Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Bartholomaeides, Ladislav
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Bartholomaeides, Ladislav

Bartholomaeides, Ladislav, slowakischer Historiker, * Klenóc (Klenovec) 16.11.1754, † Ochtina 18.04.1825, wo er als evangelischer Pfarrer wirkte.

Leben

B. knüpfte an die geschichtlichen, volkskundlichen, sprachwissenschaftlichen und geographischen Forschungen von Matthias Bél an; insbesondere verwertete er Béls vierbändiges Werk „Notitia Hungariae novae historico-geographica“. Seine Arbeiten beschränken sich jedoch auf sein engeres Heimatland Gömör (Gemer). B.s Hauptwerk ist: „Inclyti superioris Ungariae comitatus Gömöriensis notitia historico-geographico-statistica“, erschienen in Leutschau 1806-1808. Er bietet darin eine ausführliche Beschreibung zunächst der Landschaft und Geschichte von Csetnek (Štítnik), dann des gesamten Gömörer Komitats. Wertvoll sind B.s Darlegungen und Forschungen zur ethnischen Zusammensetzung des Landes, zum Handwerk und den Beschäftigungsverhältnissen, zur sozialen Schichtung der Bevölkerung, den Volkstrachten, Brauchtümern und geistigen Schöpfungen des Volkes. Außerdem berichtete er über Gelehrte und Schriftsteller, die in Gömör geboren wurden oder dort wirkten. Seinem Hauptwerk gingen zwei vorbereitende Arbeiten voraus: „De Bohemis Kishontiensibus antiquis et hodiernis commentatio historica“ (Wittenberg 1783) und „Memorabilia provinciae Csetnek“ (Neusohl 1799). In der ersten Schrift wollte er den Beweis erbringen, daß die evangelische Bevölkerung von Gömör und Kishont (Malohont) direkte Nachfahren der tschechischen Hussiten seien, wobei er sich allerdings auf wenig stichhaltige Tatsachen aus Sprachkunde (Übereinstimmung zwischen Ortsnamen und dialektalen Volksausdrücken), Geschichte (Ansiedlung der von König Matthias I. besiegten Hussitenräuber in Gömör) und Volkskultur (Bauart von Kirchen und Burgen) stützte. Sein tschechischer Zeitgenosse Dobrovský verwarf B.s Behauptungen. Heute gilt es als bewiesen, daß der slowakische Protestantismus von dem der deutschen Länder, nicht aber von den Hussiten abhing. In der zweiten Schrift erwies sich B., trotz seiner Vorliebe für romantische Interpretationen, als aufmerksamer Sammler und Erforscher der Volksüberlieferungen und geschichtlicher Aufzeichnungen. Zu dieser Schrift gesellt sich eine lateinische geschichtlich-philologische Studie kleineren Umfangs über den Ursprung des Namens „Gumur“ (Gömör/Gemer).
Eine andere Reihe von Schriften B.s bilden die in tschechischer Sprache (die besonders von den Evangelischen als Ersatz für die noch fehlende Schriftsprache gebraucht wurde) abgefaßten Werke. Es sind: „Kratičká Hystorie pŕirozenj“ (Ofen 1798), eine allgemeine Weltkunde und wissenschaftlich fundierte Darlegung des Ursprungs von Welt und Natur; „Geograffia aneb Wypsánj Okrlsku Zemského“ (Neusohl 1798), wo er außer der allgemeinen Erdkunde den Unterschied zwischen monarchischem und republikanischem Regime mit spürbarer Sympathie für die Republik erläuterte; „Hystorya o Americe“ (Preßburg 1794), eine Beschreibung mehr geographischer Natur. Zu seinen erdkundlichen Werken fertigte er sich selbst die Landkarten an.
Zu einer dritten Gruppe von Werken gehören schließlich B.s religionspädagogische Schriften, unter anderem: „Summa krest'anského ewangelického náboženstvj“ (1784) und „Gádro Křest'anského evangelického Náboženstwj“ (1798).
B. gehört der Generation der Aufklärer an. Von Johann Gottfried Herder und Matthias Bél inspiriert, widmete er sich in erster Reihe der Erforschung der Volkskultur seiner engeren Heimat Gömör, worin er wissenschaftlichen Scharfsinn zeigte. In der Geschichtsschreibung suchte er gerne, im Geiste des Romantizismus, nicht beweisbare geschichtliche Zusammenhänge. Er übersah die Bedeutung der slowakischen Sprache - die damals bereits die Gruppe um Bernolák zur Schriftsprache zu erheben sich bemühte - für die nationale Entwicklung des slowakischen Volkes. Sein sprachwissenschaftlicher Einfluß blieb auf wenige Schriftsteller, wie Pavel Jozef Šafárik und Ján Botto, begrenzt. Dauerhaft und wertvoll ist jedoch sein Beitrag zur slowakischen Volkskunde.

Literatur

Bartholomaeides, Joannes Ladislaus: Memoria Ladislai Bartholomaeides ecclesiae Ochtinensis V. D. ministri ... Pest 1828.
Hanuš, J.: Latinské spisy Ladislava Bartholomeida. In: Ze slovenských knihoven. Bd 1. Bratislava 1925, 103-122. = Sborník filozofické fakulty university Komenského v Bratislavě. 3. 29.
Martinka, Jozef: Ladislav Bartolomeides vlastivedný priekopník. Martín 1956.
Svejkovský, František: Poznámky k studiu díla Ladislava Bartolomeida. In: Slov. lit. 5 (1958) 197-210. Gogolák: Bd 1.

Verfasser

Jozef Tomko (GND: 1053413041)


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Empfohlene Zitierweise: Jozef Tomko, Bartholomaeides, Ladislav, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1974, S. 141-142 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=520, abgerufen am: (Abrufdatum)

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