Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Jovanović, Slobodan
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Jovanović, Slobodan

 Jovanović, Slobodan, serbischer Rechtswissenschaftler, Historiker, Schriftsteller und Politiker, * Neusatz (Novi Sad) 21.11.1869, † London 12.12.1958.

Leben

J. absolvierte das Jurastudium 1890 in Genf und war dann bis 1897 Sekretär im serbischen Außenministerium. 1897 wurde er Professor an der Belgrader Akademie, die 1905 den Status einer Universität erhielt, wo er bis 1941 den Lehrstuhl für öffentliches Recht innehatte. J. war zu seiner Zeit die maßgebende Autorität für serbisches öffentliches Recht und speziell für Verfassungsrecht. Er verfaßte mehrere juristische Lehrbücher und eine Vielzahl rechtswissenschaftlicher Abhandlungen, wie „Osnovi javnog prava Kraljevine Srbije“ (Grundlagen des öffentlichen Rechts des Königreichs Serbien, 2 Bände, 1907/09), „Ustavno pravo Kraljevine Srba, Hrvata i Slovenaca“ (Verfassungsrecht des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen, 1924), „Periodi srpske ustavne istorije“ (Phasen der serbischen Verfassungsgeschichte, 1929) u. a. Zumindest ebenso bedeutend wie als Jurist war J. als Historiker. Seine zahlreichen Monographien, in denen er jeweils die Regierungszeit der einzelnen serbischen Herrscher beschreibt, ergeben eine Gesamtdarstellung der politischen Geschichte Serbiens von 1838 bis 1903, die heute wohl schon in manchem veraltet, aber mangels einer besseren Darstellung immer noch unentbehrlich ist. Im Mittelpunkt seiner Geschichtsbetrachtung steht die historisch bedeutende Persönlichkeit, wie in „Ustavobranitelji i njihova vlada“ (Die Verfassungshüter und ihre Regierung, 1912), „Druga vlada Miloša i Mihaila“ (Die zweite Regierung Milošs und Michaels, 1923), „Vlada Milana Obrenoviča“ (Die Regierung Milan Obrenovics, 2 Bände, 1926/27) und „Vlada Aleksandra Obrenovica“ (Die Regierung Alexander Obrenovics, 2 Bände, 1929/31). Zu seinen wichtigsten historischen Arbeiten zählen auch eine Geschichte des serbisch-bulgarischen Kriegs von 1885 (Srpsko-bugarski rat, 1901) und eine Monographie über Svetozar Markovič (1903). Als hervorragender Stilist war J. auch literarisch und literaturwissenschaftlich tätig. Gemeinsam mit Bogdan Popovič gründete er 1920 die neue Serie der serbischen Literaturzeitschrift „Srpski književni glasnik“, die er mit Popovič bis 1922 leitete und die zur bedeutendsten serbischen Kulturzeitschrift wurde. Seine literaturkritischen Arbeiten und literarischen Essays sind von bleibendem Wert. Obwohl der liberale, aber keiner politischen Partei zugehörige J., der vom König und der Regierung in Verfassungsfragen oft konsultiert wurde, nach 1925 mehrmals als Minister für eine der überparteilichen Regierungen im Gespräch war, trat er erst 1939 aktiv in die Politik ein. Er war Mitbegründer und Vorsitzender des ausgesprochen großserbisch ausgerichteten „Serbischen Kulturklubs“ (Srpski kulturni klub). Als am 27. März 1941 die dem Dreimächtepakt beigetretene jugoslawische Regierung durch einen militärischen Staatsstreich gestürzt wurde, nahm J. den Posten eines stellvertretenden Ministerpräsidenten in der Regierung des Generals Dušan Simovic an und ging mit dieser Regierung am 15. April 1941, nach der Okkupation Jugoslawiens, ins Exil. Vom 12. Januar 1942 bis 28. Juni 1943 war er Ministerpräsident der Exilregierung in London, in der er auch den zum Kriegsminister ernannten Draža Mihailovič, den in der Heimat agierenden Anführer der Četnici (serbische Freischärler), vertrat. Wegen des konsequenten Eintretens bei den Alliierten für seinen der Kollaboration mit dem Feind beschuldigten Kriegsministers wurde J. 1946 in Abwesenheit von einem Kriegsgericht in Belgrad zu 20 Jahren Kerker verurteilt. Im Mai 1946 wurde er Präsident des antikommunistischen „Jugoslawischen Nationalkomitees“ in London. J.s Tätigkeit in der Emigration hat wohl das Ansehen seiner Person im heutigen Jugoslawien beeinträchtigt, nicht aber jenes seiner wissenschaftlichen Leistungen. Seine gesammelten Werke erschienen in 17 Bänden in Belgrad 1932/40.

Literatur

Marić, Mihailo: Kralj i vlada u emigraciji. Zagreb 1966.
Pavlović, Kosta St.: Razgovori sa Slobodanom Jovanovićem 1941-1945. Windsor/Kanada 1969.

Verfasser

Andreas Moritsch (GND: 123957184)


GND: 119298074

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Empfohlene Zitierweise: Andreas Moritsch, Jovanović, Slobodan, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 2. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1976, S. 307-308 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1065, abgerufen am: (Abrufdatum)

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