Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Brlić, Andrija Torkvat

Brlić, Andrija Torkvat, kroatischer Publizist und Politiker, * Brod a. d. Save 15.5.1826, † ebd. 21.05.1868, Sohn des Kaufmanns, Grammatikers und Literaten Ignaz Alois B. (1795-1855).

Leben

B. begründete schon im Konvikt des Zagreber Gymnasiums eine nationale Lesehalle und veröffentlichte 1842 mit sechzehn Jahren sein erstes Gedicht in der „Dancia“, studierte dann 1843-1846 am Wiener Pazmaneum Theologie, konnte aber wegen seiner Jugend nicht geweiht werden; so bereitete er sich im Augustineum auf das theologische Doktorat vor und erlebte in Wien die Revolution 1848. Sie sollte seinem Leben wie seiner Laufbahn eine ganz andere Richtung verleihen. Die Ereignisse kamen vor allem dem lebhaften Interesse B.s am Zeitgeschehen entgegen. So gab er die Theologie auf, nahm am Prager Slawenkongreß teil und kämpfte dort während der Pfingstereignisse auf den Barrikaden, schloß sich darauf dem slowakischen Aufstand unter Zach und Hurban an und stieß noch im gleichen Jahr zu den Truppen des Ban Jelačić. Dieser ernannte B. zu seinem Privatsekretär. Als solcher arbeitete er unter Pseudonym an der revolutionären Presse mit und bewog Jelačić zur Unterzeichnung des von ihm anonym verfaßten Österreich- und kaiserfeindlichen Memorandums, das großes Aufsehen erregte. Schließlich schickte der Ban den wortgewandten B. im Dezember 1848 als seinen Agenten nach Paris. Dort propagierte dieser bis zum März 1849 nicht nur die politisch-militärischen Vorstellungen und Bemühungen seines Auftraggebers in einflußreichen Kreisen, sondern begegnete auch den radikalen österreichfeindlichen Elementen und den polnischen Emigranten, die eine Umwandlung der Monarchie in einen Bundesstaat forderten, kam mit Vertretern des utopischen Sozialismus in Berührung, betätigte sich als Mitarbeiter des „Journal des débats“ und der „Tribune des peuples“ und schrieb zur Veröffentlichung bestimmte Briefe an die „Narodne novine“ in Zagreb.
Im Anschluß an seinen Pariser Aufenthalt reiste B. über Deutschland nach Zagreb zurück, schrieb weiter für die Zeitungen, mußte dies jedoch unter dem Druck der absolutistischen Ära Bach bald aufgeben. Wie andere in seiner Lage wurde B. schriftstellerisch tätig, unternahm 1850 eine lange Reise durch halb Europa (Wien, Paris, Krakau, Berlin, Brüssel, Paris, London, Belgien, Schweiz, Italien) ohne irgendeinen Auftrag, wurde noch im gleichen Jahr Sekretär der Matica ilirska, 1851 stellte ihn Bischof Strossmayer in Djakovo als Gutsverwalter an, 1853 nahm B. das Jurastudium in Wien auf, schloß es 1857 mit dem Doktorat ab, ließ sich als Advokat in seiner Vaterstadt nieder und arbeitete unter anderem sehr energisch für die Befreiung Bosniens von der Türkenherrschaft.
Nach dem Erlaß des Oktoberdiploms 1860 wurde B. im Jahr darauf als Vertreter der Militärgrenze in den kroatischen Landtag gewählt.
Als Schriftsteller war B. sehr vielseitig. Besonders wichtig zur Analyse seiner Persönlichkeit wie seiner Ideen bleiben die Tagebücher 1844-1865 (leider noch nicht vollständig und schwer zugänglich veröffentlicht) sowie die Briefe aus den Jahren 1848/49. Sie dokumentieren vor allem, wie objektiv B. als einer der wenigen Kroaten seiner Zeit die sozialen Strömungen des Jahres 1848 zu beurteilen verstand. In dem Buch „Njemština i Slavjanstvo“ (1849), einer Frucht seiner romantischen Begeisterung für die Einheit der Slawen, wird der kroatischen Literatur die Orientierung nach der französischen, italienischen und englischen - nur nicht nach der deutschen empfohlen. Mit seiner „Grammatik der illyrischen Sprache“ (1854) setzte B. die Bemühungen seines Vaters um Sprachreinheit fort. Im gleichen Jahr ist als historische Arbeit „Die freiwillige Teilnahme der Serben und Kroaten an den vier letzten österreichischen und türkischen Kriegen“ entstanden. Als wissenschaftliches Buch bleiben schließlich noch die „Quellen für serbische Geschichte“ (1857) zu erwähnen.
Die eigentliche Bedeutung B.s für die kroatische Kulturgeschichte liegt jedoch auf journalistischem Gebiet. Seine zahlreichen Zeitungsartikel zeichnen sich durch präzise Erfassung der gegebenen Situation und einen prägnanten Stil aus. B. wird deshalb mit Recht als Pionier des kroatischen Journalismus bezeichnet.

Literatur

Brlić-Mažuranić, Ivana: Iz arhiva obitelji Brlić u Brodu na Savi. 4 Bde. Zagreb 1934/39.
Maixner, Rudolf: A. T. Brlić, émissaire du ban Jelačić en France. In: Ann. Inst. franç., Zagreb 3 (1939) 1-49.
Bogdanov, Vaso: Prilog upoznavanju uloge A. T. Brlića u revoljuciji 1848/49. In: Hist. Zborn. 2 (1949) 165-176.
Barac: Bd 2, 151-153.

Verfasser

Josef Hahn (GND: 1121331297)


GND: 143914073

Weiterführende Informationen: https://prometheus.lmu.de/gnd/143914073

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Empfohlene Zitierweise: Josef Hahn, Brlić, Andrija Torkvat, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1974, S. 259-260 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=618, abgerufen am: (Abrufdatum)

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