Halil, Patrona, osmanischer Aufrührer, † Istanbul 25.11.1730.
Leben
H. stammte aus Horpeşte (Hrupişta) in Albanien. Als Matrose (Levend) zettelte er eine Schiffsmeuterei an, und nur Protektion bewahrte ihn vor dem Tode. Vorübergehend suchte er bei Landsleuten Zuflucht und kam dann nach Niš, wo er in das Janitscharen-Korps eintrat und sich bis 1718 unauffällig verhielt. Dann erscheint er unter den Führern einer Janitscharen-Revolte in Vidin, wobei er sich bereits mit dem Plan einer Thronumwälzung trug. Als die Revolte scheiterte, floh er in die Heimat, tauchte aber später in Istanbul auf, wo er sich als Straßenhändler, Trödler und Marktschreier durchbrachte. Seinen Verdienst versoff er in Galata. Als er einen Kameraden tötete, fand er im Groß-Admiral Mustafa Pascha erneut einen Beschützer; sein alter Retter Abdi Pascha war derweil Wesir und Damad geworden.
Am 28. September 1730 begann H. zusammen mit Muslu Beşe und Emir Ali, zwei aufstandserfahrenen Abenteurern, planvoll einen Aufstand in der Hauptstadt durchzuführen. Weitverbreitete, doch verschieden motivierte Unzufriedenheit mit dem Kriegsverlauf, dem Luxus des Hofes, den drückenden Steuern und vielfältigen sozialen Mißständen gab einen günstigen Nährboden ab. Wesire und Ulema spannen Fäden im Hintergrund. Sofortige Gegenmaßnahmen erfolgten nicht. Ansätze von Entschlossenheit auf seiten des Sultans wurden mehrmals von Ulema neutralisiert. Die Führungslosigkeit des Staates nutzte H. mit Festigkeit und Zielstrebigkeit, indem er durch Einschüchterungen und die nun offenbaren Erfolgschancen seinen Anhang vergrößerte. Als die Istanbuler Janitscharen sowie einige Ulema gewonnen waren, begann der Kampf um die Macht. Zug um Zug setzten sich die Rebellen durch. Ahmed III. sah sich gezwungen, den Großwesir Nevşehirli Ibrahim Pascha (1718-1730) zu opfern und die wichtigsten Ämter nach den Wünschen der Rebellen zu besetzen. Den neuen Kapudan Abdi Pascha, seinen alten Beschützer, und den Schejch ül-Islam konnte H. auf seine Seite ziehen. Aus Furcht vor Rache und zur Sicherung des Erreichten bestanden nun aber vor allem die Ulema auf der Abdankung Ahmeds III. (1730).
Nach der Thronbesteigung Mahmuds I. (1730) war H. für einige Wochen der eigentliche Herrscher des Osmanischen Reiches. Ohne Ämter zu übernehmen, fühlte er sich in der Rolle des Freundes und Retters von Volk und Land und leitete daraus die Befugnis ab, sich in alle Staatsangelegenheiten einzumischen. Seinen Anhängern verschaffte er Einkünfte und Pfründen, dem Volk erleichterte er die Steuerlast; sein eigenes Verhalten wurde dann aber zunehmend dreister und maßloser. Gegen Geldgeschenke etwa vergab er Ämter an jeden, oft gegen die offizielle Verleihung, so die Woiwodschaften der Moldau und der Walachei. Seine Willkür lähmte den Staatsapparat, Widerstand begann sich zu formieren. Janitscharen und Ulema, die ihre Ziele erreicht hatten, und nun am ordentlichen Funktionieren des Staates interessiert waren, entzogen ihm ihre Unterstützung. Die ersten Gegenaktionen konnte H. noch durchkreuzen, als er dann aber höchste Ämter für sich und seine Leute forderte, um den Staat direkt in die Hand zu bekommen, vereinigten sich zwei Gruppen entschlossener Männer um den Obereunuchen Beşir Ağa und den Krimkhan Kaplan Giray zur Beseitigung H.s. Um sich zu retten, planten H. und seine Kumpane an der Spitze des Heeres gegen Rußland oder Persien zu ziehen. Daher wurde auch er zu einer Diwansitzung über die Kriegsfrage am 23. November und zu einer kleineren Ratssitzung am 25. November 1730 eingeladen, zu der er nur mit wenigen Begleitern erscheinen konnte; durch List voneinander getrennt, wurden die Aufrührer von den hervorbrechenden Männern der Gegenseite erschlagen.
Literatur
Aktepe, M. Münir: Patrona Ísyanı (1730). Istanbul 1958 (mit Bibliographie).
Baykal, Bekir Sıtkı (Hrsg.): Destârî Sâlih Tarihi. Patrona Halil Ayaklanması hakkında bir kaynak. Ankara 1962.
Dimitrov, Strašimir: Vŭstanieto na Patrona Chalil ot 1730 g. i otzvukŭt mu v Bŭlgarija. In: Izv. Inst. bŭlg. Ist. 12 (1963) 125-138.