Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Szapolyai, János
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 von 1526

Szapolyai, János

Szapolyai (Zápolya), Johann (János), Woiwode von Siebenbürgen ab 1511, als Johann I. König von Ungarn 1526-1540, * Kirchdrauf (Szepesváralja, Komitat Zips; heute Spišské Podhradie, Slowakei) 1487, † Mühlbach (Szászsebes, Hermannstädter Stuhl, heute Sebeş, Rumänien) 22.07.1540, Sohn des Palatin István Sz. und der Herzogin Hedwig von Teschen.

Leben

Die Familie Sz.s stammte aus dem von den Türken zerstörten Dorf Zápolya in dem ehemals südungarischen Gebiet, das zum Komitat Pozsega gehörte. Als erste historisch faßbare Persönlichkeit erschien Benedek in der Zeit der Anjou. Sein Sohn Tamás (Thomas) war Bischof von Csanád und Erzbischof von Kalocsa und Gran (1367-1375). Dessen Bruder János wurde Regent von Halicz und Lodomerien sowie Landesrichter (1391). Der dritte der Geschwister, Dezső, war Hauptstallmeister der Königin Maria von Anjou. König Sigismund belehnte die Brüder mit dem Dorf Abaúj (1387); hierüber erhielten die drei Söhne des János, Lóránd, Péter und Lestár, eine neue Schenkungsurkunde. Lestár hatte die Söhne Imre und István. Letzterer war Palatin (nádor) des Königs Matthias I. Corvinus und verfügte über ein ungeheures Vermögen. Aus seiner Ehe mit der tschechischen Herzogin Hedwig ging sein Sohn Sz. hervor. Als der Jagiellone Wladislaw II., der von 1490 bis 1516 König von Ungarn war, seine Frau nicht aus dem Haus Habsburg wählte, sondern 1502 die Französin Anne de Foix, Gräfin von Candale, heiratete, schien es, als hätten die Jagiellonen die Bestrebungen der Habsburger, auf Ungarn Einfluß auszuüben, zurückgedrängt. Hierin unterstützte sie die Partei des Kleinadels, an deren Spitze Sz. stand.
Die Kontroverse zwischen den Parteien des niederen Adels und des Hochadels weitete sich nun zu einem Konflikt zwischen nationalen und ausländischen Interessen aus. Der niedere Adel erwartete von Johann Corvin die Wiederherstellung des nationalen Königtums; nach dessen Tod 1504 scharte er sich um Sz., der nach Beendigung des Reichstages auf dem Rákosfeld (1505) zum Thronprätendenten der nationalen Partei ernannt wurde. Wladislaw entsandte ihn 1511 als Woiwoden nach Siebenbürgen; König Sigismund von Polen heiratete 1512 seine Schwester Barbara (Borbála). Im Jahr 1514 schlug Sz. bei Temeschwar, in dessen Festung sich der Temescher Obergespan István Báthory geflüchtet hatte, die von György Dózsa angeführten aufständischen Bauerntruppen nieder. Dózsa und dessen Mitanführer ließ er qualvoll hinrichten, wodurch die Kräfte des Landes angesichts der drohenden Türkengefahr ebenso schicksalhaft geschwächt wurden, wie durch die Parteistreitigkeiten.
Nach dem Tode König Wladislaws II. 1516 verhinderte die Hofpartei unter István Báthory, daß Sz. neben dem noch minderjährigen Ludwig II. die Regierung übernahm; so wurde nach dem Tode des Palatins Imre Perényi (1519) nicht Sz., sondern Báthory neuer Palatin. Auch bei der Ernennung des Landeshauptmanns (főkapitány) im Jahre 1522 wurde Sz. übergangen.
Als Sultan Süleyman I. am 29. August 1526 bei Mohács zu einem entscheidenden Angriff gegen die Ungarn vorging, waren die Truppen Sz.s wegen der widersprüchlichen Befehle der Berater Ludwigs II. erst bis in die Gegend von Szegedin gelangt. Zu Unrecht wurde Sz. des Verrats angeklagt, eilte er doch selbst seinem Heer voraus dem Kampfplatz zu. Sein Bruder György bewies an der Seite des Hauptführers Pál Tomori seine Treue sogar durch den Tod. Zuvor hatte Sz. vergeblich den König ersucht, sich nach Ofen zurückziehen zu dürfen, um dort den Kampf aufzunehmen, wobei das Heer auf 80000 Mann hätte erweitert werden können.
Zur Zeit der Katastrophe von Mohács gehörte Sz. zu den reichsten Grundherren; ein Zwölftel der Leibeigenen des Landes war ihm - dem Woiwoden von Siebenbürgen und Palatin der Szekler - tributpflichtig. Als nach der Niederlage von Mohács das Land ohne Hilfe sich selbst überlassen blieb, sah die nationale Partei in Sz. ihren natürlichen Führer. Am 16. Oktober 1526 rief Bischof Várdai die Anhänger Sz.s in Tokaj zusammen, wo man sich auf seine Wahl zum König einigte. Dieser Beschluß wurde am 1. November auf dem Reichstag in Stuhlweißenburg (Székesfehérvár) verwirklicht; gekrönt mit der heiligen Krone wurde Sz. am 10. November 1526. Eine kleine Gruppe der Befürworter der freien Königswahl konnte sich damit nicht abfinden, denn als Grundbesitzer der westlichen Grenzgebiete des Landes hielt sie es für sicherer, sich der benachbarten Macht, Ferdinand, anzuvertrauen. So wählten sie auf einer Zusammenkunft in Preßburg am 17. Dezember 1526 Ferdinand zum ungarischen König (1526-1564). 1527 brach Ferdinand auf, um das Land zu besetzen; Sz. wurde zurückgedrängt. Er versuchte, sich den Thron auf diplomatischem Wege zu sichern. Seine Gesandten wurden in Venedig und von Papst Klemens VII. freundlich empfangen, hatte man dort doch nicht vergessen, daß Karl V., der Bruder Ferdinands, Rom zerstört hatte. Fontainebleau schloß mit dem französischen König Franz L, dem Herzog von Bayern und Philipp von Hessen ein Abkommen gegen Habsburg. Ein sichtbares Resultat ließ sich damit aber nicht erreichen. Noch im Sommer desselben Jahres wurde Ofen von den Heerführern Ferdinands, Nikolaus von Salm und Wilhelm von Roggendorf, besetzt; gegen das zehntausend Mann starke Heer konnte sich Sz. mit seinen zwei- bis dreitausend Soldaten kaum behaupten. Noch zweimal nahm Sz. erfolglos den Kampf mit Ferdinand auf, bis er sich aus dem Lande verdrängt nach Tarnów in Polen zurückzog, während Ferdinand sich am 3. November 1527 in Stuhlweißenburg krönen ließ.
Sz. verlegte sich erneut auf diplomatische Aktionen; er versuchte, den französischen Gesandten Antonio Rincon und den Polen Hieronymus Łaski mit dem Gedanken an ein türkisches Bündnis vertraut zu machen. Auch Venedig und der König von Frankreich hatten sich mit den Türken verbündet. Sz. erschien die Gefahr von seiten der Habsburger als drohender; darüber hinaus war ein Großteil seiner Ratgeber südslawischer Abstammung, wo man schon anderthalb Jahrhunderte lang gezwungen war, sich mit den Türken zu einigen. Um das Land zurückzugewinnen, schloß er mit Łaskis Vermittlung ein Bündnis mit dem Sultan. 1528 kehrte er mit der polnischen Truppe zurück, und am 19./20. Juli 1529 traf er in Mohács mit dem Sultan zusammen. Gemeinsam zogen sie gegen Ofen, das innerhalb kurzer Zeit von Ferdinand aufgegeben wurde. Von den Türken wurde Sz. ein großer Teil seines Besitzes zurückerstellt. 1530 versuchte Roggendorf erneut, Ofen zu belagern, jedoch erfolglos. Es zeigte sich ganz deutlich, daß jeder der beiden Könige der türkischen Macht hilflos gegenüber stand. Angesichts dieser Erkenntnis kam man überein, daß im Interesse der Einheit des Staates beim Tode einer der beiden Könige die Krone ungeteilt auf den anderen übergehen sollte. Nach zwölfjährigem pausenlosen Kampf war diese Übereinkunft die Basis des am 4. Februar 1538 geschlossenen Friedens von Wardein. Dieser Vertrag, der in erster Linie durch den Einfluß Martinuzzis, des intimsten Beraters von Sz. zustandegekommen war, ordnete das Verhältnis der beiden Könige aufgrund des status quo. Sowohl Sz. als auch Ferdinand sollten jeweils die Teile des Landes für sich behalten, die sich gerade in ihrem Besitz befanden. Sollte Sz. ohne männlichen Nachfolger sterben, wäre das Land verpflichtet, Ferdinand oder dessen Sohn zu wählen. Sollte Sz. einen Sohn bekommen, würde dieser den Titel eines Herzogs von Szepes erhalten, die familiären Besitztümer erben und zudem eine der Töchter Ferdinands zur Frau bekommen. Wenn sowohl Ferdinands als auch die männlichen Nachfolger Karls V. aussterben sollten, würde die Krone auf Sz. bzw. dessen Nachfolger übergehen. Als Grundbedingung für den Frieden mußten sich Ferdinand und Karl V. verpflichten, Sz. vor türkischen Vergeltungsmaßnahmen zu schützen. Der im Interesse der Einheit des Landes geschlossene Frieden führte aber nicht zu dem gewünschten Erfolg, im Gegenteil, er bildete die Grundlage für die Entstehung eines eigenständigen Staates Siebenbürgen. Sz. entging knapp der Rache des Sultans und mußte einsehen, daß Habsburg nicht fähig war, weder ihn noch das Land vor den Türken zu verteidigen. Zudem heiratete er die aus zweiter Ehe seines einstigen Schwagers, König Sigismund von Polen, geborene Tochter Isabella. Gerade nachdem der Aufstand des Woiwoden István Majláth niedergeschlagen worden war, erreichte Siebenbürgen die Nachricht, daß in Ofen am 7. Juli 1540 Sz.s Sohn zur Welt gekommen war. Bereits schwerkrank löste Sz. den Frieden von Wardein und sprach das Land seiner Gattin und seinem Sohn Johann Sigismund zu. Zwei Wochen darauf starb er, noch bevor er seinen Sohn hatte sehen können.
Sz. war kein übermäßig tatkräftiger Herrscher, doch muß man ihm das Verdienst zusprechen, sich mit großer Ausdauer für den Schutz der nationalen Unabhängigkeit eingesetzt zu haben; angesichts der verschiedenen durch die Reformation ausgelösten Bewegungen erwies er sich als für seine Zeit ungewöhnlich tolerant.

Literatur

Acsády, Ignác: Magyarország három részre oszlásának története. In: A magyar nemzet története. Hrsg. Sándor Szilágyi. Bd 5. Budapest 1897.
Hóman és Szekfű: Bd 3.

Verfasser

István Torjai-Szabó (GND: 107595893)

GND: 118712330

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd118712330.html


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Empfohlene Zitierweise: István Torjai-Szabó, Szapolyai, János, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. Hgg. Mathias Bernath / Karl Nehring. München 1981, S. 249-251 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1731, abgerufen am: (Abrufdatum)

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