Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Bonneval, Claude-Alexandre Comte de
Bild: Wikimedia Commons
Wikidata: Q701714

In den Suchergebnissen blättern

Treffer 
 von 1526

Bonneval, Claude-Alexandre Comte de

Bonneval, Claude-Alexandre Comte de, später Ahmed Pascha; französischer, dann osmanischer General, später Humbaracı Başı, * Schloß Coussac-Bonneval (Limousin) 14.07.1675, † Istanbul 23.03.1747.

Leben

Die Herkunft aus einer adeligen, weitläufig mit den Bourbonen verwandten Familie und eine vielseitige Begabung waren die Voraussetzungen für eine außergewöhnliche Karriere. Doch B.s hochempfindliches Ehrgefühl, sein aufbrausender Stolz und sein Adelshochmut ließen ihn sich immer wieder in Konflikte verrennen. Mit dreizehn Jahren trat er in die französische Flotte ein, wechselte später zum Heer über und zeichnete sich in den Kriegen Ludwigs XIV. aus. Als er sich bei einer Finanzangelegenheit in seiner Ehre gekränkt fühlte, ließ er sich zu einem Ultimatum an den Minister und zur Drohung hinreißen, er würde, sollte ihm keine Genugtuung gegeben werden, zum Kaiser übertreten. Das ging dem König zu weit, und auch die Vermittlung hochstehender Freunde erlangte nicht die Vergebung. So tat er den angekündigten Schritt: der französische General wurde mitten im Krieg ein kaiserlicher General. Das Pariser Parlament verurteilte ihn darauf im Januar 1707 zum Tode.
Seine Bewährung während des spanischen Erbfolgekrieges führte ihn in die Umgebung des Prinzen Eugen, an dessen militärischen, politischen und kulturellen Interessen er Anteil nahm. Im Türkenkrieg 1716-1718 zeichnete B. sich besonders vor Peterwardein und Belgrad aus. Nachdem er in Frankreich die Begnadigung erreicht hatte, verfolgte er die Politik einer Verbindung Frankreichs mit dem Kaiser und wurde der Zwischenträger geheimer Kontakte zwischen Prinz Eugen und Dubois. Er wurde Mitglied des Hofkriegsrates und genoß - allseitig anerkannt - eine Vertrauensstellung. Doch auch hier scheiterte er an seinem Charakter: ständige Reibereien mit der Bürokratie und das Gefühl, bei der Vergabe einträglicher Posten übergangen worden zu sein, ließen das Verhältnis zum Prinzen abkühlen, die Affaire Prié in Brüssel führte schließlich zum Bruch. B. war für die Ehre der Königin von Spanien eingetreten, aber in einer Weise, die ihm Ämterverlust und ein Jahr Haft eintrug. Nach seiner Entlassung bot er Frankreich, Polen, Venedig und Spanien seine Dienste an, aber die Rücksicht auf den Kaiser verbot seine Verwendung. So blieb ihm nur das Osmanische Reich: Über Venedig und Ragusa wandte er sich nach Sarajevo (1729) und bot sich Sultan Ahmed III. als Verbündeter an in der Absicht, im türkischen Krieg gegen den Kaiser auch sich selbst ein Fürstentum in Ungarn zu erobern. Doch auch hier fehlte die politische Rücksicht auf den Kaiser nicht. Der Gefahr, im grenznahen Gebiet an diesen ausgeliefert zu werden, entzog er sich durch den Übertritt zum Islam (1730).
Mit dem Amtsantritt des Großwesirs Topal Osman Pascha gelang B. ein neuer Aufstieg. Unaufhörlich schmiedete er Pläne, entwarf Denkschriften und knüpfte Kontakte. Er erhielt den Rang eines Humbaracı Başı mit dem Auftrag, eine moderne Artillerie-Truppe aufzustellen. Er gewann das Vertrauen auch nachfolgender Großwesire und des Sultans und blieb bis zu seinem Tode, mit Ausnahme einer kurzen Zeit der Verbannung, der Berater der Pforte in Militärfragen und vor allem in der Außenpolitik. Auch hier diente er loyal, wurde der Gegenspieler Fleurys, der versuchte, die Türkei für Frankreich einzusetzen. Sein Ziel war es, die Türkei bündnisfähig zu machen, sie in das europäische Bündnissystem einzugliedern und so ein Bollwerk gegen den Aufstieg Rußlands zu schaffen. Er brachte ein förmliches Defensiv-Bündnis mit Schweden zustande (1740) und nahm Kontakte mit Friedrich II. von Preußen auf. Seinem Wirken ist der Erfolg der türkischen Waffen, der zum Frieden von Belgrad (1739) führte, mit zu verdanken. Auch im Krieg gegen Persien errang seine Truppe Erfolge. Die Periode relativer Ruhe um die Mitte des Jahrhunderts ist nicht zuletzt eine Folge seines kontinuierlichen Einflusses.

Literatur

Meḥmed ‘Ârif: Ḫumbaraği Baši Aḥmed Paša (Bonneval). In: Ta’rîḫ-i ‘Osmânî Enğümeni Meğmû'asi 18 (1912) 1153-1157, 19 (1912) 1220-1224, 20 (1912) 1282-1286.
Braubach, Max: Geschichte und Abenteuer. Gestalten um den Prinzen Eugen. München 1950, 275-353.
Gorceix, Septime: Bonneval Pacha. Pacha à trois Queues. Paris 1953.
Benedikt, Heinrich: Der Pascha-Graf Alexander von Bonneval 1675-1747. Graz, Köln 1959 (mit Bibliographie).

Verfasser

Hans Georg Majer (GND: 129740098)


GND: 11866154X

Weiterführende Informationen: https://prometheus.lmu.de/gnd/11866154X

RDF: RDF

Vorlage (GIF-Bild):  Bild1   Bild2   

Empfohlene Zitierweise: Hans Georg Majer, Bonneval, Claude-Alexandre Comte de, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1974, S. 233-234 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=598, abgerufen am: (Abrufdatum)

Druckerfreundliche Anzeige: Druckerfreundlich

Treffer 
 von 1526
Ok, verstanden

Website nutzt Cookies, um bestmögliche Funktionalität bieten zu können. Mehr Infos