri Danışman, 1967/69). Eine französische Übersetzung durch Antoine Galland wurde nicht gedruckt, eine englische von Charles Fraser (Annals of the Turkish Empire from 1591 to 1659 of the Christian Aera, by Naima, 1832) kam nicht über den ersten Band hinaus.

Literatur

Babinger, Franz: Die Geschichtsschreiber der Osmanen und ihre Werke. Leipzig 1927, 245-246.
Refik, Ahmed: Naimâ. Istanbul 1932.
Aktepe, M. Münir: Naîmâ tarihinin yazma nüshaları hakkında. In: Tarih Dergisi 1 (1949) 35-52.
Thomas, L. V.: A Study of Naima. Hrsg. N. Itzkowitz. New York 1972.

GND: 120723476

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd120723476.html


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Empfohlene Zitierweise: Hans-Jürgen Kornrumpf, Naimâ, Mustafa, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 3. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1979, S. 288 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1433, abgerufen am: (Abrufdatum)

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